Wie rechtfertigen Sie die Änderung des Elterngeldes?
Meine Frau und ich bekommen im April/Mai 2024 Zwillinge. Wenn die geplante Änderung in Kraft tritt dürfen wir uns nur 1 Monat gemeinsame Eltern Zeit nehmen, die bezahlt wird. Wenn wir nicht in die existenzbedrohende Armut rutschen möchten muss einer von uns weiterhin vollzeit arbeiten gehen, während der andere sich alleine um die Kinder kümmert. Wie sollen wir das schaffen? Was hat Sie zu diesem Beschluss bewegt? Halten Sie das für fair vor allem nachdem Sie das Bürgergeld auch noch erhöht haben?
Sehr geehrter Herr G.,
Zwillings- und Mehrfachgeburten sowie Eltern von Kindern mit Behinderung sind aus der neuen Regelung ausgenommen. Sie und Ihre Frau können also so viele Monate parallel Elterngeld beziehen, wie Sie mögen.
Unabhängig davon kann ich den Ärger von Eltern verstehen, die zukünftig nur noch einen Monat lang gleichzeitig Elterngeld beziehen können. Grundsätzlich bin ich der Auffassung, dass Einsparungen bei Familien falsch sind. Es ist bitter, dass nun doch ausgerechnet bei Familien gekürzt wird. Der ursprüngliche Vorschlag von Familienministerin Lisa Paus sah vor, die Kappungsgrenze beim Elterngeld auf 150.000 Euro zu versteuerndes Jahreseinkommen herunterzusetzen, um den Einsparvorhaben des Finanzministers nachzukommen. Damit hätte es keine Einschränkung des Parallelbezugs von Elterngeld gegeben. Der Vorschlag von Familienministerin Paus zum Elterngeld trug den harten Sparforderungen des Finanzministers Rechnung.
Keine Frage: diese Lösung fand ich besonders gleichstellungspolitisch problematisch. Auf der anderen Seite war es aus meiner Sicht die sozialverträglichste Lösung, weil ansonsten bei allen Familien hätte gekürzt werden müssen. Andere realistische Kürzungsmöglichkeiten jenseits des Elterngeldes gab es im Haushaltsetat des Bundesfamilienministeriums nicht, da wir nicht beim Unterhaltsvorschuss oder dem Kinderzuschlag kürzen wollten, denn diese Leistungen sind für Alleinerziehende oder Menschen mit geringem Einkommen essentiell.
Es war der FDP sehr wichtig, die Einkommens-Kappungsgrenze höher anzusetzen, als im ursprünglichen Vorschlag des Familienministeriums vorgesehen, und daher musste ein neuer Kompromiss erzielt werden. Statt der Absenkung der Einkommensgrenze ab dem 01.01.2024 von 300.000 Euro auf 150.000 Euro, wird es nun eine schrittweise Senkung der Einkommensgrenze auf 200.000 Euro geben. Dadurch federn wir den Übergang für diejenigen Familien ab, die durch die ursprüngliche Regelung aus dem Elterngeldbezug gefallen wären. Das kommt insbesondere Familien zugute, die bald ein Kind erwarten und vielleicht schon im Voraus geplant haben, welcher Elternteil wann Elterngeld beziehen könnte. Diese Familien können an ihren Planungen festhalten. Ab April 2025 wird die Einkommensgrenze auf 175.000 Euro je Paar absinken. Um dies unter den Vorzeichen des Sparhaushalts finanzieren zu können, wird der gleichzeitige Bezug des Elterngelds eingeschränkt: Während Paare zwar weiterhin parallel Elternzeit nehmen können, kann das Elterngeld nur noch einen Monat lang parallel bezogen werden.
Ich hätte mir persönlich gewünscht, dass wir beim Vorschlag der Familienministerin geblieben wären, damit es eben diese Einschränkung des Parallelbezugs nicht gegeben hätte. Einigungen können aber nun mal nur über Kompromisse erzielt werden.
Kurz zum Bürgergeld: Die vorgenommene Anhebung setzt das Urteil des Bundesverfassungsgerichts um, wonach das Existenzminimum für alle - auch für Familien im Bürgergeldbezug - gesichert sein muss. Es handelt sich also um eine verfassungsrechtlich vorgegebene Anpassung des Bürgergelds an die Preisentwicklung, der auch die Union zugestimmt hat und gegen die sie nun leider eine populistische Kampagne fährt.
Ich wünsche Ihnen, Ihrer Frau sowie ihrem Kind und Ihnen gemeinsam als Familie alles Gute.
Freundliche Grüße
Nina Stahr