Frage an Ottmar von Holtz von Georg K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr von Holtz,
zum Weltbevölkerungstag haben Sie am 10.07.21 eine Pressemitteilung der Grünen verfasst:
https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressemitteilungen/weltbevoelkerungstag-mahnt-zu-gerechtigkeit
Sie erklären darin, dass eine gerechtere Verteilung der Ressourcen auf dem Planeten sowie Bildung, Geschlechtergleichstellung und Familienplanung (insbesondere in Entwicklungsländern) wichtige Aufgaben und Ziele der Entwicklungspolitik darstellen sollten. Darin stimme ich Ihnen zu.
Es überrascht mich aber sehr, dass Sie das Problem der Überbevölkerung verharmlosen, indem Sie sagen, dass die bloße Anzahl der Menschen auf dem Planeten ein geringes Problem sei und das aktuelle, niedrigere Bevölkerungswachstum als vor 30 Jahren positiv zu werten sei. Diese Einstellung finde ich falsch. Denn die Anzahl der Menschen auf dem Planeten ist mit derzeit knapp 8 Mrd. deutlich zu hoch und wächst immer noch um 83 Millionen pro Jahr (entspricht der gesamten Bevölkerung der BRD).
Wir verbrauchen derzeit 160 % der global nachwachsenden Ressourcen, mit deutlich steigender Tendenz. Dieser Verbrauch ist global leider sehr ungleich verteilt. Aber das Problem lässt sich nicht lösen indem wir hierzulande für weniger Konsum werben (realistisch?) und in den Entwicklungsländern für mehr Bildung, Chancengleichheit und wirtschaftliche Entwicklung (also mehr Wohlstand und Konsum wie bei uns auch), damit die Bevölkerungszahlen in 50 Jahren vielleicht wieder langsam abnehmen oder stagnieren und dann ca. 10 Mrd. Menschen auf einer komplett geplünderten und verseuchten Erde ihr Dasein fristen.
Die Überbevölkerung ist DAS Grundproblem für die meisten globalen Probleme wie Klimawandel, Massenartensterben, Umweltverschmutzung, Ressourcenknappheit, Flächenverbrauch, etc.
Hat Ihre Partei konkrete politische Maßnahmen oder Forderungen vorgesehen, um dieses Grundproblem zu behandeln? Wenn ja, welche?
Danke und freundliche Grüße
Georg Kokai
Sehr geehrter Herr K.,
vielen Dank für Ihre Frage. Sie haben recht damit, dass wir in Deutschland (und in den anderen Industrienationen) über unsere Verhältnisse leben und zu viele Ressourcen unseres Planeten verbrauchen. Neben unserem übermäßigen Flächenverbrauch, der Vermüllung und Überfischung unserer Weltmeere ist unser übergroßer ökologischer Fußabdruck beim CO2-Ausstoß ein gravierendes Problem. Um hier gegenzusteuern, müssen wir es schaffen, unser Wirtschaften vom Ressourcenverbrauch zu entkoppeln. Wichtige Schritte dafür sind ein Ausstieg aus der Verbrennung fossiler Stoffe und der Ausbau der erneuerbaren Energien. Die Schaffung möglichst geschlossener Stoffkreisläufe ein weiterer. Hier müssen wir als technisch hoch entwickelte Gesellschaften vorangehen. Zum Thema Nachhaltigkeit und unseren grünen Vorschlägen finden Sie weitere Informationen auf der Webseite meiner Fraktion unter: https://www.gruene-bundestag.de/themen/wirtschaft/der-wohlstand-von-morgen-ist-mehr-als-nur-wachstum
Nicht zustimmen kann ich Ihnen in Ihrer Perspektive auf die Zahl der Menschen auf der Erde und Ihren damit zusammenhängenden Vorwurf, dass ich "das Problem der Überbevölkerung verharmlosen" würde. Seit der Weltbevölkerungskonferenz der UN in Kairo im Jahr 1994 sind sich auf globaler Ebene Expertinnen und Experten einig, dass der Schlüssel zu einer nachhaltigen Entwicklung der Weltbevölkerung in der freien Entscheidung der Frauen über den eigenen Körper und die gewünschte Kinderzahl liegt. Der Begriff der "Überbevölkerung" sowie die letztlich gescheiterten und menschenrechtsverletzenden Konzepte zu ihrer Eindämmung, die in den Jahrzehnten davor zum Teil unter Zwang und Gewalt durchgesetzt wurden (etwa die Ein-Kind-Politik in China), wichen zum Glück der Erkenntnis, dass es auf Bildung, Aufklärung, Zugang zu Verhütungsmitteln, aber auch auf den Zugang zum Arbeitsmarkt für Frauen ankommt.
Ich hoffe, dass ich Ihnen meine Position verdeutlichen konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen,
Ottmar von Holtz