Trotz Empfehlung des UBA für ein Tempolimit lehnt es die FDP ab, aus Glauben ("bringt nicht viel") und Gefühl ("Freiheitseinschränkung"). Warum verweigert die FDP rational fundierte Politik?
Bitte bedenken Sie bei Ihrer Antwort alle drei Themenbereiche, die für ein Tempolimit sprechen:
Klimafolgen
Verringerung der Unfallzahlen
Energie-Abhängigkeit von Russland/Ukraine-Krieg
Sehr geehrte Frau A.
Wir sind der Ansicht, dass es in der aktuellen Situation handfeste Maßnahmen statt symbolische Debatten braucht.
Wenn wir über die Frage sprechen, wie wir unabhängiger von russischen Ölimporten werden, dann müssen wir uns bei den Kraftstoffen in erster Linie damit beschäftigen, ob und welche Alternativen es auf dem Weltmarkt gibt. Zentral ist außerdem, wie wir Raffinerien versorgen, die Erdöl über Pipelines aus Russland beziehen. Der Effekt eines Tempolimits wäre hingegen marginal, insbesondere in Anbetracht der Tatsache, dass viele Autofahrerinnen und Autofahrer ihr Fahrverhalten bereits freiwillig anpassen. Wir sollten es den Menschen zutrauen, dass sie wissen, dass ein bewusster Umgang mit Energieressourcen aktuell geboten ist. An welcher konkreten Stelle die Einsparungen vorgenommen werden, sollte der Staat jedoch nicht vorschreiben.
Ein befristetes Tempolimit würde zudem mit erheblichem logistischen Aufwand einhergehen. Ein generelles Tempolimit hingegen wurde im Rahmen des Koalitionsvertrages explizit ausgeschlossen.
Statt das Tempolimit instrumentell mit dem Krieg in der Ukraine zu verknüpfen, sollten wir unseren Fokus deshalb darauf legen, mit durchdachter Politik die Versäumnisse der Vergangenheit zu beseitigen, die Ukraine effektiv zu unterstützen und Russland mit wirksamen Maßnahmen zu sanktionieren.
Für den Klimaschutz leistet ein Tempolimit ebenfalls keinen wirkungsvollen Beitrag. Gemessen an den Einsparungszielen 2030, würde man nach einer Studie des Umweltbundesamtes mit einem Tempo 120 lediglich rund 3 Prozent an Emissionen einsparen. Setzt man dies in ein globales Verhältnis, dann könnten nur verschwindend geringe 0,015 Prozent des weltweiten CO2-Ausstoßes reduziert werden. Viel effizienter wäre es, den Verkehrssektor in das europäische Emissionshandelssystem aufzunehmen. Beim Emissionshandel wird, wissenschaftlich belegt, der politische Rahmen vorgegeben, wie viel CO2 im Jahr ausgestoßen werden darf. Gemessen daran müssen Zertifikate erworben werden, die jedes Jahr weniger und teurer werden bis wir im Jahr 2050 europaweit bei Netto-Null angekommen sind. Emissionen können dort eingespart werden, wo es ökonomisch am sinnvollsten ist. Das entsprechende Vorhaben der EU-Kommission zur Ausweitung des Emissionshandels unterstützen wir ausdrücklich und aktiv.
Das Argument einer höheren Verkehrssicherheit ist ebenfalls nicht stichhaltig. Mit 60 Prozent der Verkehrstoten sind Landstraßen seit jeher die gefährlichsten Straßen, obwohl sie weitestgehend mit einem Tempolimit reglementiert sind. Bei den Autobahnen existieren für bestimmte Streckenabschnitte aus Gründen der Verkehrssicherheit ebenfalls bereits Tempolimits. Eine höhere Unfallschwere auf Abschnitten ohne Geschwindigkeitsbegrenzung lässt sich nicht feststellen. Der internationale Vergleich lässt ebenfalls nicht den Schluss zu, dass das Tempolimit generell zu einer höheren Verkehrssicherheit führt.