Frage an Nils Schmid von Konrad S. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr DR. Schmid
Warum wird bei der von ihrem Parteikollegen geplanten Finanztransaktionssteuer nur der Aktien käufer herangezogen,während hochspekulative Anlageformen wie Derivate bzw.Hochfrequenzhandel
(die massgebend an der Finanzkrise beteiligt waren)aussen vor bleiben?
Mit freundlichen Grüssen
S. Konrad
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Frage zum Thema Finanztransaktionsteuer, welche ich gerne beantworte.
Eine Finanztransaktionsteuer (FTS) einzuführen, ist schon seit Jahren ein wichtiges Anliegen der SPD. Daher freut es mich sehr, dass wir diese im aktuellen Koalitionsvertrag verankern konnten. In diesem wurde 2017 vereinbart: „Die Einführung einer substanziellen Finanztransaktionsteuer wollen wir zum Abschluss bringen.“ Die Bundesregierung setzt sich aktuell dafür ein, eine FTS auf europäischer Ebene einzuführen. In einer Gruppe von zehn Staaten wird in der sogenannten verstärkten Zusammenarbeit über eine Einführung verhandelt. Die Grundlage für die Verhandlungen bildet der sogenannte deutsch-französische Vorschlag. Das ist ein guter Schritt in die richtige Richtung, da die FTS schon seit vielen Jahren verhandelt wird, jedoch in der Ägide von Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nicht zum Abschluss gebracht wurde.
Nach dem Vorschlag sollen Transaktionen von im Inland emittierten Aktien inländischer Unternehmen besteuert werden. Voraussetzung ist, dass die Marktkapitalisierung der Unternehmen einen Wert größer einer Milliarde Euro aufweist. Der Steuersatz wird bei 0,2% liegen. Die EU-Kommission hat eine Schätzung des Steueraufkommens auf Grundlage der französischen FTS durchgeführt. Bei einem Steuersatz von 0,2% würde sich für die zehn teilnehmenden Staaten aus der verstärkten Zusammenarbeit ein Steueraufkommen von ca. 3,5 Milliarden Euro ergeben. Auf Deutschland könnten ca. 1,5 Milliarden Euro entfallen. Einen erheblichen Teil dieser Einnahmen werden wir für die Finanzierung der Grundrente verwenden. Damit wird ein zentrales Vorhaben für mehr Gerechtigkeit in unserem Land durch eine faire Steuer finanziert.
Wie von Ihnen erwähnt, werden Derivate und andere Finanzprodukte nicht in der Bemessungsgrundlage berücksichtigt. Damit sind wir nicht zufrieden. Der Grund hierfür ist jedoch die Blockade verschiedener Staaten. Der aktuelle Vorschlag ist somit der kleinste gemeinsame Nenner zum jetzigen Zeitpunkt. Dies steht jedoch der zukünftigen Ausweitung der FTS auf keinen Fall im Weg. Finanzminister Olaf Scholz (SPD) und die SPD-Bundestagsfraktion werden dieses Ziel weiter entschieden verfolgen.
Wichtig für die Bewertung der Auswirkungen der Steuer auf Privatanleger ist, dass mit dieser Steuer nicht der Aktienbesitz sondern der Aktienhandel besteuert wird. Kleinanleger sind keine Aktienhändler und auch keine Spekulanten. Menschen, die für ihr Alter vorsorgen, sind an langfristigen Anlagen interessiert, nicht an kurzfristigen Kursgewinnen. Sie sparen langfristig, kaufen die Aktien und lassen sie dann über einen längeren Zeitraum im Depot liegen. Die Steuer wird nur einmal beim Kauf der Aktie fällig. Durchschnittliche Privatanleger zahlen also weitaus weniger Steuern als solche, die auf kurzfristige Kursgewinne spekulieren und eine Vielzahl von Transaktionen in kurzer Zeit durchführen. Auch der niedrige Steuersatz i.H.v. 0,2 % hält die Kosten für Privatanleger in engen Grenzen.
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid