Frage an Omid Nouripour von Tim K. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Nouripour,
Sie zitieren in SPON afghanische Parlamentarier u.a.: "Sie weisen zwar immer wieder darauf hin, dass Sie das Isaf-Engagement nicht in Frage stellen und es Ihnen um OEF und die "Tornado"-Einsätze geht. Sie verkennen aber, welche Signalwirkung das in unserem instabilen Land hat. Die Menschen differenzieren nicht zwischen deutschen "Tornados" oder dem Isaf-Einsatz. Das, was ausschließlich ankommt ist, dass die Deutschen den Abzug vorbereiten." ( http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,509615,00.html )
und geben dies als Grund an, warum Sie für den Tornadoeinsatz stimmen werden. Bei allem Respekt: ist das nicht ein bisschen dünn? Es gibt auch genau gegenteilige Stimmen aus dem Land, z.B. "Der Missmut [über die zivili-militärische Kooperation] bei den Afghanen wächst täglich" ( http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Afghanistan/hilfe2.html ).
Wenn es um eine angebliche "Signalwirkung" geht, könnte man die Bevölkerung nicht vielleicht einfach besser aufklären darüber, dass sich Deutschland (die Mehrheit der Bevölkerung!) eben nicht zurückziehen will, sondern ganz im Gegenteil den wirklichen zivilen Aufbau unter Einbeziehung der afghnaischen Bevölkerung(!) aufstocken möchte? Die Bundesregierung gibt doch sonst allerlei Millionen für allerlei Schmand ("Imagewerbung") aus. Wäre es nicht eine Signalwirkung, zu zeigen: Wir drehen das Verhältnis Militärausgaben zu Zivilausgaben (derzeit wohl etwa 5:1) um? Können tote Zivilisten, die die Tornadoeinsätze indirekt zwangsläufig mitsichbringen, gegen eine fragwürdige "Signalwirkung" aufgewogen werden? Ihr Kollege Herr Wieland, Berlin-Mitte, sagt sinngemäß, dass Kollateralschäden leider nicht zu verhindern seien ( http://www.abgeordnetenwatch.de/wolfgang_wieland-650-5618--f73876.html#frage73876 , Antwort vom 04.10.2007 ); und ebenso wie Sie sagt er dort, dass die Bundesregierung vorhandene Infos über die
Tornadoeinsätze zurückhält. Warum verlangen Sie keine Aufklärung von der Bundesregierung? Vielen Dank.
Lieber Tim Karsten,
vielen Dank für Ihre Fragen auf Abgeordnetenwatch.de. Wir haben anscheinend den gleichen Ansatz bei der Debatte um Afghanistan. Es geht uns um die Menschen vor Ort. Wir möchten einen sicheren und eigenständigen afghanischen Staat, der demokratisch und rechtsstaatlich Funktioniert. Wir haben nur unterschiedliche Ansätze bei der Realisierung.
Ich bin weiterhin der Meinung, dass ziviler Aufbau nur in einem Klima der relativen Sicherheit möglich ist. Dies zeigte mir sehr Eindrucksvoll ein Schreiben einer Gruppe aus afghanischen Parlamentariern, Vertreter der unabhängigen Menschenrechtsorganisationen, Frauenrechtsaktivistinnen, Vertretern von Nichtregierungsorganisationen und der Privatwirtschaft. Dort heißt es u.a.:
Eine Ablehnung des Wunsches des afghanischen Volkes neben humanitärer Unterstützung auch nach deutscher militärischer Unterstützung, wäre ein Rückschlag für die junge Demokratie in Afghanistan und ein Erfolg für die Terroristen. Sie weisen zwar immer wieder darauf hin, dass Sie das ISAF-Engagement nicht in Frage stellen und es Ihnen um OEF und die Tornado-Einsätze geht. Sie verkennen aber, welche Signalwirkung das in unserem instabilen Land hat. Die Menschen differenzieren nicht zwischen deutschen Tornados oder dem ISAF-Einsatz.
Diesen Brief aus einer breiten Schicht der afghanischen Zivilgesellschaft musste ich mit meiner Entscheidung im Bundestag Rechnung tragen.
Im Übrigen: Ich habe zu der Afghanistanabstimmung eine persönliche Erklärung mit Kolleginnen und Kollegen aus der Fraktion abgegeben. Ich habe die persönliche Erklärung unter http://www.nouripour.de/fileadmin/pdfs/international/071012_Erkl_ISAF_WWW.pdf für Sie bereitgestellt. Dort fordere ich ein sofortiges Ende der Operation Enduring Freedom sowie eine Verdoppelung der Mittel für den Zivilen Aufbau.
Hier sind wir wieder inhaltlich nah beieinander.
Bitte lesen Sie auch den Entschließungsantrag der Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, welchen ich auch unterstützt und unterzeichnet habe unter http://www.gruene-bundestag.de/cms/internationales/dokbin/201/201292.pdf . Dort haben wir die Frage zu OEF, zivilen Aufbaumitteln aber auch Menschenrechten noch einmal ausführlich angesprochen.
Mit besten Empfehlungen
Omid Nouripour