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Norbert Königshofen
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Frage von Michael K. •

Frage an Norbert Königshofen von Michael K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Königshofen,

am 13.09. diesen Jahres sprachen Sie im Deutschen Bundestag zum Thema "Teilprivatisierung der Deutschen Bahn". Sie beklagten, dass beim Verkauf der Hälfte der Bahn schätzungsweise nur 6 bis 8 Mrd. € erlöst werden, obwohl das Unternehmen zwischen 100 und 200 Mrd € wert ist und der Bund laut Gesetzentwurf zusätzlich verpflichtet werde in den nächsten 18 Jahren weitere 72 Mrd. zu investieren.

Sie stellten dann die völlig berechtigte Frage: Warum tun wir das?

Ich meine Sie hätten Ihrer Frage die weitere Frage anschließen sollen: Wer profitiert von unserem Tun?

Sie wissen, dass die Investment Bank Stanley-Morgen, bei der Ihr Parteifreund Dr. Dirk Notheis (CDU-Landesvorstand Baden-Würtenmberg) im Vorstand tätig ist, an der Privatisierung der Bahn ca. 300 Mio € verdient.

Warum tragen Sie solche Entscheidungen zur Privatisierung öffentlichen Eigentums, weit unter Wert, mit?

Warum wenden Sie sich als Volksvertreter einer bürgerlichen Partei der Mitte gegen einen gesetzlichen Mindestlohn bei den ohnehin schlecht verdienenden Postmitarbeitern der privaten Postdienste eineseits und bedienen Shareholder mit der Möglichkeit Aktien der Deutschen Bahn zu erwerben, die sehr viel preiswerter sind, als es dem wirklichen Wert des noch staatlichen Unternehmens entspricht?

Tun Sie das, weil Stanley-Morgan daran so üppich verdient?

Wo bleibt Ihrer Meinung nach Ihre Verpüflichtung als Abgeordneter sich am Allgemeinwohl zu orientieren, wenn Sie solche Entscheidungen mittragen?

Mit freundlichen Grüßen

Michael Krämer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Krämer,

vielen Dank für Ihre E-Mail zur geplanten Teilkapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG!

Ich freue mich, dass Sie meine im Rahmen der Ersten Lesung des Bundeshaushalts 2008 im Deutschen Bundestag am 13. September 2007 gehaltene Rede zur geplanten Teilkapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG (DB AG) so aufmerksam verfolgt haben. Sie haben richtig bemerkt, dass meine wiederholte rhetorische Frage „Warum tun wir das?“ als grundsätzliche Kritik an dem seinerzeit von Bundesverkehrsminister Tiefensee vorgelegten „Eigentumssicherungsmodell“ zur Teilkapitalprivatisierung der DB AG zu verstehen war.

In meiner damaligen Rede im Plenum des Deutschen Bundestages habe ich unmissverständlich auf die vielen offenen Fragen und die erheblichen finanziellen Risiken für den Bundeshaushalt hingewiesen, die meiner Ansicht nach mit jenem Privatisierungsmodell verbunden sind. Meine sich daran anschließende Frage, warum wir – die Abgeordneten des Deutschen Bundestages – einem solchen äußerst fragwürdigen und risikobehafteten Modell überhaupt zustimmen sollten, hat offenbar Früchte getragen, ist doch das „Tiefensee-Modell“ zwischenzeitlich – nicht zuletzt auch durch die Beschlüsse des SPD-Bundesparteitags – faktisch vom Tisch.

Faktisch vom Tisch ist damit auch die lange Zeit diskutierte und insbesondere vom Vorstand der DB AG selbst favorisierte Teilkapitalprivatisierung eines integrierten Konzerns, also des Betriebs der DB AG einschließlich der Eisenbahninfrastruktur. Einen solchen „integrierten Börsengang“ habe ich persönlich wie auch die Fachpolitiker der CDU/CSU-Bundestagsfraktion immer abgelehnt. Insbesondere wollten und wollen wir keine Privatisierung der Eisenbahninfrastruktur, die, wie Sie zu Recht bemerkten, im Falle eines Börsenganges oder im Falle der Beteiligung einzelner privater Investoren vermutlich weit unter ihrem eigentlichen Wert verkauft würden.

