Frage an Oliver Stey von Wolfgang D. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Stey
Wie stellen sie sich eine vernüftige Verkehrspolitik vor, als Linker und Taxifahrer?
Beste Grüße
Dirrigl
Sehr geehrter Herr Dirrigl,
Verkehrspolitik bedeutet für mich in der heutigen Zeit gleichzeitig ökologische und ökonomische Politik. Das bedeutet im Klartext:
Ein weiterer Ausbau des derzeitigen Netzes der Deutschen Bahn ist unumgänglich. Dies jedoch scheint mir unter den privatisierten Fittichen eines Herrn Mehdorn kaum realisierbar. Abgesehen davon, dass ich selbstverständlich den Standpunkt vertrete, dass generell alle gesellschaftlich notwendigen Bereiche in die Hände der Bevölkerung bzw. des Staates gehören (dazu gehören in jedem Fall Bahn, Wasser- und Stromversorgung, Post- und Telekommunikationswesen sowie Abfallwirtschaft und um wieder zum Thema zu kommen, kommunale Verkehrsbereiche wie Bus, Tram- und U-Bahn) glaube ich nicht, dass die so genannte Privatisierung der Bahn auch nur einen Hauch von Fortschritt gegenüber dem früheren Ist-Zustand gebracht hätte (außer vielleicht bei irgendwann in ferner Zukunft stattfindenden Dividendenausschüttungen auf dem bislang noch imaginären Aktienmarkt). - Ganz im Gegenteil, wurde das Schienennetz gnadenlos von ineffektiven Strecken befreit, Arbeitsplätze in sechsstelliger Zahl vernichtet, die Sicherheit des Fahrdienstes auf kriminell fahrlässige Art heruntergefahren und die Warte- bzw. Ausfallzeiten in ein für die Fahrgäste unerträgliches Niveau gebracht, so dass das Deutsche Schienennetz in Europa zusammen mit dem Britischen, um einen ehemals bayerischen Ministerpräsidenten zu zitieren, in die Champions League der Versager gebracht wurde.
Es scheint mir deshalb unumgänglich, dafür zu kämpfen, dass die Bahn wieder in staatliche Hände gebracht werden muss und das Schienennetz so weit als möglich ausgebaut wird. Es darf nicht sein, dass die Kosten vergesellschaftet werden (Herr Beck von der SPD hat sich erst kürzlich vollmundig dazu geäußert, dass er und seine Partei dafür gekämpft haben, die Schienenstränge und selbstredend die für deren Wartung anfallenden Kosten in Staatshänden zu belassen) und die Gewinne für Herrschaften vom Schlage Mehdorn und den Damen/Herren Großaktionäre privatisiert werden (Ganz abgesehen davon dass kaum anzunehmen ist, dass diese Herrschaften daran gefallen finden würden sich von irgendwelchen Schienensträngen beim Geldscheffeln behindern zu lassen).
In diesem Zusammenhang möchte ich Ihnen auch wärmstens folgende Bücher des Politikers und Autor Winfried Wolf empfehlen:
Verkehr. Umwelt. Klima. Die Globalisierung des Tempowahns. Promedia, Wien 2007, ISBN 978-3-85371-271-9
Berlin - Weltstadt ohne Auto? ISP*Köln, 1994, ISBN 3-929008-74-2
Eisenbahn und Autowahn. Personen- und Gütertransport auf Schiene und Straße. Geschichte, Bilanz, Perspektiven.Rasch und Röhrig, 1986, ISBN 3-89136-105-X
Es scheint auch nicht von der Hand zu weisen sein, dass die derzeit, vor allem auch in Bayern, herrschenden Politiker lieber Lobby-Arbeit für völlig Irrsinnige Projekte wie Transrapid und Ausweitung des Automobilverkehrs befördern als sich um vernünftige Alternativen für einen sinnvollen Personenverkehr in diesem Land Gedanken zu machen. Was wirklich auch im kommunalen Bereich gebraucht wird, ist ein gut ausgebautes Netz vor allem von preiswerten und effizienten Verkehrsmitteln, wie es beispielsweise Trambahnen darstellen, kombiniert mit öffentlichen Bussen und (in diesem Zusammenhang schlägt der bei mir der Taxifahrer durch) auch Taxen für die Überbrückung der personenschwachen Zeiten bei Nacht und zur Flexibilisierung des Personenverkehrs generell. In diesem Zusammenhang möchte ich auch eine Stange dafür brechen, dass vor allem in den Ballungszentren bzw. Großstädten ein kombiniertes Monats-Ticket angeboten wird, das es den Fahrgästen grundsätzlich ermöglicht sowohl kommunal-öffentliche, als auch private Verkehrsmittel (wie Taxen) zu nutzen. Der finanzielle Ausgleich bei den Taxigeschäften muss in diesem Zusammenhang durch die Öffentliche Hand erfolgen.
Im Gegenzug plädiere ich dafür, dass Großstädte generell Autofreie Zonen werden, bei denen Fahrzeuge die einzig zum privaten Gebrauch genutzt werden, wenn denn schon unbedingt von Nöten, dann in außerhalb der inneren Stadtbezirke errichteten Park & Ride Anlagen untergebracht werden müssen und die Gebühren für die Finanzierung eines preiswerten Öffentlichen-/Taxinetzes herangezogen werden. Gleichzeitig müssen die Preise für Kraftstoffe empfindlich angehoben werden und die Automobilkonzerne in die Pflicht genommen werden Fahrzeuge zu produzieren, die mit niedrigen Energieverbrauchszahlen aufwarten. Hierbei ist zunächst einmal an Fahrzeuge mit Hybrid- und Wasserstofftechnologie zu denken. Der so genannte Nachwachsende Rohstoff bzw. Biodiesel oder ähnlicher Nonsens, wie ihn die Partei Die Grünen bis vor nicht wirklich allzu langer Zeit propagierten ist generell abzulehnen, da abgesehen davon, das es Irrsinn ist, für eine Tankfüllung im PKW etwa einen Hektar Mais zu vergeuden, auch noch zu extremen Lebensmittelengpässen in den ärmsten Ländern der Erde geführt hat. Elektrofahrzeuge sind ebenso völlig unsinnig, da sie einerseits höchstens die Atomlobby auf den Plan rufen würden endlich wieder einen positiven Impuls für die Errichtung neuer AKW´s zur Erzeugung der benötigten Energie zu rechtfertigen und andererseits ein immenses Problem mit der Beseitigung von Akkumulatoren und deren giftigen Inhaltsstoffen anfallen dürfte.
Generell kann zu einem privaten Personenverkehr gesagt werden: Weniger ist besser als mehr, d.h. Zum einen wenn möglich eine weitgehende Reduzierung der Fahrzeuge und wenn schon notwendig, dann zumindest eine erhebliche Reduzierung des Verbrauchs und Förderung umweltfreundlicher Technologien als heute üblich.
Mit freundlichem Gruß