Frage an Oliver Jörg von Bruno L. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Jörg,
wie stehen Sie persönlich zur Verlängerung der Laufzeit bei den Atomkraftwerken in Deutschland?
Als direkter Betroffener (das Atomkraftwerk Grafenrheinfeld steht ja quasi vor der Haustüre) bin ich doch zutiefst erschüttert darüber, dass über eine Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke zu Gunsten der Gewinne der Energieversorger ohne ausreichend die großen Gefahren für die Bevölkerung zu betrachten, diskutiert wird. Sie haben eine Verantwortung den Menschen und der Natur gegenüber - bitte nehmen Sie diese ernst!
Mit freundlichen Grüßen
Bruno Lehmann
Sehr geehrter Herr Lehmann,
für Ihre Anfrage zur Nutzung der Atomkraft danke ich Ihnen. Bitte seien Sie versichert, dass ich die Sorgen der Menschen in unserer Region, die im Umfeld des Kraftwerks Grafenrheinfeld leben, sehr ernst nehme.
Die Nutzung der Atomkraft sehe ich nach wie vor als Brücke hin zu einer zukünftigen, maßgeblich auf neue Technologien und erneuerbare Energien gestützten Energiewirtschaft. Deshalb setze ich mich gemeinsam mit meinen Kollegen in der CSU-Landtagsfraktion auch für eine deutliche Erhöhung des Anteils an erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung ein. 2008 lag der Anteil an Wasserkraft, Photovoltaik, Windkraft und Biomasse an der Bruttostromerzeugung in Bayern bei 22,6 Prozent. Das ist deutlich mehr als der bundesdeutsche Durchschnitt von 14,5 Prozent.
Unser bayerisches Ziel ist, den Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung bis 2030 auf 40 Prozent zu erhöhen. Im Vergleich zum bundesweit anvisierten Anteil ist auch dies ein deutlich ambitionierteres Ziel. Selbst das Umweltbundesamt, das vom ehemaligen Präsidenten des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) geleitet wird, hofft bestenfalls darauf, dass bis zum Jahre 2030 der Anteil erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung auf 30 Prozent erhöht werden kann.
Wenn Sie bedenken, dass der Anteil der Kernenergie an der Stromerzeugung im Freistaat bei 57,4 Prozent liegt, stellt sich auch bei Erreichen unseres ambitionierten Ziels die Frage, wie die auftretende Versorgungslücke bei einem Atomausstieg bis zum Jahre 2020 geschlossen werden kann. Zu leisten wäre dies nur durch die verstärkte Inanspruchnahme fossiler Brennstoffe mit hohem CO2-Ausstoß sowie durch kostenintensive Stromimporte, verbunden mit einem notwendigen Ausbau der Höchstspannungsleitungen in erheblichem Umfang. Das Institut für Energiewirtschaft und Rationelle Energieanwendung an der Universität Stuttgart hat für Bayern errechnet, dass in diesem Fall mit jährlichen Mehrkosten in Höhe von rund 1,5 Mrd. Euro zu rechnen wäre. Ich bitte auch zu berücksichtigen, dass allein Bayern mit rund 20 Mio. Tonnen CO2 jährlich mehr belastet würde, da Kernenergie nicht umfänglich durch Energieträger wie Windkraft, Wasserkraft oder Photovoltaik ersetzt werden kann. Hier geraten wir auch in den Konflikt mit den Klimaschutzzielen.
Insofern bitte ich um Ihr Verständnis, wenn ich zu einer Laufzeitverlängerung, selbstverständlich unter Berücksichtigung hoher Sicherheitsstandards, einstweilen keine Alternative sehe.
Da Sie auch die Gewinne der Energieversorger ansprechen, darf ich Ihnen mitteilen, dass ich mich gemeinsam mit meinen Kollegen aus der Fraktion dafür einsetze, dass die Einnahmen teilweise als Ökodividende in die energetische Forschung und Entwicklung investiert werden.
Ich hoffe sehr, Ihnen die Hintergründe meiner Haltung näher gebracht haben zu können; haben Sie nochmals vielen Dank für Ihre Anfrage.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Jörg, MdL