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Frage von Siegmund E. •

Frage an Oliver Wittke von Siegmund E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Guten Abend Herr Wittke,

wie ich nun lesen konnte, stimmten Sie für die VDS.
Sie stimmten also für eine anlasslose Massenüberwachung der Bürgerinnen und Bürger dieses Landes.

Wer wann wie lange mit wem telefoniert hat, im Internet war oder wer wem welche SMS (samt Inhalt!) gesendet hat, wird gesichert und bei einem Richterbeschluss zur Verfügung gestellt.
Wie schwierig es hierzulande ist, an entsprechende Beschlüssen zu kommen, dürfte spätestens seit der "RedTube Abmahnwelle" 1) bekannt sein.

Es ist mittlerweile erwiesen, das die VDS keinen nennenswerten Vorteil für die Strafvollzugsbehörden bieten, vor allem keinen Vorteil, den dieser massive Eingriff in unsere Privatsphäre rechtfertigen. 2)

Es ist bekannt, das einmal gesammelte Daten nicht sicher vor Missbrauch geschützt werden können, seien es Kriminelle (Stehlen der Daten - Hacker -) oder voreilige Richter, die es, warum auch immer, nicht so ganz Ernst nehmen.

Hinzu kommt, dass Personen, die kriminelle Handlungen durchführen möchten, auf unzählige andere, sichere, Kommunikationsmittel zurück greifen können. Im Gegensatz zu den meisten, technisch weniger versierten, Bürgerinnen und Bürgern.

Der völlig gläserne Bürger, den die VDS bringt, ist durch Ihre Entscheidung mit möglich geworden.

Wie können Sie sich für diesen gravierenden Einschnitt in die Freiheitsrechte aussprechen?
Welche Begründung für die VDS, die nicht anhand einfacher Fakten widerlegt werden kann, hat Sie dazu gebracht hier mitzuziehen?

Ich hoffe, dass das BVerfG dieses Gesetz wiederum kassiert, es ist die Abschaffung der Unschuldsvermutung und ein Angriff auf unsere informationelle Selbstbestimmung.

Mit freundlichen Grüßen,

S. Ebers

1) http://www.taz.de/!5049853/
2) "Einer Stellungnahme des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung zufolge ließe sich die durchschnittliche Aufklärungsquote demnach „von bisher 55 % im besten Fall auf 55,006 % erhöhen“."
http://tinyurl.com/q7md26t

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Ebers,

vielen Dank für Ihre Frage zur befristeten Speicherung von Verbindungsdaten (Vorratsdatenspeicherung). Gerne nehme ich hierzu Stellung.

Das neue Gesetz verpflichtet Telekommunikationsunternehmen dazu, die bei Ihnen anfallenden Verbindungsdaten zehn Wochen lang auf einem in Deutschland befindlichen Server zu speichern, wobei dieser Server über keinerlei Internetverbindung verfügen darf. Nach Ablauf dieser zehn Wochen müssen die Daten gelöscht werden. Zugriff auf diese 10 Wochen lang gespeicherten Daten erhalten die Ermittlungsbehörden nur zur Aufklärung bestimmter schwerer Straftaten - wie zum Beispiel Mord, Totschlag, Kinderpornographie - und nur auf Grundlage einer richterlichen Anordnung. Für eine Frist von vier Wochen müssen die Anbieter auch die zu Beginn des Gesprächs ohnehin anfallenden Funkzellenangaben speichern. Mit Ablauf dieser Frist müssen auch diese Daten gelöscht werden.

Welche Internetseiten ein bestimmter Nutzer aufruft, wird nicht gespeichert. Andersherum gilt: ist wegen der genannten schweren Straftaten eine Seite im Visier der Fahnder (etwa die von Anbietern von Kinderpornographie), so können in einem solchen Fall die IP-Adressen ermittelt werden, mit denen auf diese Seite zugegriffen worden ist. Dies gibt dann Hinweise, mit denen der tatsächliche Nutzer oft identifiziert werden kann. Voraussetzung ist aber auch hier die Anordnung durch ein Gericht. Absender- und Adressdaten des Emailverkehrs werden generell nicht gespeichert.

Im Rahmen der Speicherung von Verbindungsdaten werden weder Telefonate noch deren Inhalte oder Emails oder deren Inhalte gespeichert. Erfasst werden nur die rein technischen und zeitlichen Bedingungen am Zustandekommen einer Telekommunikation. Wenn Ermittlungsbehörden auf richterlichen Beschluss hin auf die Verbindungsdaten zugreifen dürfen, sind die Bürger, denen diese Daten zugeordnet werden können, zu informieren. Verbindungsdaten von Berufsgeheimnisträgern sind besonders geschützt. Auf die Verbindungsdaten der Berufsgeheimnisträger - wie zum Beispiel Rechtsanwälte, Ärzte - darf nicht zugegriffen werden.

Die Abrufbarkeit der bei den Providern befristet gespeicherten Daten trägt der Tatsache Rechnung, dass die Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen in nahezu allen Kriminalitätsbereichen eine außerordentlich große Rolle spielt. In vielen Gesprächen mit den Praktikern aus Justiz und Ermittlungsbehörden und bei den Anhörungen des Bundestages hat sich herauskristallisiert, dass die Verbindungsdaten zur Aufklärung von Straftaten ganz wesentlich beitragen können, weil sie u.a. Einblicke geben, mit wem Täter und Opfer Kontakt hatten. Auch mögliche Zeugen schwerer Straftaten können so ermittelt werden. Bei vielen schweren Taten gibt es oft gar keinen anderen Ermittlungsansatz. Auch wenn es Umgehungsmöglichkeiten gibt: in vielen Fällen resultieren daraus entscheidende Hinweise, die dann zusammen mit anderen Tatsachen die notwendigen Beweise zur Aufklärung von Straftaten ermöglichen. Wie bei allen anderen Ermittlungsmöglichkeiten so kommt auch die Bewertung der durch die Datenabfrage gewonnenen Erkenntnisse allein den Richtern und Staatsanwälten zu.

Mit dem neuen Gesetz zur befristeten Speicherung von Verbindungsdaten stärkt die Bundesregierung die Möglichkeit des Staates, seine Bürger zu schützen und Straftaten aufzuklären. Einen Missbrauch der gespeicherten Verbindungsdaten verhindern sehr hohe rechtliche und technische Sicherheitsvorkehrungen. In der Zeit, als es diese Speicherpflicht für einige Jahre in Deutschland bereits gab, hat es keinen bekannten Fall von Missbrauch gegeben.

Das neue Gesetz entspricht den Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof an den Gesetzgeber gestellt haben. Gegner der befristeten Speicherpflicht von Verbindungsdaten behaupten mitunter, diese Daten trügen nicht zur Aufklärung von Verbrechen bei. Hierbei berufen sie sich vor allem auf eine Studie des Max-Planck-Institutes. Von dieser Studie liegt bedauerlicherweise nur eine zweite, abgeänderte Fassung vor. Die erste Version hat die damalige Auftraggeberin, Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger, eine erklärte Gegnerin der Speicherpflicht, leider nicht herausgegeben. Weitere Kritikpunkte gegen die Aussagekraft dieser Studie ergeben sich aus ihrer unzureichenden Faktenbasis.

Ich hoffe, dass ich Ihnen meinen Standpunkt zur Vorratsdatenspeicherung nachvollziehbar machen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Oliver Wittke