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Ole Thorben Buschhüter
SPD
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Frage von Martin W. •

Frage an Ole Thorben Buschhüter von Martin W. bezüglich Öffentliche Finanzen, Steuern und Abgaben

Sehr geehrter Herr Buschhüter,

ich beziehe mich auf die Senatsantwort auf Ihre parlamentarischen Anfrage Ausübung der Werberechte auf öffentlichem Grund (II) (Drucksache 22/4876).

Wenn ich es richtig verstehe schenkt der Senat den Werbefirmen durch eine „Anpassung der Vertragsentgelte“ Geld; verlängert die Werberechtsverträge um drei Jahre und beschließt die Möglichkeit zur Digitalisierung aller Werbeanlagen.

Digitalisierung bedeutet in diesem Fall Plakate durch große Monitore zu ersetzen, die einen extrem hohen Stromverbrauch haben.
Digitale Anlagen im CLP Format verbrauchen soviel Energie wie fünf Durchschnittshaushalte; im Format CLB gar soviel wie 14 Durchschnittshaushalte.

Allein die Digitalisierung der derzeit 2.355 analogen Anlagen im CLP Format wird einen zusätzlichen Strombedarf erzeugen, der 11.775 Haushalten entspricht. Zum Vergleich: Der Stadtteil Veddel hat 2.501 Haushalte. Bitte korrigieren Sie mich, falls meine Angaben zum Strombedarf dieser Anlagen falsch sein sollten.

Ich frage Sie:

1. Warum verschenkt der Senat, der angesichts der Coronakosten selbst Geld braucht, welches an zwei Großkonzerne? Sind diese in ihrer Existenz bedroht? Ströer hat zuletzt im November 2020 eine Dividende an seine Aktionäre ausgezahlt (WKN 749399).
2. Warum genehmigt der Senat tausende neue stromfressende Werbemonitore wo Hamburg doch klimaneutral werden soll?
3. Warum findet eine so weitreichende Entscheidung ohne demokratische Aussprache und kurz vor der Sommerpause statt? Kann es sein, dass gegen Ausschreibungsrecht verstoßen wurde?

Im Juni '21 stellte Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) gemeinsam mit der Wall GmbH ein begrüntes Bushaltestellendach vor und Bürgerschaftspräsidentin Carola Veit (SPD) gab die Schirmherrin für die Aktion #HhelpingHands der Ströer Media Deutschland GmbH.

Darum frage ich Sie:

4. Gibt es in Hamburg eine besondere Nähe zwischen Politik und den begünstigten Firmen?

Mit freundlichen Grüßen
Martin Weise

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Weise,
 
bei den Firmen Wall und DSM/Ströer handelt es sich um langjährige Vertragspartner der Stadt, zu denen ein professionelles Verhältnis gepflegt wird. Beim Thema Werberechtsverträge wurde und wird das
Parlament beteiligt, die Stadt hat hier auch nichts zu verschenken. Die aktuell in Rede stehenden Aspekte waren bereits Gegenstand der Haushaltsberatungen im Frühjahr 2021. In der Drucksache 21/4000 Band 1 heißt es unter der Randnummer 145:
 
„Die CDU-Abgeordneten konstatierten, in der Planung würden die Erlöse ab diesem Jahr 2021 als zurückgehend ausgewiesen, und fragten nach dem Grund dafür. Des Weiteren fragten sie, ob sie es richtig
sähen, dass hier auch die Werberechtsverträge beziehungsweise die Erlöse daraus abgebildet seien.
 
Die Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter bestätigten, dass die Werberechtsverträge dort abgebildet seien, und insgesamt folge die Veranschlagung drei großen Positionen: Konzessionserträge, Werberechtsverträge
und Entgelte für Sondernutzungen. Der Grund für den Rückgang sei, dass die Erstattung für die Bundesfernstraßen zurückginge.
 
Die CDU-Abgeordneten konstatierten zudem, auch aufgrund der Pandemie sei es bei den Werberechtsverträgen zu Einbußen gekommen, und baten darum, dies zu erläutern und zu quantifizieren. Auch würde
sie interessieren, über welchen Zeitraum die Werberechtsverträge liefen beziehungsweise wann gegebenenfalls eine Verlängerung der Neuvergabe gestartet würde.
 
