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Norbert Barthle
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Frage von Gerhard F. •

Frage an Norbert Barthle von Gerhard F. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Barthle,

als Mitglied des Haushaltsausschussees müssen Sie sich mit dem Regelwerl des ESM-Vertrages auseinandersetzen, vermute ich.
Soweit mir möglich habe ich einige Passagen darin entdeckt, die mir höchst bedenklich erscheinen. So scheint es kaum eine Möglichkeit zu geben dieses budget, einmal festgelegt, zu korregieren, erneut darüber zu entscheiden.
Die Artikel scheinen mir so ausgelegt zu sein, dass nationale Parlamente kaum noch eine Einflussmöglichkeit bekommen, einmal zugestimmt.
Ist das so?
Geben wir damit der EU eine Blanko-Vollmacht, die nicht mehr korregiert werden kann.
Wie rechfertigen Sie das als Abgeordnete gegenüber dem deutschen Volk.
Warum werden diese Artikel nicht so publiziert, dass dies jeder nachlesen kann, auch im internet zu suchen. Bei dieser Summe wäre m.E. eine volksbefragung angebracht.

Auf eine Antwort wartend
verbleibe ich mit freundlichen Grüssen
Gerhard Fischer

Portrait von Norbert Barthle
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Fischer,

vielen Dank für Ihre Fragen zum ESM. Ich freue mich, anhand dieser Fragen einige Unklarheiten zu beseitigen, die von vielen Bürgerinnen und Bürgern geteilt werden.

Der ESM wird über einen Gouverneursrat verfügen, gebildet aus den Finanzministern der Eurozonen-Mitgliedstaaten, sowie über ein Direktorium, in das jeder Gouverneur für sein Land einen Vertreter für den Bereich Wirtschaft und Finanzen entsendet. Wesentliche Entscheidungen einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen werden einstimmig durch die Finanzminister der Eurozonen-Mitgliedstaaten im Gouverneursrat getroffen. Deutschland hat also schon an dieser Stelle ein „Vetorecht“.

Aber auch die Beteiligung des Deutschen Bundestags wird sehr strikt erfolgen, ähnlich der Beteiligungsrechte am temporären Rettungsschirm EFSF, die gerade vom Parlament verabschiedet werden und bei deren Ausgestaltung ich federführend mitgewirkt habe. Bei allen zentralen, den Bundeshaushalt betreffenden Maßnahmen wird es einen klaren Parlamentsvorbehalt geben; d. h., der deutsche Vertreter darf bei Entscheidungen der EFSF und später des ESM nur zustimmen, wenn vorher der Deutsche Bundestag seine Zustimmung ausgesprochen hat. Damit wird auch das deutsche Parlament ein effektives Vetorecht haben.

Ich sehe hier an keiner Stelle eine "Blanko-Vollmacht, die nicht mehr korrigiert werden kann."

Zudem: Unterstützung durch den ESM wird ausschließlich unter strikten
Bedingungen gewährt werden.
1.) nur unter strikter Konditionalität im Rahmen eines wirtschaftlichen
Reform- und Anpassungsprogramms,
2.) nur, wenn die Stabilität der Eurozone insgesamt gefährdet ist und
3.) nur auf Basis einer Schuldentragfähigkeitsanalyse der Europäischen
Kommission, des IWF und der EZB.

Was Ihre Frage nach meiner "Rechtfertigung" betrifft: Ich bemühe mich nach Kräften, unser Land und besonders unseren Bundeshaushalt so gut wie möglich durch die Krise zu helfen. Das grundsätzliche Problem von uns Politikern ist, daß wir entscheiden MÜSSEN, obwohl oftmals nur eine unzureichende Datenbasis zur Verfügung steht. Als Historiker kann nach 10 oder 20 Jahren bewerten, wie sich diese oder jene Entscheidung ausgewirkt hat, ob diese oder jene Alternative nicht besser gewesen wäre. Diesen Luxus haben wir nicht. Manchmal hat man sogar nur die Wahl zwischen zwei nicht so überzeugenden Lösungen, dann nimmt man - notgedrungen - die bestmögliche. Sie können fest davon ausgehen, daß ich mich daran orientiere, den für unser Land schonendsten Weg aus der Krise zu finden.

Mit freundlichen Grüßen nach Überlingen

Ihr Norbert Barthle