Ottmar von Holtz, Bundestagsabgeordneter
Ottmar von Holtz
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
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Frage von Johanna S. •

Warum setzt sich Ihre Partei (Die Grünen) kaum für den Schutz des Wolfes ein. Gerade in den neuen Bundesländern fordern und unterstützen "Grüne" Umweltminister oftmals ungerechtfertigte Abschüsse.

Sehr geehrter Herr von Holtz,
wir sind Stammwähler Ihrer Partei, jedoch sehr enttäuscht darüber, dass nicht nur "Grüne" Landesumweltminister, sondern sich sogar die Bundesunweltministerin Steffi Lembke in allen Medien für den Abschuss bzw. Regulierung der Wölfe posaunt. Wölfe sind ein wichtiger Teil unseres Ökosystems Fauna und mit den permanenten Tötungen dieser so wichtigen Wildtiere werden diese erneut ausgerottet und eine Artenvielfalt verhindert. Das hat Ihre Partei viele Wählerstimmen gekostet und auch wir hadern mit unserer Stimme Ihrer Partei gegenüber.
Besten Dank für die Zeit, die Sie sich genommen haben, um mein Anliegen zu lesen und
freundliche Grüße
Johanna S.

Ottmar von Holtz, Bundestagsabgeordneter
Antwort von
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sehr geehrte Frau S.,

vielen Dank für Ihre Frage.

Uns Grünen ist die wichtige ökologische Rolle von Wölfen bewusst, ihre Rückkehr nach Deutschland ist ein Erfolg für den Artenschutz.

Eine reguläre Bejagung zur Bestandsreduktion oder gar wolfsfreie Zonen lehnen wir ab, weil sie keine Sicherheit für die Weidetiere bringen. Unser Ziel ist es, eine langfristig tragfähige Koexistenz von Mensch und Wolf zu erreichen. Herdenschutz bleibt dabei der zentrale Ansatz, der künftig noch stärker gefördert und durch mehr Beratung unterstützt werden muss, auch in Regionen ohne Rudel. Hier müssen bürokratieärmere Wege gefunden werden, um den Aufwand für die Halter:innen  zu senken. Zudem müssen die Leistungen der betrieblichen Weidetierhaltung für die Biodiversität und Landschaftspflege besser und attraktiv über eine Neuausrichtung der Agrarförderung honoriert werden.

Fakt ist aber auch, dass durch wenige auffällige „Problemwölfe“, die trotz geeigneter Herdenschutzmaßnahmen mehrfach Weidetiere reißen, die Akzeptanz des Wolfes auch unter denjenigen Schaden nimmt, die angemessenen Herdenschutz betreiben. Mehr und mehr setzt sich bei Betroffenen ein gefühlter Kontrollverlust fest, der Forderungen nach einer Bestandssenkung bei Wölfen Auftrieb gibt, auch wenn dies nicht mehr Sicherheit für Weidetiere bringen würde. Eine schnelle und möglichst unbürokratische Entnahme der wenigen auffälligen Wölfe, welche dieses Verhalten an Nachkommen weitergeben können, ist daher wichtig und auch im langfristigen Interesse des Wolfsschutzes insgesamt. Für die Wolfspopulation stellen diese wenigen Entnahmen keine Gefahr dar, eine Ausrottung ist in Deutschland dadurch nicht zu befürchten.

Leider hat sich das neue Genehmigungsverfahren zur schnellen Entnahme solcher auffälligen Wölfe bislang als nur schwer in der Praxis umsetzbar erwiesen, da entsprechende Genehmigungen etwa in Niedersachsen vor Gericht gekippt wurden. Hauptgrund dafür sind als Folge des Schutzstatus „streng geschützt“ die hohen Genehmigungsvoraussetzungen, wodurch Entnahmen von jedem einzelnen Tier immer neu und umfassend geprüft beziehungsweise begründet werden müssen. Das ist sehr zeitaufwändig für die zuständigen Behörden und erschwert das schnelle unbürokratische Handeln, welches die Weidetierhaltenden zu Recht einfordern, wenn sie von Rissen durch einen „Problemwolf“ betroffen sind. Ein niedrigerer Schutzstatus mit einfacher zu erfüllenden Begründungsanforderungen für Entnahmen eröffnet hier bessere Möglichkeiten, auf solche Fälle schnell und rechtssicher zu reagieren. Das kann viel emotionalen Druck auf Seiten der Weidetierhaltenden aus der Debatte nehmen und breite gesellschaftliche Akzeptanz für die große Mehrheit der Wölfe erhalten, die ja unauffällig sind.

Ein niedrigerer Schutzstatus, wie er jetzt im Rahmen der Berner Artenschutzkonvention für den Wolf beschlossen wurde, ist aber keinesfalls ein Freifahrtschein für ungeregelte Bejagung, da hier europäisches und nationales Natur- und Tierschutzrecht weiterhin Geltung haben. Der Wolf ist und bleibt auch nach einer Schutzstatusabsenkung eine geschützte Art. Das Ziel eines guten Erhaltungszustands bleibt verbindlich und darf nicht gefährdet werden; der Schutz der Population bleibt erhalten!

Damit wird es in Regionen ohne stabile und ausreichend große Population wie etwa in NRW oder Süddeutschland auf absehbare Zeit weiterhin nur sehr wenige Entnahmen, beschränkt auf echte „Problemwölfe“ geben können, weil alles darüber hinaus rechtswidrig wäre.

Der Wolfsschutz wird also weiter Bestand haben, gleichzeitig wird schnelles Handeln beim Umgang mit auffälligen Tieren einfacher. Und diese Akzeptanz ist wichtig, um eine Koexistenz zwischen Wolf und Mensch dauerhaft zu sichern.

Mit freundlichen Grüßen,

Ottmar von Holtz

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