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Norbert Barthle
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Frage von Matthias S. •

Frage an Norbert Barthle von Matthias S. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Barthle,

ich schätze Sie als besonnenen Politiker und wende mich daher an Sie in der Hoffnung auf ehrliche Antworten.

Der neue Bundespräsident Gauck sagte heute in seiner Antrittsrede, dass wir nicht wissen, "ob wir den Kindern und Enkeln dieses Landes Geld oder Gut vererben werden".

Gleichzeitig sagt der Ex-Chefvolkswirt der EZB, Jürgen Stark, im heutigen Handelsblatt, dass die Inflation zu hoch ist und wir schon seit längerem negative Realzinsen haben, d.h. jeder Sparer wird täglich kalt enteignet. Wer 100.000 Euro gespart hat, wird jedes Jahr real um gut 1.000 Euro enteignet, bei schlechtem Zins sogar um etwa 2.000 Euro pro Jahr.

Der neue EZB-Präsident Draghi, vormals Investmentbanker bei Goldman Sachs, ist Italiener und hat als seine erste Amtshandlung die Schleusen der EZB geöffnet und 1000 Mrd. Euro an die Banken gegeben. Geholfen hat dies vor vor allem den Banken, vor allem in Draghis Heimat, sowie italienischen Staatsanleihen.

Als deutschem Bürger läuft es einem jedes Mal kalt den Rücken herunter. Was passiert hier eigentlich? Wird der ehrliche Sparer betrogen und enteignet, damit sich die cleveren Steuerhinterzieher, Banker usw. in Europa weiterhin ein schönes Leben auf Kosten anderer machen können? Werden wir Deutschen jetzt jahrelang kalt enteignet? Wäre es da nicht ehrlicher, eine Vermögenssteuer einzuführen, wie es andere Parteien verlangen? Dann würden wenigstens alle Vermögen gleichermaßen zur Finanzierung der Krise herangezogen werden.

Ich fürchte, dass sich hier starke soziale Spannungen aufbauen und irgendwann entladen. Die einen schwimmen in Geld und werden reicher und reicher, die normalen Bürger werden dagegen heimlich enteignet, weil die Zinsen viel zu niedrig sind im Vergleich zur Inflation. Ist das alles von der Poltiik gewollt? Wie stehen Sie dazu? Als Gesetzgeber haben Sie doch Einflussmöglichkeiten? Muss das Volk nicht vom Parlament beschützt werden?

In der Hoffnung auf ein paar ehrliche Antworten.

M. Schwarzer

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schwarzer,

vielen Dank für Ihre eMail.

Für die von Ihnen geäußerten Sorgen habe ich durchaus Verständnis. Lasse ich die Briefe, eMails, Anrufe und persönlichen Gespräche der letzten Monate Revue passieren, sind Sie auch nicht gerade allein mit Ihren Befürchtungen.

Die von Ihnen beobachteten niedrigen bis hin zu negativen Realzinsen liegen derzeit an niedrigen Nominalzinssätzen, nicht an hoher Inflation. Diese ist derzeit noch niedrig, könnte aber in Zukunft aufgrund der hohen Liquidität im Markt noch steigen. Daher werden wir die EZB darin bestärken, dass sie alles dafür tun wird, ihre Zielmarke für die Inflation einzuhalten.

Niedrige Nominalzinsen sind eine Konsequenz der Krise, sowohl die niedrigen Leitzinsen als auch die schwachen Renditen für deutsche Staatsanleihen. Letztere spiegeln wider, dass Deutschland in der Krise sicherer Hafen und Stabilitätsanker ist. Es kann keiner wollen, dass wir diesen Status aufgeben.

Aus gutem Grund haben wir als Gesetzgeber keinen Einfluss auf die Geldpolitik. In einer Krisensituation wie dieser müssen wir niedrige Realzinsen akzeptieren. Erst wenn die Eurozone sich nachhaltig stabilisiert, werden wir wieder steigende Zinsen erleben. Aber wie wir in der jetzigen Krise erleben können, können hohe Renditen auf Staatsanleihen auch mehr Fluch als Segen sein - nämlich dann, wenn sie als „Risikoaufschlag“ eine schlechte wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung in einem Land reflektieren.

Letztlich gilt es eine Situation zu befördern, in der sich ein Zinsniveau einpendelt, dass zwischen diesen Extremen liegt. Eine umsichtige Geldpolitik ist ein wesentlicher Baustein dafür, genauso wie eine konsequente Politik, die die nachhaltige Konsolidierung der öffentlichen Haushalte mit wirksamen strukturellen (und nicht expansiven und damit teuren) Impulsen für die Realwirtschaft verbindet.

Mit freundlichen Grüßen nach Stuttgart

Ihr Norbert Barthle

PS: Ein kleiner Hinweis noch: Als MdB wird man nicht reich. Auch wir sparen - und fürchten daher mit Ihnen eine zu hohe Inflation...