Frage an Norbert Barthle von Josef F. bezüglich Bundestag
In der Coroankrise wurde quasi über Nacht entschieden, Milliarden in die Gesellschaft zu pumpen. Aber nicht entschieden wird über die Verkleinerung des Bundestages. Langsam wird das unerträglich. Gibt es dafür eine Erklärung? Oder ist die Politikverdrossenheit wieder die einzige Reaktionsmöglichkeit des Bürgers?
Sehr geehrter Herr Frühwirth-Roth,
vielen Dank für Ihre eMail über Abgeordnetenwatch.
Eine Teilantwort auf Ihre Frage lautet, daß sich bei den Milliardenhilfen für die Wirtschaft nahezu alle Parteien im Bundestag einig waren, daß man unsere Unternehmen angesichts der Corona-Pandemie nicht einfach ihrem Schicksal überlassen darf. Bei der – dringend notwendigen – Reform des Wahlrechts gibt es diese Einigkeit nicht.
Das liegt zum einen daran, daß die Materie wirklich kompliziert ist, zum anderen gehen die Vorstellungen, wie so eine Reform grundsätzlich angelegt werden soll, auch nach unzähligen intensiven Gesprächen der zuständigen Verhandlungsführer diametral auseinander.
Ich möchte das an einem kurzen Beispiel dokumentieren: Es gibt einen gemeinsamen Vorschlag der drei Oppositionsparteien FDP, Linke und Grüne. Dieser hätte – unter anderem – zur Folge, daß ein Kandidat, der im Wahlkreis die Mehrheit der Erststimmen erhält, also das Direktmandat gewinnt, nach einigen Verrechnungen doch nicht in den Bundestag einzieht. Die Person, der die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger eines Wahlkreises das Vertrauen schenkt, darf sie nicht in Berlin vertreten; statt dessen käme evtl. ein Listenkandidat zum Zuge, der nur einen einstelligen Prozentsatz an Erststimmen erreicht hat. Eine solche Lösung ist für die CDU, die wie keine andere Partei über Direktmandate in den Bundestag einzieht und dort die Bürger unmittelbar repräsentiert, nachvollziehbar inakzeptabel. Schon heute stehen den 299 Direktmandaten 410 Listenmandate gegenüber – dabei soll dieses Verhältnis eigentlich bei 50:50 liegen. Ein weitere Schwächung der Direktmandate zugunsten der von den Parteien zusammengestellten Landeslisten würde diese Schieflage weiter vergrößern.
Ich persönlich unterstütze einen Vorschlag, der den Deutschen Bundestag wieder auf seine „eigentlich“ vorgeschriebene Größe von 598 Abgeordneten begrenzt: 299 Direktmandate und 299 Listenmandate. Damit bleibt er arbeitsfähig und auch „bezahlbar“.
Mit freundlichen Grüßen auf den Rehnenhof
Ihr Norbert Barthle