Sehr geehrter Herr Nouripour, warum unterstützen die Grünen plötzlich die Lieferung von Waffen(-teilen) nach Saudi-Arabien?
Aie Ampel hat beschlossen, Saudi-Arabien mit Waffen (-teilen) zu versorgen. Vor einigen Jahren haben Sie die letzte Bundesregierung genau hierfür öffentlich angeprangert. Jetzt erfolgt die Bewaffnung Saudi-Arabiens mit Zustimmung der Grünen. Woher dieser Sinneswandel?
Lieber Herr R.,
es gibt keine direkten Waffenlieferungen von Deutschland nach Saudi-Arabien - gerade auch angesichts der verheerende Menschenrechtslage vor Ort und in der Region. Nach Jahren des Krieges setzt sich Saudi-Arabien im Jemen mittlerweile zum Glück für den Waffenstillstand ein – dennoch ist dieser furchtbare Konflikt noch nicht zu Ende. Deshalb bleibt es beim Rüstungsexportstopp. Dazu haben Bündnis 90 / Die Grünen auch einen klaren Parteitagsbeschluss auf der Bundesdelegiertenkonferenz Mitte Oktober gefasst. Zugleich bedeutet wertegeleitete Außenpolitik, sich der dramatischen Weltlage zu stellen, sich nicht vor schwierigen Debatten in die Büsche zu schlagen. Und manche Entscheidungen sind haarsträubend schwierig. Dazu gehört, dass Deutschland Teil von langjährigen Gemeinschaftsprojekten im Verteidigungsbereich mit unseren engsten europäischen Partnern ist. Diese Projekte können wir gerade jetzt nicht blockieren. In der schwersten Sicherheitskrise Europas seit Jahrzehnten ist Verlässlichkeit gegenüber unseren Verbündeten in EU und NATO noch wichtiger geworden. Daher entscheiden wir in jedem Fall sehr kritisch und gewissenhaft über Ablehnung oder Genehmigung. Nur die genehmigten Lieferungen werden an den Bundestag berichtet, und die wenigen Fälle machen deutlich, dass die Menschenrechtslage und der Aspekt, dass Lieferungen nicht zur inneren Repression genutzt werden können, die zentrale Rolle in unserer Außen- aber auch in unserer Wirtschaftspolitik spielt. Zum Umgang mit diesen Dilemmata nach der Zeitenwende führen wir seit Februar eine intensive gesellschaftliche Debatte, und wir werden diese Prinzipien an einem Rüstungsexportkontrollgesetz in klare, strenge Kriterien gießen.
Freundliche Grüße
Omid Nouripour