Nach derzeitigem Diskussionsstand verbleibt die Eisenbahninfrastruktur im vollständigen Eigentum des Bundes, d.h. sie wird nicht kapitalprivatisiert. Damit werden Infrastruktur und Betrieb der Bahn formal getrennt. Es wird also keinen integrierten Börsengang der DB AG, d.h. keine Privatisierung von Netz und Betrieb, geben. Der wertvollste Teil des Vermögens der heutigen DB AG, die Eisenbahninfrastruktur (Wert: insgesamt etwa 126 Milliarden Euro), verbleibt damit dauerhaft beim Bund und wird nicht verkauft. Ihre diesbezüglichen Befürchtungen sind jedenfalls nach jetzigem Stand unbegründet.

Kapitalprivatisiert werden soll demnach allein der Betrieb der heutigen DB AG – ohne die Infrastruktur und auch lediglich zu einem Teil: Der Bund soll auch zukünftig die Mehrheit der Anteile behalten, so dass höchstens 49% dieser Anteile verkauft und somit teilkapitalprivatisiert werden können.

Die Unionsfraktion im Bundestag hat in den langwierigen Verhandlungen um die geplante Teilkapitalprivatisierung der DB AG immer wieder gefordert, Netz und Betrieb zu trennen und dabei die Eisenbahninfrastruktur im vollständigen Eigentum des Bundes zu behalten. Diese Position entspricht auch meiner persönlichen Haltung zur Privatisierung der DB AG. Ausweislich meiner Einlassungen in den zuständigen Fachausschüssen, in den Fraktionssitzungen und im Plenum des Deutschen Bundestages habe ich mich immer für eine Trennung von Infrastruktur und Betrieb bei der DB AG eingesetzt. Nach meiner Auffassung muss die Infrastruktur vollständig im Eigentum des Bundes bleiben, zumal letztlich der Bund die Kosten für Erhalt und Ausbau des Netzes und der Stationen getragen hat und auch in Zukunft tragen wird. Der Betrieb der DB AG kann m.E. an die Börse gehen, wenn eindeutig nachgewiesen wird, dass die Bahn trotz ihrer hohen Verschuldung – mittlerweile schon rund 20 Milliarden Euro – börsenfähig ist. Die DB AG müsste sich dann im Wettbewerb gegen andere schienengebundene Verkehrsunternehmen behaupten.

Sollte ein Börsengang nicht möglich sein, müsste meiner Ansicht nach dennoch die Trennung von Netz und Betrieb beibehalten werden, um eine zukünftige Beteiligung privater Investoren an den Betrieben der Bahn, also an den Verkehrsund Logistikunternehmen – wie Schenker und Bax Global – zu ermöglichen.

Nach meiner festen Überzeugung ist es jedenfalls grundsätzlich nicht einzusehen, dass der Steuerzahler ein weltweit operierendes Logistik-Unternehmen betreibt und letztlich auch für die damit verbundenen Risiken geradesteht.

Das von Bundesfinanzminister Steinbrück zwischenzeitlich in die Diskussion eingebrachte sogenannte Finanzholding-Modell ist m.E. ein vertretbarer Kompromiss, obwohl mir – wie ich auch in meiner Rede im Deutschen Bundestag am 27. November 2007 noch einmal ausdrücklich betont habe – eine klare Trennung von staatlicher Infrastrukturund unternehmerischer Transportverantwortung lieber wäre. Mit dem „Steinbrück-Modell“ könnte man, sofern es realisierbar ist, zumindest zweierlei erreichen: Einerseits blieben das Netz und die Bahnhöfe zu 100% im Eigentum des Bundes, und andererseits könnten die Transportund Logistikbereiche teilkapitalprivatisiert werden. Das würde Einnahmen für den Bundeshaushalt und das – anscheinend sehr dringend benötigte – „fresh money“ für die DB AG bedeuten.

Wie Sie sehen, ist beim Thema Teilkapitalprivatisierung der DB AG noch vieles im Fluss, und es besteht noch erheblicher Diskussionsbedarf. Dabei gilt auch hier: Gründlichkeit vor Schnelligkeit! Seien Sie versichert, dass ich mich als Mitglied des Haushaltsausschusses und als stellvertretendes Mitglied im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages auch weiterhin für eine vernünftige, d.h. an den Interessen des Bundes und der Steuerzahler – und gewiss nicht an etwaigen Individualoder Partikularinteressen tatsächlicher oder vermeintlicher „Profiteure“ – orientierte Teilkapitalprivatisierung der Deutschen Bahn AG einsetzen werde.

Mit freundlichen Grüßen
Norbert Königshofen