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Frage von Sandra E. •

Frage an Norbert Barthle von Sandra E. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Lieber Herr Barthle

in der vorletzten Sendung von Frontal21 im ZDF vom 1. Februar erfährt man von einer kleinen Änderung im Baugesetzbuch.

Im Baugesetzbuch hieß es früher: Zitat: "Landwirtschaft…ist…Tierhaltung auf überwiegend eigener Futtergrundlage." Das heißt: früher musste ein Bauer seine Tiere vorwiegend mit selbsterzeugtem Futter ernähren.

Jetzt steht im Gesetz: Zitat: "Landwirtschaft…ist…Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den…landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann."
Und so werden Massentierhalter, die nur Industriefutter verwenden, zu Bauern mit Bauprivilegien.

Der Trick: Tierfabriken zählen nicht mehr zur Industrie, sondern zur Landwirtschaft. Und Landwirte dürfen dort bauen, wo es der Industrie verwehrt ist. Die Folge: Immer mehr Tiere, immer mehr Ställe.

frontal21.zdf.de

Damit fließen Gelder die für den Ökolandbau vorgesehen sind an Großbetriebe und damit gerade in den Bereich der von der Mehrheit der Bevölkerung nicht erwünscht wird.

Desweiteren geht ja mit der Massentierhaltung ein Trend einher, den ich persönlich abscheulich finde: 20 Hühner auf 1 Quadratmeter, unglaublich viel Gülle, erhöhte Nitratwerte im Grundwasser, billig billig billg, u.v.m.

Sicherlich betrifft uns das Problem im Rems-Murr-Kreis bei weitem nicht so sehr wie in Niedersachsen, aber ich würde gerne Ihre Meinung und Ihr Verhalten hinsichtlich Ökolandbau erfahren. Wie setzen sie sich für ein Nachhaltige LAndwirtschaft ohne Massentierhaltung ein.

viele Grüße,

S. Endrullis

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Antwort von
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Sehr geehrte Frau Endrullis,

vielen Dank für Ihre eMail, die mich am 10. Februar via Abgeordnetenwatch erreicht hat.

Sie sprechen zwei verschiedene Punkte an, auf die ich einzeln eingehen möchte.

Zum Thema Baugesetzbuch:
Ich habe das Gefühl, daß Sie - oder Frontal 21 - hier zwei unterschiedliche Punkte zusammengeworfen haben. Grundsätzlich können Intensivtierhaltungsbetriebe auf zwei verschiedenen Wegen im Außenbereich privilegiert sein: § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB gilt für landwirtschaftliche Betriebe. Die Definition eines solchen Betriebs findet sich in § 201 BauGB: Landwirtschaft im Sinne dieses Gesetzbuchs ist insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden, landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt werden kann, ..." Hier haben Sie in Ihrer Anfrage unvollständig zitiert; bewusst oder unbewusst lassen Sie (bzw. Frontal21) hier "zum landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden" einfach weg.
Zum anderen können derartige Betriebe über § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB genehmigt werden, wenn es "wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll."
Insofern kann ich nicht sehen, dass hier automatisch "Massentierhalter zu Bauern werden", die Möglichkeiten stehen nebeneinander.

Zudem, und das ist mir besonders wichtig, gibt es nach einem Antrag keine automatische Genehmigung. Behörden und Gemeinden haben nach bestehendem Recht selbstverständlich die Möglichkeit, die Genehmigung gewerblicher Tierhaltungsanlagen zu steuern, z.B. durch Bebauungs- und Flächennutzungspläne.
Auch weitere gesetzliche und untergesetzliche Vorschriften, wie z.B. das Bundesimmissionsschutzgesetz, das Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz etc. müssen selbstverständlich eingehalten werden. Die Kommunen müssen von ihren Möglichkeiten vor allem Gebrauch machen, das Instrumentarium ist da.

Jetzt will ich nicht behaupten, daß es in diesem Bereich keine Probleme gebe. Dies betrifft zwar eher nicht unseren Wahlkreis, sondern nördlichere Bundesländer, aber auf Fehlentwicklungen muss die Politik natürlich reagieren. Das muss aber behutsam passieren und nicht mit Schnellschüssen, die die Entwicklungsmöglichkeiten landwirtschaftlicher Betriebe vernichten.

