Frage an Norbert Barthle von Armin K. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Barthle,
die Auschwitzüberlebende Esther Bejarano und die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA) fordern, dass der 8. Mai ein bundesweiter Feiertag werden muss.
Aufgrund zunehmender gesellschaftlicher Polarisierung mit antisemistischen, rassistischen und ausländerfeindlichen Aktivitäten auf der einen Seite, halte ich es für ein starkes gesellschaftliches Signal, des Kriegsendes, den 8. Mai 1945, mit einem eigenen Feiertag zu gedenken. Es würde sicherlich für die andere Seite, Menschen mit demokratischen, sozialen und völkerverbindenden Einstellungen Ansporn sein. Ich möchte an die Worte des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker erinnern, der vom 8. Mai 1945 als einem Tag der Befreiung sprach.
Meine Frage an Sie lautet: welche konkreten Schritte haben Sie bereits unternommen oder planen Sie, damit der 8. Mai 2021 endlich ein bundesweiter Feiertag wird?
Mit freundlichen Grüßen
Armin Kolb
Sehr geehrter Herr Kolb,
vielen Dank für Ihre eMail und die Frage.
Ich bin nicht sicher, ob Deutschland wirklich einen weiteren Feiertag benötigt.
Der 8. Mai hat inzwischen auch für Deutschland einen hohen Stellenwert, nicht zuletzt die Rede des von Ihnen genannten Bundespräsidenten Dr. Richard von Weizsäcker zum 40. Jahrestag am 8.5.1985 hat maßgeblich dazu beigetragen.
Allerdings gebe ich zu bedenken, daß dieses Datum nicht für alle Deutschen der „Tag der Befreiung“ war: Für die ehemaligen Bürger der DDR wurde eine menschenverachtende Diktatur durch eine andere ersetzt.
Für mich wäre die Einordnung als – auch bundesweiter – Gedenktag denkbar und angemessen; dabei kommt es auf die innere Haltung an. Einen Feiertag würden zu viele Mitbürger als „freier Tag“ übersetzen.
Hinsichtlich eines weiteren Feiertags dürfen wir auch die ökonomischen Folgen nicht außer Acht lassen: Die volkswirtschaftlichen Kosten belaufen sich auf mind. 10 Milliarden Euro. Angesichts der Belastungen durch die Corona-Pandemie steht eher die Streichung von Feiertagen auf der Tagesordnung als die Einführung neuer.
Mit freundlichen Grüßen nach Gmünd
Ihr Norbert Barthle