Frage an Otto Bertermann von Janina L. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr. Bertermann!
Da Sie mich (Bürgerin im Wahlkreis Oberbayern) im Bayerischen Landtag als Abgeordneter vertreten, würden mich die Hintergründe zu Ihrer ablehnenden Position in Bezug auf eine mögliche "Errichtung einer Pflegekammer in Bayern" interessieren. Welche Gründe gibt es für Ihre Haltung zu diesem Thema?
Vielen Dank für die Beantwortung meiner Frage.
Herzliche Grüße,
Janina Lang
Sehr geehrte Frau Lang,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 9.11.2012.
Die FDP-Fraktion im Bayerischen Landtag fordert seit langem eine Aufwertung des Pflegeberufes in unserer Gesellschaft. Bis jetzt hat jedoch kein Bundesland eine Pflegekammer etabliert und dafür gibt es gute Gründe für die auch die FDP-Fraktion hier in Bayern einsteht.
Bei der Einrichtung einer Pflegekammer wird nur eine neue bürokratische Institution geschaffen, die die Pflegerinnen und Pfleger zur Zwangsmitgliedschaft und Beiträgen verpflichtet. Typische Kammeraufgaben wie die Formulierung einer Berufsordnung, die Tätigkeit als Schiedsstelle sowie die Förderung und Anerkennung in der Fort- und Weiterbildung lösen nicht die essentiellen Probleme in der Pflege bzw. werden heute schon von verschiedenen Berufsverbänden und Verdi übernommen. Die zentralen Probleme der Pflege sind die Finanzierung der Ausbildung (insbesondere in der Altenpflege), die Etablierung flexiblerer Arbeitszeiten, eine Verbesserte Honorierung der Pflegetätigkeit (die angedachte Kammer hätte kein Verhandlungsmandat in Tariffragen) und ein verbesserter Personalschlüssel in Einrichtungen (v.a. bei den Nachtschichten). Hierauf kann nur ein ganzheitliches Konzept eine Antwort geben. Die Schaffung eine Pflegekammer kann jedoch keines dieser Probleme lösen.
Desweiteren öffnet die Einführung einer Kammer im Bereich der Pflegeberufe „Tür und Tor“ für weitere Kammern. Wir sind der Meinung, dass den Pflegekräften vor allem mehr Personal und weniger Bürokratie helfen würden, und dafür versuchen wir uns stark einzusetzen. Diese Einstellung vertritt übrigens auch eine Reihe von Experten, die zur Landtagsanhörung am 18.10.2012 zur Errichtung einer Pflegekammer in Bayern Stellung genommen haben.
Insgesamt handelt es sich bei der Pflegekammer um ein komplett veraltetes System und ein untauglicher Versuch zur Entlastung der Pflege. Notwendig sind andere Maßnahmen wie z.B. Weiterbildungsmaßnahmen für Pflegekräfte, eine bessere Bezahlung und Ausbildung von angehenden Pflegerinnen und Pflegern, sowie ein regelmäßiges Fachkräftemonitoring. All diese können nachhaltig die Qualität der Pflege sichern und für eine größere Anerkennung des Pflegeberufes in der Gesellschaft sorgen, die dringend notwendig ist.
Wir schätzen Ihr Engagement und die Bedeutung Ihrer Arbeit für die kranken und pflegebedürftigen Menschen in unserer Gesellschaft. Sie geben der Pflege in Bayern ein Gesicht – herzlichen Dank!
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Otto Bertermann