Frage an Norbert Barthle von frieder r. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Barthel ,
Sicherlich ist Ihnen das Konzept zur „Eindämmung der Euro Krise“ von ehemaligen Staatsekretär Walther Otremba (ein ausgewiesen Fachmann und Politikprofi) bekannt und es wurde sicherlich im Haushaltsausschuss und in Ihrer Fraktion ausführlichste diskutiert- trotzdem möchte kurz, für den interessierten Leser, die Vorteil des Otremba Konzepts aufzeigen ( http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-80818250.html ):
1. Der Ausfall der (versicherten) Staatsanleihen ist zu 100 % durch eine Ausfallversicherung abgesichert –es kann also wieder Vertrauen im Anleihenmarkt entstehen.
2. Es besteht ein hoher Anreiz den eigenen Staatshaushalt zu sanieren, ohne Eingriff in die Staatsaushalte von außen, weil die hohen Zinsen (im Vergleich zu den Bundesanleihen) bestehen bleiben.
3. Für Investoren sind die (versicherten) Anleihen der „Schuldenländer“ attraktive, weil sie eine absolut sichere Anleihe in Verbindung mit einer höre Rendite verspricht (als beispielsweise die Rendite eine Bundesanleihe).
4. Die „Schuldenländer“ finanzieren durch die Zinsaufschläge die Ausfallversicherung (mit) und leisten damit einen nicht unerheblichen finanziellen Beitrag zur Absicherung der Staatsanleihen im Euroraum.
6. Ein Teil der anfallenden Einnahmen der Finanzmärkte aus den Zinsaufschlägen (in den letzten drei Jahren 100 Milliarden Euro) würde zu Absicherung der Währungsunion abgezweigt oder könnte für einen Art Marshallplan verwendet werden
7. Die „Geberländer“ könnten eine „Rendite“ aus der Versicherungsprämie für Ihre Bürgschaft bekommen bzw. die Versicherungseinnahmen reduzieren die Bürgschaft des deutschen Steuerzahlers und würden diese vielleicht sogar irgendwann komplett ersetzten.
Warum wurde das Otremba Konzept nicht realisiert bzw. wo liegen aus Ihrer Sicht die Schwachpunkte die einer Realsierung des Otremba Konzeptes unmöglich machen?
Diese Frage geht auch an Ihren Kollegen, Frau Merkel, Herr Frankenhauser, Herr Fricke, Herr Bartsch und Frau Dörner.
Sehr geehrter Herr Rinwald,
vielen Dank für Ihre Mail, in der Sie sich für die Umsetzung der Vorschläge des ehemaligen Staatssekretärs Otremba aussprechen. Wie Sie sicherlich wissen, wurde auf europäischer Ebene in den vergangenen Monaten sehr intensiv um eine Antwort auf die Staatsschuldenkrise "gerungen". Es ist unübersehbar, dass sich die europäische Staatsschuldenkrise noch einmal zugespitzt hat. Um den temporären Rettungsschirm EFSF noch schlagkräftiger auszugestalten - nicht zuletzt um einen ausreichend großen und robusten "Schutzwall" gegen mögliche Ansteckungsgefahren aufgrund der größeren Privatsektorbeteiligung an einem zweiten Griechenlandpaket aufzuspannen - haben die Staats- und Regierungschefs der Euro-Zone im Oktober 2011 zwei Modelle zur Optimierung der Instrumente der EFSF beschlossen. Eines der beiden Modell beruht auf der Idee einer Versicherungslösung und ähnelt damit der Idee von Herrn Otremba. Kernidee der beschlossenen Versicherungslösung ist die Teilabsicherung einer neuen Anleihe eines Mitgliedstaates, der sich auf dem Markt nicht mehr zu normalen Konditionen refinanzieren kann. Konkret ist ein Kreditausfallschutz von 20 bis 30 Prozent des Nominalwertes neuer Staatsanleihen betroffener Euro-Mitgliedstaaten vorgesehen.
Ich selbst war bei den Verhandlungen auf europäischer Ebene nicht beteiligt, da die Verhandlungen allein in der Hand des Finanzministers liegen. Insofern kann ich nicht beurteilen, inwieweit die verschiedenen vorgeschlagenen Modelle konkret in die Diskussionen eingeflossen sind. Wichtig ist mir aber allein das Ergebnis. Und das ist stimmig und ausgewogen. Das europäische Modell einer Teilversicherung ist keine 1:1 Umsetzung der Idee von Herrn Otremba, da dieser u.a. die Versicherung aller auf dem Primär- und Sekundärmarkt gehandelten Anleihen und für den Zeitraum des Aufbaus der Reserven aus den Versicherungsprämien de facto eine gesamtschuldnerische Haftung vorsieht. Dennoch deckt sich das nun auf europäischer Ebene installierte Modell in einem zentralen Element mit dem Otremba-Vorschlag. Ich glaube, dass wir damit ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Ansteckungsgefahren etabliert haben. Dass dies nur ein Schritt ist und viele weitere folgen müssen, versteht sich von selbst. Wir werden weiter mit aller Kraft für die Stabilisierung unserer gemeinsamen Währung arbeiten, von deren Notwendigkeit und Nutzen ich weiterhin zutiefst überzeugt bin.
Mit freundlichen Grüßen nach Nordhessen
Ihr Norbert Barthle