Frage an Nils Schmid von Heike R. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Schmid,
mit Verwunderung lese ich erneut die, meiner Ansicht nach, absurden Reparationsforderungen der Griechen und Polen für den 2.Weltkrieg.
Wie rechnet die unverschämte polnische Forderung eigentlich den enormen "Landgewinn", den sie Deutschland weggenommen haben?
Muss man da nicht noch mehr etwaige Forderungen Russlands fürchten, das ja die Hauptlast getragen hat?
Zumal Merkel Merkel ja angesichts der 5 Millionen ermorderter Juden von einer Staatsräson gegen Israel spricht. Da gabe es doch sicher auch eine Staatsräson gegen Russland, angesichts derer 25 Millionen Toter durch Hitlerdeutschland?
Fürchtet die Regierung nicht, dass dann auch alles anderen Länder ihre "Forderungen" aufmachen werden?
Wieso macht die Regierung nicht öffentlich für uns Bürger klar, dass wir nicht die "Melkkuh" Europas sind?
Mir kommt Deutschland immer mehr vor, als seinen wir das "Schlaraffenland" für alle in Europa und der Welt, wo man sich zu bedienen versucht.
Schuld ist nicht vererbbar !!!
Mit freundlichem Gruß
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau R.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Sie haben Recht, persönliche Schuld ist nicht vererbbar, aber wir alle tragen eine moralische Verantwortung dafür, dass die furchtbaren Taten, die vom nationalsozialistischen Deutschland ausgingen, sich nie mehr wiederholen werden. Dem von Deutschland entfesselten Angriffskrieg und der sich daran anschließenden Besatzungs- und Vernichtungspolitik fielen Millionen Menschen zum Opfer, gerade in unserem Nachbarland Polen. Das sollte uns eine Mahnung für die Zukunft sein: Rassismus, Antisemitismus und Fremdenhass haben in Deutschland keinen Platz. Wir müssen sie bekämpfen – mit der überzeugten Zivilcourage der ganzen Gesellschaft und der Härte des Rechtsstaats. Deshalb setzt sich Deutschland auch International für Frieden, Aussöhnung und den Schutz der Menschenrechte ein. Was die Reparationsforderungen angeht, so sind die polnischen Reparationsforderungen rein rechtlich laut einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages (Sachstand WD 2 - 3000 - 066/19) vom 14. Juni 2019 juristisch abgegolten. Im Fazit heißt es hierin:
„Mögliche polnische Ansprüche sind der Bundesregierung zufolge mit der 1953 abgegebenen und 1970 bestätigten ausdrücklichen unilateralen Verzichtserklärung untergegangen. Tatsächlich hatte der polnische Ministerrat 1953 ebenso wie die UdSSR den Verzicht auf weitere deutsche Kriegsreparationen erklärt, der 1970 vom stellvertretenden polnischen Außenminister Winiewicz während der Vertragsverhandlungen zum Warschauer Vertrag nochmals bestätigt wurde.“
Durch dieses Gutachten, wird die Rechtsauffassung der Bundesregierung bestätigt, dass Polen auf weitere Reparationszahlungen längst verzichtet hat. Im Zusammenhang mit Forderungen anderer Länder, beispielsweise Griechenland, verweise ich an dieser Stelle auf eine Anfragebeantwortung des Parlamentarischen Staatssekretärs beim Bundesminister der Finanzen, Karl Diller, vom 30. Januar 2003 (Bundestagsdrucksache 15/414):
„Nach dem Zweiten Weltkrieg hat es – zumindest für die Bundesrepublik Deutschland – keine dem Versailler Vertrag vergleichbaren Reparationsregelungen und damit auch keine nachvollziehbaren längerfristigen Reparationszahlungen gegeben. Vielmehr haben die Siegermächte einseitig Reparationen entnommen, die insgesamt gesehen ein Mehrfaches des von der Potsdamer Konferenz ursprünglich in Aussicht genommenen Gesamtumfangs ausmachen. Im Rahmen der Deutschen Einigung wurde der Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland – der so genannte Zwei-plus-Vier-Vertrag – abgeschlossen. Die Bundesregierung hat diesen Vertrag in dem Verständnis abgeschlossen, dass damit auch die Reparationsfrage endgültig erledigt ist. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag sieht keine weiteren Reparationen vor.“
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid, MdB