Die Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter berichteten, sie stünden in Verhandlungen mit ihren Vertragspartnern, den Werbeunternehmen Ströer SE & Co. KGaA und Wall GmbH, die ihnen gegenüber geltend
machten, die Geschäftsgrundlage in den Geschäftsjahren 2020/2021 sei derart beschädigt, dass eine Vertragsanpassung aus deren Sicht geboten sei. Sie wollten dies nicht gerichtlich durchstreiten, sondern sich mit ihren Vertragspartnern einigen. Diese Einigung
werde – so sie wirksam würde – aus zwei Teilen bestehen: einerseits einer Anpassung der Garantieumsatzentgelte und andererseits, um diese Einbuße für Hamburg zu reduzieren, aus einer Verlängerung der Laufzeit um drei Jahre, sodass die beiden verlorenen Jahre
2020 und 2021 wieder eingeholt werden könnten. Dies würde eine erneute Ausschreibung bis zum Jahre 2026 aufschieben. Es sei geplant, über die entsprechende Auswirkung auf den Haushalt gemeinsam mit anderen coronabedingten Schäden in einer Drucksache der Finanzbehörde
zu berichten.
 
Die Abgeordneten der Fraktion DIE LINKE baten darum zu erläutern, was sich wann wie geändert habe, weil Ströer und andere nicht nur in Zügen und Bahnen Werbung vornähmen, sondern auch im Stadtraum.
Zudem habe es in den verschiedenen Phasen von Lockdown und Nicht-Lockdown immer noch die Möglichkeit gegeben, via Internet einzukaufen. Insbesondere sei wichtig zu erfahren, wie die erheblichen Einbußen von den Unternehmen begründet würden und dies kontrolliert
werden könne.
 
Die Senatsvertreterinnen und Senatsvertreter führten aus, die Unternehmen legten ihnen die Umsätze, die signifikant zurückgegangen seien, vor und speziell im Bereich der Out-of-Home-Media, der sich
im Stadtraum abspiele, sei der Kunde, der Adressat nicht mehr vorhanden, weil Läden und Gaststätten geschlossen seien. Die Umsatzrückgänge könnten sie hier nicht quantifizieren, weil sie den Unternehmen zugesagt hätten, die Betriebsgeheimnisse zu wahren, aber
die Umsatzrückgänge seien erschreckend. Die Werbewirtschaft insgesamt sei in der Pandemie nicht schlecht weggekommen, ein großer Anteil des Werbebudgets habe sich aber ins Internet verlagert, wovon sie als Konzessionsgeber für diese Werberechtsverträge nichts
hätten.
 
Sie ergänzten, wenn sie anders vorgingen, müssten sie zeitnah eine neue Ausschreibung der Werbeverträge vornehmen, und zwar ausgerechnet zu einem Zeitpunkt, an dem der Werbemarkt am Boden liege.
Vor diesem Hintergrund sei es ihnen ein Anliegen darauf hinzuweisen, dass sie hier zwar auf Geld verzichteten, dies aber deutlich geringer ausfalle als das, was die Unternehmen prozentual an Einbußen hätten. Außerdem hätten sie einen extrem guten Werberechtsvertrag
ausgeschrieben, der auch im weltweiten Vergleich Maßstäbe setze, und sie würden ungern auf dieses Geld für Hamburg verzichten.“
 
Was die Digitalisierung der Anlagen von Wall und DSM/Ströer angeht, so geht es nicht darum alle Anlagen vollständig zu digitalisieren, sehr wohl aber darum, punktuell mehr Stadtmöbel als bisher zu
digitalisieren. Von einer öffentlichen digitalen Infrastruktur hat auch die Stadt einen Mehrwert: Die Smart City nutzt Stadtmöblierung für vielfältige Zwecke. Die Screens der digitalen Stadtmöbel warnen unter Anderem im Katastrophenfall
flächendeckend die Bevölkerung vor herannahenden Gefahren (MoWaS). An dieses System ist auch die Freie und Hansestadt Hamburg angeschlossen. Auch während der Corona-Pandemie haben sich die digitalen Anlagen als schnelles Kommunikationsmittel bewährt, da sie
Informationen und Hinweise zum Gesundheitsschutz an die breite Masse der Bevölkerung transportierten.
 
Beim Energieverbrauch der Stadtmöblierung konnten bereits große Einsparungen erzielt werden, und der Prozess geht fortlaufend weiter. Der Strombedarf für die digitale Stadtmöblierung wird sowohl
bei Wall als auch bei  DSM/Ströer zudem zu 100% aus erneuerbaren Energiequellen gedeckt.
 
Mit freundlichen Grüßen
Ole Thorben Buschhüter
 
 

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