Dann sprechen Sie das Thema Ökolandbau an, der Beitrag spielt auf die Änderung der Zweckbestimmung für das Bundesprogramm „Ökolandbau“ (BÖL) im Rahmen der Beratungen zum Haushalt des BMELV für das Jahr 2011 an. Lassen Sie mich vorab einiges klarstellen: Die CDU/CSU-Fraktion war es, die bereits in der Großen Koalition das Gegeneinander in der Agrarpolitik beendet hat. Rot-Grün hatte die Agrarwirtschaft gespalten: konventionell wirtschaftende gegen Ökobetriebe, Verbraucher gegen Land- und Ernährungswirtschaft, Landwirte gegen Umwelt- und Naturschützer im ländlichen Raum. Wir haben uns für einen anderen politischen Weg entschieden, den wir auch fortsetzen wollen.
Leider sind im Zusammenhang mit der Änderung des Haushaltstitels zum BÖL von einigen Verbänden Ungenauigkeiten, z.T. auch Unwahrheiten über diese Maßnahme verbreitet worden. Dies hat zu einer gewissen Verunsicherung in der Branche geführt und sicher auch den Frontal21-Bericht beeinflusst. Daher möchte ich Ihnen im Folgenden einige Fakten präsentieren:

Auch der Haushalt des BMELV erbringt seinen Beitrag zur dringend notwendigen Konsolidierung des Bundeshaushaltes. Dies gehört zu einer verantwortlichen Politik. So sinkt der Gesamtetat des BMELV im Jahr 2011 um über 6 % auf etwa 5,45 Mrd. € (2010: 5,84 Mrd. €). Dies bedeutet ein Minus von über 350 Mio. €.
Vor diesem Hintergrund sind in den abschließenden Haushaltsberatungen alle Haushaltspositionen auf den Prüfstand gekommen, auch das BÖL. Die Branche für ökologisch produzierte Lebensmittel hat in den vergangenen Jahren eine hervorragende Entwicklung genommen. So betrug der Umsatz mit Bio-Lebensmitteln und Getränken im Lebensmitteleinzelhandel im vergangenen Jahr 5,8 Mrd. €. Wir begrüßen dies ausdrücklich. Jedes Unternehmen, also auch jeder landwirtschaftliche Betrieb, sollte aus unserer Sicht die Produktionsrichtung ergreifen können, in der er die Chance auf wirtschaftlichen Erfolg hat. Wenn eine Branche eine gute Entwicklung nimmt, dann ist es aber auch nachvollziehbar, dass Programme zur punktuellen Förderung unter die Lupe genommen werden.

Als Ergebnis unserer Beratungen haben wir den Haushaltsansatz im BÖL trotz anderweitiger erheblicher Haushaltsbelastung unverändert bei 16 Mio. € belassen. Aber auch in der konventionellen Landwirtschaft werden Wirtschaftsweisen angewandt, die dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit in besonderer Weise Rechnung tragen, z.B. Maßnahmen zum Bodenschutz, Gewässerschutz, oder dem Schutz vor Erosion. Dies kann z.B. durch Zwischenfruchtanbau, erweiterte Fruchtfolgen oder dem Erhalt von Landschaftselementen erreicht werden.

Wir als CDU/CSU-Fraktion wollen Informationsdefizite in der Bevölkerung über diese nachhaltigen Wirtschaftsformen beseitigen. Insbesondere wollen wir dabei die regionale Vermarktung und die Produktion auf sensiblen Standorten berücksichtigen. Daher haben wir uns innerhalb der Regierungskoalition auf eine Erweiterung der Zweckbestimmung des BÖL-Haushaltstitels auf „Zuschüsse zur Förderung des ökologischen Landbaus und anderer nachhaltiger Formen der Landwirtschaft“ verständigt. Diese Verständigung wurde am 11. November 2010 in der Bereinigungssitzung des Haushaltsausschusses des Bundestages umgesetzt. Auch nach dieser Umbenennung wird der Schwerpunkt des Förderprogramms in der Umsetzung von Forschungsmaßnahmen liegen.
Daß für den Ökolandbau vorgesehene Fördermittel an Großbetriebe fließen, kann ich nicht erkennen; da müssten Sie etwas konkreter werden.

Mit freundlichen Grüßen nach Backnang

Ihr Norbert Barthle