Frage an Oliver Wittke von Gerhard Z. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Wittke,
seit dem Tod von George Floyd in den USA ist das Thema Rassismus wieder einmal in aller Munde. Man muss sich nichts vormachen, Rassismus ist auch bei uns allgegenwärtig. In meinen Augen ist es schlimmer institutioneller Rassismus wenn Menschen, wie in der Fleischindustrie, Landwirtschaft ausgebeutet werden mit schlechter Unterkunft, mieser Bezahlung, unbezahlten Überstunden etc.
Die Minister Altmeier, und Heil haben versprochen sich der Sache anzunehmen und wollen, nach Jahrzehnten des Wegschauens, endlich für Abhilfe zu sorgen.
Ich vermisse aber total die Unterstützung und den Druck der Bundestagsabgeordneten auf die Minister damit Sie ihren Worten auch echte Taten folgen lassen.
Insbesondere von Abgeordneten aus GE erwarte ich das Sie sich zu Wort melden und sich bei diesem brisanten Thema mit konkreten Lösungsvorschlägen einbringen, denn Gelsenkirchen ist nun einmal kunterbunt und in ihrem Parteinamen steht immer noch das C, wie Christlich, am Anfang.
Meine Frage ist deshalb folgende: Was werden Sie, bzw. was haben Sie bisher konkret für Lösungsvorschläge eingebracht um den Rassismus wirkungsvoll zu bekämpfen?
Sehr geehrter Herr Zelle,
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 8. Juni 2020, in welcher Sie sich vordergründig zur Situation in der Fleischindustrie äußern.
Schon 2017 wurde auf Initiative von CDU und CSU das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft (GSA Fleisch) beschlossen. Damit wurde die Haftung für Sozialversicherungsbeiträge in der Fleischwirtschaft und ein Aufrechnungsverbot eingeführt. Die Aufzeichnungspflichten und Grenzen der Verrechnung von Arbeitsmitteln, Schutzkleidung und persönliche Schutzausrüstung wurden deutlich verschärft. Das GSA Fleisch ist und bleibt ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Leider müssen wir auch durch die Entwicklungen der Corona-Pandemie feststellen, dass die gesetzlichen Vorgaben nicht in allen Betrieben durchgehend eingehalten werden.
Daraufhin hat die Regierungskoalition ein Eckpunktepapier „Arbeitsschutzprogramm für die Fleischindustrie“ beschlossen, dass in den nächsten Wochen und Monaten gesetzgeberisch umgesetzt werden soll.
Im Detail sind folgende zehn Maßnahmen vorgesehen:
1. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird das Arbeitsschutzgesetz novellieren. In Risikobranchen wird es häufigere Kontrollen durch die Arbeitsschutzbehörden geben. Die Kontrollquote wird verbindlich festgeschrieben.
2. Die Bundesregierung prüft, wie Unternehmen dauerhaft zu Mindeststandards bei der Unterbringung mobiler Arbeitskräfte verpflichtet werden können.
3. Ab dem 1. Januar 2021 ist das Schlachten und Verarbeiten von Fleisch nur noch Betriebsangehörigen erlaubt. Werkvertragsgestaltungen und Arbeitnehmerüberlassung sollen untersagt sein in Betrieben, deren Kernbereich das Schlachten und die Fleischverarbeitung ist.
4. Arbeitgeber werden verpflichtet, die zuständigen Behörden über Wohn- und Einsatzort ausländischer Arbeitskräfte zu informieren. So werden effektivere Kontrollen möglich.
5. Das Projekt "Faire Mobilität" wird dauerhaft finanziell und rechtlich abgesichert, damit ausländische Beschäftigte in ihrer Heimatsprache über ihre Rechte sowie einschlägige Vorschriften aufgeklärt werden.
6. Um die Arbeitszeit der Beschäftigten wirksam überprüfen zu können, wird eine Pflicht zur digitalen Arbeitszeiterfassung in das Gesetz zur Sicherung von Arbeitnehmerrechten in der Fleischwirtschaft aufgenommen.
7. Bei Verstößen gegen das Arbeitszeitgesetz drohen künftig höhere Bußgelder. Der entsprechende Rahmen wird von 15.000 Euro auf 30.000 Euro verdoppelt.
8. Die Absicherung gegen Unfall- und Gesundheitsrisiken muss für alle Beschäftigten der Fleischwirtschaft gelten - einschließlich Praktikanten. Lücken bei der Sicherheit müssen geschlossen werden.
9. Auf Wunsch der europäischen Partner werden die Informationswege zu Corona-Infektionen bei Arbeitnehmern aus dem Ausland so ausgeweitet, dass die Bundesregierung die betroffenen Botschaften über Risiken zeitnah informieren kann.
10. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wird zusammen mit dem Bundesministerium für Landwirtschaft und Ernährung eine Studie beauftragen, um Synergieeffekte bei Kontrollen von Arbeits- wie auch Tierschutz zu identifizieren.
Der Bundesfachausschuss Umwelt und Landwirtschaft hat sich deshalb in seiner letzten Sitzung mit diesem Thema befasst und sich für eine konsequente und umfassende Weiterentwicklung der aktuell geltenden Arbeits- und Sozialschutzstandards ausgesprochen, die auf den Schlachthöfen konsequent umgesetzt und geprüft werden müssen.
Gerade die CDU in NRW setzt sich in der Landesregierung mit großem Engagement dafür ein, Missstände, die vor allem Wanderarbeiter aus Osteuropa treffen, dauerhaft zu beheben. Landesarbeitsminister Karl-Josef Laumann hat mit groß angelegten Überprüfungen bereits im Jahr 2019 die Arbeitsbedingungen in den Schlachtbetrieben untersuchen lassen und damit den Druck auf die Betriebe erhöht.
Auch die nordrhein-westfälische CDU Landesgruppe im Bundestag unterstützt diese Maßnahmen zur Verbesserung der Situation der Arbeitnehmer in der Branche. Als CDU werden wir nicht dulden, dass die Freiheiten am Arbeitsmarkt auf diese Weise missbraucht werden.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Wittke MdB