Einige Kommunen haben ja angeboten mehr afghanische Ortskräfte aufzunehmen. Weshalb hat die GroKo das nicht gestattet und wird sich unter der Ampel-Koalition daran etwas ändern?
Sehr geehrter Herr Schmid,
Einige Städte und Kommunen haben ja die Möglichkeit angemeldet weitere afghanische Ortskräfte aufnehmen zu können, allerdings ist die GroKo (bzw. das Bundesinnenministerium) nicht darauf eingegangen, trotz der kritischen Lage vieler dieser Ortskräfte. Angeblich argumentierte das Innenministerium, dass (ich zitiere aus dem Spiegel Ausgabe, 48/21) "man [...] keinen Alleingang im europäischen System [wolle]". Ist dies wirklich ihr stärkstes Argument und wenn ja, wie kann sich die SPD da noch ernsthaft eine soziale Partei nennen? Außerdem würde mich interessieren ob und wie sie das in der neuen Ampel-Koalition zu ändern gedenken.
Sehr geehrter Herr L.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Neben der Aufnahme von seit 2013 bei deutschen Behörden beschäftigten afghanischen Ortskräften sowie afghanischer StaatsbürgerInnen, denen auf Grund einer besonderen Gefährdung seitens der Bundesregierung eine Aufnahmezusage für die Bundesrepublik nach § 22 Satz 2 Aufenthaltsgesetz angeboten wurde, setzen wir uns für die Aufnahme weiterer, in besonderem Maße gefährdeter AfghanInnen ein.
Eine solche Aufnahme sollte aber über Bundesaufnahmeprogramme organisiert werden, hat sich doch gezeigt, dass die für die Aufnahme notwendigen, zahlreichen Schritte (Auswahl und Überprüfung der betreffenden afghanischen Staatsbürger, Verteilung auf einzelne Standorte, Klärung, ob bzw. wer Verpflichtungserklärungen für die Ankommenden übernimmt, usw.) die Länder und Kommunen bisweilen organisatorisch nicht entsprechend ausgestattet waren, während der Bund hier über größere Kapazitäten verfügt. Die Zuständigkeit für die Koordination der humanitären Aufnahme liegt daher auch sinnvollerweise beim Bundesinnenministerium, das sich in der Vergangenheit jedoch wenig zustimmend gegenüber solchen Anliegen verhielt.
Sie können daher davon ausgehen, dass wir uns weiterhin, auch an die Adresse des BMI unter neuer Leitung, dafür einsetzen werden, dass mit einem Bundesaufnahmeprogramm weiteren, besonders gefährdeten afghanischen Staatsbürger geholfen werden kann. So haben wir es übrigens auch im Koalitionsvertrag vereinbart (siehe S. 142).
Im Übrigen ist Deutschland auch jetzt schon bereit, eine große Anzahl gefährdeter AfghanInnen aufzunehmen. Wir haben bisher Aufnahmezusagen für 4.590 Ortskräfte und 19.966 Angehörige erteilt. Daneben umfasst die vom Auswärtigen Amt geführte Liste der besonders gefährdeten Afghaninnen und Afghanen (auch Menschenrechtsliste) rund 2.600 Personen. Für diese und deren engste Familienangehörigen hat das BMI Aufnahmezusagen erteilt, insgesamt ca. 6.600 Personen. Derzeit sind allerdings mit Blick auf die mit einer Aufnahmezusage ausgestatteten afghanischen Staatsbürger weniger die Aufnahmekapazitäten in Deutschland das Problem, als vielmehr die Schwierigkeiten, vor denen die Betroffenen, Bund und UNHCR stehen, um die individuelle AUSREISE aus Afghanistan zu ermöglichen.
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid