Frage an Ottmar von Holtz von Johann F. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr von Holtz,
immer mehr Menschen fliehen aus Afrika nach Europa und riskieren ihr Leben aus nackter Armut. Einer der Gründe für diese Armut sind nachteilige Freihandelsabkommen mit afrikanischen Ländern, die europäischen Unternehmen große Gewinne bringen. Unterstützen Sie eine Politik, die den Ländern in Afrika hilft, auch wenn dies heisst, sich mit europäischen Konzernen anzulegen?
Würden Sie dafür Anträge im Bundestag unterstützen oder selbst einbringen?
Mit freundlichen Grüßen
J. F.
Sehr geehrter Herr Fischer,
vielen Dank für Ihre Frage zum Handel mit afrikanischen Ländern.
Ich teile Ihre Einschätzung, dass unfairer Handel und nachteilige Freihandelsabkommen eine der Ursachen dafür sind, dass am Ende viele Menschen ihre Heimatländer verlassen. Vieler dieser Abkommen lassen Entwicklungsländern nicht genügend Spielraum, um heimische Industrien aufzubauen und Wertschöpfung vor Ort zu schaffen.
Ein wichtiger Bestandteil der sog. Economic Partnership Agreements (EPAs) der Europäischen Union (EU) mit Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik ist eine weitgehende wirtschaftliche Liberalisierung. Den Staaten, mit denen die EU diese Verträge schließt, stehen wichtige handelspolitische Instrumente - wie z.B. die Erhebung von Außenzöllen zum Schutz heimischer Sektoren - nicht mehr zur Verfügung. Zudem erschweren sie den Aufbau eigener Wertschöpfungsketten: Rohstoffe, wie zum Beispiel Kaffeebohnen, werden nach ihrem Abbau oft zur Weiterverarbeitung nach Europa exportiert, anstatt sie auch vor Ort zu rösten und dadurch Wertschöpfung und Arbeitsplätze zu schaffen. In der Konsequenz werden Kleinproduzentinnen und -produzenten im Agrar- und Industriebereich der übermächtigen Konkurrenz europäischer Konzerne ausgesetzt.
Nicht ohne Grund stoßen diese Abkommen in vielen Ländern des globalen Südens zum Teil auf großen Widerstand. Dass die EU in der Folge Druck auf die Länder ausgeübt hat, die Abkommen zu unterzeichnen, und mit dem Entzug europäischer Entwicklungshilfe oder mit Strafzöllen droht, belegt aus unserer Sicht den stärkeren Mehrwert auf europäischer Seite und die ungleichen Positionen in den Verhandlungen.
Diese Politik unterstütze ich ausdrücklich nicht. Vielmehr setzen wir als Grüne uns für einen fairen Handel zwischen den Ländern der EU und ihren Partnerländern ein. Als Abgeordneter mache ich mich dafür stark, dass das Wohl der Menschen über den meist kurzfristigen Interessen internationaler Konzerne steht. Das bedeutet auch, dass wir als Grüne Bundestagsfraktion Klageprivilegien für diese Konzerne ablehnen. Zudem setzen wir uns gegen die Privatisierung öffentlicher Daseinsvorsorge und der Absenkung von Umwelt- und Sozialstandards ein.
Im April 2018 habe ich daher gemeinsam mit den anderen Abgeordneten der Grünen-Bundestagsfraktion einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht, um die Bundesregierung aufzufordern, ungerechtem Handel mit afrikanischen, pazifischen und karibischen Ländern nicht zuzustimmen und sich für fairere Handelsbedingungen einzusetzen. Den Antrag finden Sie unter Angabe der Drucksachen-Nummer 19/1855 im Internet.
Weitere Anträge der Grünen-Fraktion zu diesem Thema:
- 18/6201: Dem CETA-Abkommen so nicht zustimmen
- 18/6197: Starke Schutzstandards: Ziel statt Zielscheibe moderner Handelspolitik
- 18/1458: Für fairen Handel ohne Klageprivilegien für Konzerne
- 18/1457: Für ein starkes Primat der Politik - Für fairen Handel und Demokratie
Als Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung werde ich das Thema immer wieder im Bundestag ansprechen, um zu verhindern, dass unfairer Handel nicht dazu beiträgt, dass Menschen ihre Heimat verlassen.
Weitere Infos zu den Positionen der Grünen zu fairem Handel finden Sie auch in unserem Fraktionsbeschluss unter: https://www.gruene-bundestag.de/files/beschluesse/160426-beschluss-fairer-handel.pdf
Mit freundlichen Grüßen
Ottmar von Holtz MdB