Wird bei aller Euphorie für Sanktionen und Waffenlieferungen auch daran gedacht, wie sich nach Kriegsende gesellschaftlich verantwortlich zu verhalten?
Sehr geehrter Herr Schmid, als 83 jähriger habe ich bei Ende des zweiten Weltkrieges noch miterlebt , wie die deutsche Bevölkerung keine Zukunft mehr sah. Womit wollen sich diejenigen bei Ende des Krieges in der Ukraine rechtfertigen, die jetzt alle Brücken mit Russland abbauen möchten? Sollte die Bundesregierung und das Parlament nicht mehr Aufmerksamkeit auf das danach richten, als sich von außen für Zustimmung zu immer nachhaltigen Kriegsmaßnahmen drängen zu lassen? Mit Grüßen
Sehr geehrter Herr M.
danke für Ihre Nachricht, auf die ich Ihnen gerne antworte. Zunächst will ich klar sagen, dass es keine „Euphorie für Sanktionen und Waffenlieferungen“ gibt, wie Sie das in Ihrer Nachricht behaupten. Ich würde mir selbstverständlich wünschen, dass wir in einer Welt leben, in der wir diese weitreichenden Schritte nicht gehen müssen. Aber leider hat Putin einen brutalen Angriffskrieg gegen die Ukraine gestartet, der zu einer schrecklichen humanitären Katastrophe und unermesslichen menschliche Leid geführt hat. Auch Sie kennen die Berichte und Bilder aus der Ukraine, von der enormer Brutalität und Grausamkeit, mit der das russische Militär gegen die Zivilbevölkerung vor geht, wie die aktuellen Nachrichten über die schrecklichen Gräueltaten in Butscha und Kramatorsk zeigen. Putin hat mit seinem völkerrechtswidrigen Überfall auf die Ukraine die Grundfesten unserer europäischen Friedens- und Sicherheitsordnung zertrümmert.
Ich bin davon überzeugt, dass wir neben den harten Sanktionen auch unsere Waffenlieferungen weiter ausbauen müssen, damit das militärische Gleichgewicht zugunsten der Ukraine verschoben und Putin so zu ernsthaften Verhandlungen gezwungen werden kann. Und ich finde es gut, dass Deutschland hier bereits viel leistet: Wir haben nicht nur Panzer- und Luftabwehrwaffen geliefert, sondern engagieren uns auch über die Europäische Union, die zusätzlich eine Milliarde an Militärhilfe bereitgestellt hat – und diese nun noch einmal um 500 Millionen Euro aufstockt. Wichtig ist auch, dass wir uns bei unseren Waffenlieferungen eng mit unseren Verbündeten abstimmen, wie es beispielsweise letzte Woche beim Nato-Außenministerrat gemacht wurde.
Die Bundesregierung geht den richtigen Weg, in dem sie eng abgestimmt mit unseren Freunden und Partnern in Europa, Nordamerika und der Welt konsequent und entschlossen auf die Zeitenwende reagiert hat. Wir sehen, dass unsere harten Sanktionen der Wirtschaft in Russland bereits massive Schäden zugefügt haben. Jetzt ist es an der Zeit, diese erneut nachzuschärfen und zu erweitern, weshalb ich auch das gerade von der EU gebilligte fünfte Sanktionspaket, das auch ein Kohleembargo miteinschließt, unterstütze. Neben Sanktionen und Waffenlieferungen ist es auch wichtig, dass wir weiterhin diplomatischen Druck auf Putin ausüben, wie etwa durch die Telefonate zwischen Olaf Scholz und Wladimir Putin, bei denen sich der Bundeskanzler eng mit den Präsidenten von Frankreich und der Ukraine abstimmt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Nils Schmid, MdB