Frage an Norbert Königshofen von Peter O. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Königshofen,
am 13.1.07 haben die Herren Herzog und Gerken vom CEP einen sehr kritischen und ausführlichen Gastkommentar in der Welt veröffentlicht zum Thema "Europäische Union gefährdet die parlamentarische Demokratie in Deutschland". Da ich davon ausgehen kann, daß Sie diesen wichtigen Denkanstoß innerhalb der CDU bereits diskutiert haben, möchte ich von Ihnen wissen, ob Sie sich persönlich für die darin genannten "Veränderungsvorschläge" der beiden Herren intensiv einsetzen werden, um die bereits entstandenen und geschilderten Macht-Anmaßungen auch im Hinblick auf die EU-Verfassung und unsere palamentarische Demokratie nicht mehr zuzulassen? Werden Sie diese Erfordernisse insbesondere der Frau Bundeskanzlerin Merkel anraten oder kann alles so wie bisher weiterlaufen?
Mit freundlichen Grüßen
Peter Obliers
Sehr geehrter Herr Obliers,
vielen Dank für Ihr Schreiben vom 17. Januar 2007 zum Thema EU-Verfassung und dem Beitrag von Altbundespräsident Herzog und CEP-Direktor Lüder Gerken in der „Welt am Sonntag“.
Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hält an der politischen Substanz des Verfassungsvertrages fest, der einen erheblichen Fortschritt gegenüber dem derzeit gültigen Nizza-Vertrag bedeutet. Der Verfassungsvertrag stärkt das Demokratieprinzip auf europäischer Ebene und gibt dem Bundestag wichtige Rechte. So können die Mitglieder des Deutschen Bundestages in Zukunft bereits im Vorfeld europäischer Gesetzgebungsvorhaben die Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips prüfen und gemeinsam mit anderen Parlamenten die Kommission zu einer Überarbeitung ihrer Vorschläge zwingen. Das Prinzip der „doppelten Mehrheit“ bei Abstimmungen im Rat sichert Deutschland ein höheres Gewicht.
Durch den Verfassungsvertrag werden zudem Demokratie und Grundrechtsschutz verbessert. So werden die Befugnisse des Europäischen Parlaments als Mitgesetzgeber gestärkt und das Mitentscheidungsverfahren wird ausgeweitet. Gleichzeitig wird – und das ist eine der wesentlichen Neuerungen des Verfassungsvertrages – die direkte Beteiligung der nationalen Parlamente am europäischen Gesetzgebungsprozeß eingeführt.
Danach ist erstmals vorgesehen, dass die nationalen Parlamente Vorschläge der Kommission für Gesetzgebungsakte im Hinblick auf die Übereinstimmung mit dem Subsidiaritätsprinzip überprüfen und gegebenenfalls eine mit Gründen versehene Stellungnahme abgeben können, wenn sie eine Verletzung des Subsidiaritätsprinzips festgestellt haben (so genanntes Frühwarnsystem). Ist ein Drittel der nationalen Parlamente derselben Auffassung, muss die Kommission ihren Vorschlag überprüfen. Außerdem haben die nationalen Parlamente erstmals ein Klagerecht vor dem Europäischen Gerichtshof, falls ihrer Meinung nach ein Rechtsakt der EU das Subsidiaritätsprinzip verletzt. Dieses Recht steht in Deutschland sowohl dem Bundestag als auch dem Bundesrat zu.
Es gibt jedoch sicherlich noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten und auch noch einige Missstände. Die Sorgen die Altbundespräsident Herzog und CEP-Direktor Lüder Gerken in ihrem Beitrag in der „Welt am Sonntag“ geäußert haben, sind daher durchaus ernst zu nehmen und sollten in den weiteren Diskussionsprozess einfließen
Mit freundlichen Grüßen
Norbert Königshofen