Frage an Norbert Barthle von Ulrich P. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Barthle,
ich spreche Sie als Mitglied des Haushaltsausschusses und als Vorsitzender der Arbeitsgruppe Haushalt der CDU/CSU an. Der Sachverständigenrat hat in der vergangenen Woche in beispielloser Weise die Schulden- politik der Regierung angegriffen. Diese Kritik ist bei der Regierung, soweit feststellbar ist, auf kein Verständnis gestoßen. In einem Gespräch mit der Südwest-Presse bezeichnet der Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen" Professor Franz diese Schuldenpolitik als "Münchhausenpolitik".
Das verkündete Ziel, die neuen Schulden werden durch erhöhte Steuereinnahmen wieder reingeholt, ist völlig unrealistisch. Werden Sie als führender "Haushälter" diese für die nachfolgende Generationen unverantwortliche Schuldenpolitik mittragen? Halten Sie es für angemessen, die Ausführungen der Wirtschafts-Professoren zu ignorieren? Werden die jetzige Probleme durch Aufblähung der Staatsschulden auf die nachfolgende Generationen verlagert ? Wie weit beeinflussen die Zinsbelastungen und die hohen Sozialkosten die Gestaltungsmöglich- keiten des Haushaltes? Im Wahlkampf hat die FDP (ich weiß, dies ist nicht Ihre Partei) in einem Sparbuch von Einsparungen von über 10 Milliarden € gesprochen. Warum wird nicht auf der Ausgabenseite der Sparstift angesetzt? Wird der Haushalt nach kurzfristigen Erwägungen aufgestellt ?
Besten Dank für die Beantwortung meiner Fragen.
Mit freundlichen, landsmännischen Grüßen
Ulrich Parth
Sehr geehrter Herr Parth,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Sie haben mir eine größere Anzahl von Fragen gestellt, ich möchte mich daher auf die wesentlichen beschränken:
Selbstverständlich nehmen wir die Meinung des Sachverständigenrats sehr ernst, deckt sie sich doch in vielen Bereichen mit der Meinung der Union. Ich möchte eingangs vereinfachend auf meine Pressemittelung vom 13. November 2009 „Rat der Sachverständigen richtig einordnen!“ verweisen, die Sie auf der Internetseite der CDU/CSU-Bundestagsfraktion finden können ( www.cducsu.de ). Auch wir sehen die nachhaltige Konsolidierung als ein dringendes Ziel an. Denn hier geht es um die Generationengerechtigkeit. Die Schuldenlast bindet erhebliche Mittel für unproduktive Zinsausgaben, die wir lieber z.B. in die Verbesserung zukunftsträchtiger Infrastruktur oder in Bildung/Forschung einsetzen wollen.
Insoweit steht die Union zu der Einhaltung des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts. Dies hat Bundesfinanzminister Dr. Schäuble erst vor wenigen Tagen in Brüssel bestätigt und mit seiner klaren Position am Ende auch unseren Partner Frankreich zum Einlenken bewegen können. Unsere Haltung auf EU-Ebene ist nach wie vor für viele Partner ein Vorbild.
Daneben bekennen wir uns zu der Schuldenbremse, die wir erst vor wenigen Monaten im Grundgesetz verankert haben. Danach darf das strukturelle Defizit in 2016 nur noch 0,35 % des BIP betragen, unabhängig wie gerade die Konjunktur läuft. Dies müssen wir ab 2011 in gleichmäßigen Abbauschritten erreichen, wahrhaft ein ehrgeiziges Ziel.
Trotz dieser klaren Ziele - im Übrigen auch so von uns im Koalitionsvertrag mit der FDP verankert - müssen wir uns auch die besondere Krisensituation bewusst machen. Ein strenger Sparkurs würde die Krise kurzfristig immer weiter anheizen. Wir würden der Krise letztlich hinterher sparen. Sehr schlechte Erfahrungen haben wir mit dieser Art der Politik in der Wirtschaftskrise der Weimarer Republik gemacht.
Wir gehen daher einen anderen Weg mit dem Ziel, mit Ende der Krise wieder auf einen strikten Konsolidierungskurs einzuschwenken. Insoweit unterscheiden wir uns in der Tat in diesem Punkt von den Empfehlungen des Sachverständigenrats. Dies ist zwar bedauerlich, jedoch auch nicht wirklich etwas Neues. Auch in früheren Jahren haben Politiker ganz unterschiedlicher politischer Ausrichtung nicht immer die Empfehlungen des Sachverständigenrats geteilt, sondern aufgrund einer weiterreichenden Sacherwägung davon abweichende politische Entscheidungen getroffen.
Die aktuelle Situation erfordert Entscheidungen, die nicht immer bequem oder einfach sein mögen. Wir sind nach langen Abwägungen überzeugt, dass wir den richtigen Weg einschlagen und auch mit den aktuellen Gesetzen die Grundlage dafür legen, dass unser Land schnell und gestärkt aus dieser Kreise hervorgehen wird. Dies steht nicht im Widerspruch zu den o.g. Zielen der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Norbert Barthle