Frage an Otto Fricke von Christoph K. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Fricke,
die FDP ist gegen einen staatlich festgesetzten Mindestlohn. Gleichzeitig werden Geringverdiener bezuschusst (Aufstocker) mit dem vermutlichen Ziel, dass auch geringwertige Arbeiten durchgeführt werden.
Meine Frage: Wieso ist es meine Aufgabe als Steuerzahler, Arbeitgeber bei ihrer Gehaltszahlung zu bezuschussen?
Entweder eine Arbeit lohnt sich und ist notwendig, dann wird sie ein Arbeitgeber bzw. die Kunden auch bezahlen. Reicht das erwirtschaftete nicht zum Leben aus, verliert dieser Arbeitsplatz für mich seinen Sinn, dann sollte sich der Arbeitnehmer lieber eine neue Stelle suchen!
Wie schätzen Sie in diesem Bereich die gefahr von Mitnahmeeffekten ein, indem Arbeitgeber ihre Mitarbeiter gering bezahlen, weil sie ja wissen, dass die anderen Steuerzahler ja einen Teil seines Lohnes bezahlen?
Wer die Arbeitskraft eines Menschen vollzeit in Anspruch nimmt, muss ihn dafür ausreichend bezahlen. Kann oder will er das nicht, sollte die Gesellschaft dafür nicht aufkommen.
Dies ist für mich eine liberale Haltung, wie stehen Sie dazu? Wäre dies ein Argument für einen Mindestlohn, der bei dem Betrag liegt, zu dem die Geringverdiener heute aufgestockt wern?
Ich danke Ihnen für eine präzise Antwort im Voraus!
Christoph Kaßdorf
Sehr geehrter Herr Kaßdorf,
in der Tat sprechen Sie ein sehr problematisches Politikfeld an, bei dem liberale Ordnungspolitik und staatliche Subventionspolitik zu verschwimmen scheinen. Dem Modell der Aufstocker liegt jedoch eine sehr einfache Abwägung zugrunde. Aus Sicht des Staates ist es besser, wenn ein Arbeitsplatz (wenn auch staatlich gefördert) bestehen bleibt, als wenn dieser gänzlich wegfällt und das System einen Arbeitslosen mehr auffangen muss. Aufgrund der sozialen Standards, die wir zu Recht in Deutschland haben, würde auch der Arbeitslose auf Transferleistungen des Steuerzahlers angewiesen sein.
Dass andersrum die Subvention von Arbeitsplätzen keine langfristige Lösung sein kann, liegt jedoch auf der Hand. So ist mit dem staatlich geförderten Erhalt des Arbeitsplatzes immer auch die Hoffnung verbunden, dass der Arbeitgeber bei besserer Lage und der Erkenntnis, dass er langfristig auf die Arbeitskraft des Arbeitnehmers angewiesen ist, diesen in ein vollwertiges Arbeitsverhältnis überführen wird. Aufgrund bestimmter Mitnahmeeffekte, die auch ich sehe, ist diese Lösung jedoch eben nicht langfristig.
Aus liberaler Sicht wäre eine bessere Lösung daher in einem sog. Bürgergeld zu finden, bei dem eine stufenlose Anpassung staatlicher Unterstützung konkrete Anreize zu einer Erhöhung des „echten Lohnanteils“ schafft. Als FDP sind wir überzeugt davon, dass im Bereich des Arbeitsmarktes nur über Leistungsanreize dauerhaft positive Effekte erzielt werden können.
Ein Mindestlohn wäre nur dann eine Lösung, wenn der Arbeitsplatz sich auch unter dieser Bedingung für den Arbeitgeber lohnt. Das Dilemma besteht in der Frage, wie ich einen Arbeitsplatz erhalte, auch wenn dessen Produktivität niedrig ist, ich aber in einer „sozialen“ Marktwirtschaft will, dass auch wenig qualifizierte Arbeitnehmer einen Job haben.
In der Hoffnung, Ihnen die Schwierigkeit dieser Situation „präzise“ genug näher gebracht zu haben, verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Otto Fricke, MdB