Frage an Ole Thorben Buschhüter von Thomas S. bezüglich Humanitäre Hilfe
Guten Tag Herr Buschhüter,
Obdachlose Menschen haben in Hamburg einen schweren Stand. Die städtischen Notprogramme garantieren keine menschenwürdigen Standards, z,B wenn Menschen, die in einer Notunterkunft übernachtet haben um 8 Uhr morgens auch bei Minusgraden die Unterkunft verlassen müssen. Die Unterkünfte sind überfüllt, Gewalt und Aggressivität die Regel. Obdachlose werden oft durch Polizei und Ordnungsamt von öffentlichen Plätzen verscheucht. Bei einer derartigen Räumung am Fischmarkt wurden die Zelte der obdachlosen Menschen gleich mit entsorgt. Das Problem verschärft sich, den in Hamburg leben deutlich mehr Menschen auf der Straße als noch vor zehn Jahren. 1910 Obdachlose trafen die Wissenschaftler bei ihrer Untersuchung im vergangenen März auf der Straße: Das sind fast doppelt so viele wie bei der letzten Untersuchung im Jahr 2009.
Im aktuellen Winter sind in Hamburg bisher 4 obdachlose Menschen im Freien erfroren (Stand 08.01.2021). Die Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe fordert während der besonders kalten Zeit Aufenthaltsräume für Obdachlose, die auch tagsüber geöffnet haben.
Ein Hamburger Bündnis gemeinnütziger Organisationen bringt obdachlose Menschen bis März in einem Hotel unter, um sie vor dem Coronavirus und der Winterkälte zu schützen.
Diese Hilfe nutzt den notleidenden obdachlosen Menschen, kann Leben retten und der wegen Corona angeschlagenen Hotelbranche planbare Einnahmen sichern. Sie erreicht aktuell aber nur 20 Menschen.
Frage 1:
Werden Sie sich dafür einsetzen, dass der Hamburger Senat zeitnah die Vergabe von aktuell leerstehenden Hotelzimmern an Obdachlose organisiert und finanziert?
Werden Sie sich in Ihrer Fraktion für einem diesbezüglichen Antrag einsetzen?
Viele Grüße T. S.
Sehr geehrter Herr Schüller,
vielen Dank für Ihre Frage! Bevor ich sie beantworte, möchte ich auf Ihre Vorbemerkung eingehen:
Um die Versorgung von Obdachlosen in Hamburg auch während der Corona-Pandemie bestmöglich sicherzustellen, hat die Stadt Hamburg ihre diesbezüglichen Programme und auch das Winternotprogramm in diesem Jahr noch
einmal beträchtlich ausgebaut. Allein im Winternotprogramm stehen bis zu 1.020 Betten bereit. Bereits seit dem letzten Winter sind durchgängige Unterkunft und Versorgung (also auch tagsüber) von Obdachlosen in Hamburg gewährleistet. Neben den Nachtunterkünften
gibt es in Hamburg diverse Tagesaufenthaltsstätten, welche die Wohnungslosen mit Kleidung, (warmen) Mahlzeiten und Gelegenheiten zum Duschen und Waschen von Kleidung versorgen. Ebenso erhalten die Nutzerinnen und Nutzer der Einrichtungen hier ärztliche Versorgung,
soziale Beratung und umfassende Information über die regelhaften Programme zum Wiedererlangen einer Wohnung.
Auch für Hygiene während der Pandemie ist gesorgt. So haben die von F&W Fördern & Wohnen AöR betriebenen Einrichtungen umfassende Hygienekonzepte. Die Übernachtungsstätten werden täglich umfassend gereinigt und
gelüftet, wofür eine zeitweise Schließung für wenige Stunden am Tag leider unerlässlich ist. Informationen zu allen Angeboten der Obdachlosenhilfe in Hamburg finden Sie hier: www.hamburg.de/obdachlosigkeit.
Um auch tagsüber die Abstandswahrung bei der Nutzung der Hilfsangebote zu ermöglichen, wurde darüber hinaus eine weitere Tagesaufenthaltsstätte in der Markthalle mit 200 Plätzen eingerichtet. Die Nutzerinnen und
Nutzer aller Einrichtungen werden darüber hinaus natürlich von medizinischem Fachpersonal beobachtet und bei Corona-Symptomen einzeln untergebracht und versorgt.
Nun zu Ihrer Frage: Die Stadt Hamburg bringt bereits jetzt wohnungslose Menschen in Hotels unter, wenn entweder die Kapazitäten in den öffentlichen Einrichtungen nicht ausreichen, ein besonderer Bedarf auf Einzelunterbringung
z.B. aufgrund psychischer Krankheiten vorliegt oder wenn es sich um Familien mit minderjährigen Kindern handelt. Aktuell sind 42 Einzelpersonen und 3 Familien (insgesamt weitere 11 Personen) in Hotels untergebracht. Dazu kommen auch einige Einzelunterbringungsplätze,
die, von der Stadt finanziert, bei Kirchengemeinden bereitstehen.
Ob und inwieweit darüber hinaus für besondere Zielgruppen weitere Möglichkeiten zur Einzelunterbringung während der Pandemie geschaffen werden können, wird aufgrund eines Bürgerschaftsbeschlusses vom 24.11.2020
(Drs. 22/2311), der von SPD und GRÜNEN beantragt wurde, vom Senat geprüft.
Mir ist es besonders wichtig festzuhalten, dass die Angebote im Winternotprogramm auch in Corona-Zeiten sicher und keine Gefahr für die obdachlosen Menschen sind. Das belegen auch die Zahlen von Ansteckungen in
den Einrichtungen. Alle Hamburgerinnen und Hamburger, die sich ehrenamtlich oder beruflich für die obdachlosen Menschen einsetzen, sollten deshalb für das Aufsuchen und die Nutzung der Angebote des Winternotprogramms werben. Gefahr droht vor allem durch das
Übernachten im Freien.
Eine weitreichende oder gar grundsätzliche Unterbringung von obdachlosen Menschen in Hotels ist meiner Meinung nur bedingt geeignet, dem Problem Obdachlosigkeit gerecht zu werden, da in den öffentlichen Unterkünften
eben immer auch Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter vor Ort sind, welche den Nutzerinnen und Nutzern einen Weg aus der Obdachlosigkeit zeigen und sie darin unterstützen können, diesen Weg zu gehen. Unser Fokus liegt hier klar auf der Überwindung der Obdachlosigkeit
und ihrer Ursachen.
Mit freundlichen Grüßen ins hessische Dreieich!
Ole Thorben Buschhüter