Frage an Nina Stahr von Manfred U. bezüglich Jugend
Sind Sie dafür, dass für Kinder ab 18 das Erwachsenen-Strafrecht zwingend
vorgeschrieben wird? Also bei Mord nicht nur max. 10 Jh.
Wenn Sie beim Strafrecht zu Ausnahmen bereit sind, und diese Jugendlichen
und WAHLBERECHTIGTEN mit 18 Jahren nicht die nötige Reife für die Anwendung
des Erwachsenenstrafrechtes haben, DANN verstehe ich Ihre Einstellung zum
Wahlalter ab 16 absolut nicht. M.E. gehört auch beim wählen eine gewisse
Reife. Brauchen Sie diese Kinder so dringend um gewählt zu werden, denn es
ist bekannt, dass in diesem Alter um die 16 Jahre noch sehr viele Träume und
Wünsche im Vordergrund stehen. Ich persönlich bin schon beim Wahlrecht ab
18 Jahren kritisch gewesen und bin es immer noch wenn ich sehe wie hier
von Rechtsseite noch oft zwischen Jugendlich und Erwachsen unterschieden wird.
Sehr geehrter Herr Umlauf,
was ist an den von Ihnen angesprochenen Träumen und Wünschen schlecht? Ich empfinde es als durchweg positiv, dass junge Menschen mit Träumen und Wünschen wählen gehen, solchen Träumen dadurch vielleicht eine konkrete Richtung oder einen Kanal geben können. Dabei geht es mir nicht darum, mit unserer Politik die Stimmen der Jugendlichen zu gewinnen, sondern darum, dass sie, egal bei welcher Partei, Gehör finden. Aus Wünschen können Initiativen oder Interessengruppen, eben ein gewaltiges Potenzial an zivilgesellschaftlichem Engagement entstehen. Bitte verzeihen Sie mir allerdings, dass ich hier die näheren Gründe nicht noch einmal darlege, ich verweise auf die Antwort der Frage von „Jase“ auf dieser Seite. Wichtig ist mir aber zusätzlich dazu noch, darauf hinzuweisen, dass politische und gesellschaftliche Willens- und Meinungsbildung auf junge Menschen einen positiven Einfluss haben. Sich bewusst zu machen, dass die eigene Meinung von Relevanz ist und zu wissen, welche Möglichkeiten es gibt, um diese Meinung kundzutun und zu diskutieren, schafft Selbstbewusstsein und Gemeinschaftsgefühl. Und es wirkt der Politikverdrossenheit entgegen.
Auf den ersten Blick mag sich ein Widerspruch auftun, wenn ich einerseits das Wahlrecht auf 16 Jahre absenken möchte, aber andererseits nicht für eine Annäherung des Jugendstrafrechts an das Erwachsenenstrafrecht bin oder sogar eine Streichung der Jugendstrafbarkeit befürworte. Diesen Widerspruch kann ich für Sie entkräften: Das Jugendstrafrecht ist nicht dafür da, Jugendliche sanfter zu behandeln. Es soll auch kein konkretes Alter festlegen, bei dem ein junger Mensch plötzlich eine andere Verantwortungshaltung einnehmen soll als noch vor Erreichen dieses Alters. Es wurde in Abgrenzung zum Erwachsenenstrafrecht entworfen, um Jugendliche zu erziehen, in eine bestimme Richtung zu lenken, nicht um, wie es bei Erwachsenen Praxis ist, zu ahnen und zu sühnen. So glaube ich, dass eine hohe Geld- oder eine lange Gefängnisstrafe bei Jugendlichen den richtigen Weg weniger aufzeigt, als ein soziales Training, eine Langzeittherapie, eine Wiedergutmachungsleistung oder unbezahlte gemeinnützige Arbeit. Das Einsetzen des Jugendstrafrechts ist daher auch von Fall zu Fall zu entscheiden, so wie es in Deutschland üblich ist. Die Energie und die Finanzen, die wir in der Kriminalisierung von Jugendlichen verschwenden, müssen wir zur Prävention, Aufklärung und nicht zuletzt für die empirische Erkenntnisgewinnung zum Thema Jugendkriminalität nutzen. Modelle wie der „Warnschussarrest“ sind für mich dabei keine Lösung, sondern Populismus.
Eine Verschärfung oder sogar eine Streichung des Jungendstrafrechts ist aus meiner Sicht kontraproduktiv. Jugendliche nach Erwachsenenstrafrecht zu bestrafen, verhindert die erfolgreiche Nutzung von oben genannten Maßnahmen im Jugendstrafrecht. Vielmehr brauchen wir eine Präventionsstrategie statt Repression, in der die Jugendhilfe und die schulbegleitende Sozialpädagogik finanziell stärker gefördert wird, damit schon Anzeichen von Gewaltbereitschaft erkannt und behoben werden können.
Gerne beantworte ich Ihnen weitere Fragen zu dem Thema, die sich nach meiner Antwort auftun.
Mit freundlichen Grüßen,
Nina Stahr