Frage an Nils Schmid von Fabian H. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Schmid,
heute wird im Bundesverfassungsgericht über die Grundsteuer verhandelt. "Durch die Umlegung der Grundsteuer auf die Mieten könnte es sein, dass in Ballungsräumen die Mieter sehr hohe zusätzliche Belastungen tragen müssten und das sollte die Politik verhindern." werden Sie in https://www.swr.de/swraktuell/bw/die-grundsteuer-vor-dem-bundesverfassungsgericht/-/id=1622/did=20976156/nid=1622/uso8dv/index.html zitiert.
Dazu habe ich einige Fragen:
- Wollen Sie die Hebesätze bei einer Grundsteuerreform abschaffen? Über Hebesätze konnten auch schon in der Vergangenheit Kommunen die Steuerbelastung auf ein gewünschtes Maß anheben oder senken. Über den Länderfinanzausgleich würden Subventionierungen von Ballungsräumen mit teuren Grundstücken von den Steuerzahlern allgemein ausgeglichen. Es müsste nicht Mieter in Ballungsräumen treffen.
- eine reine Bodenwertsteuer, wie sie z.B. der Deutsche Mieterbund und der NABU fordern, würde sich mietsenkend in Ballungsräumen auswirken. Warum wird u.a. hier anschaulich erklärt: http://www.grundsteuerreform.net/fragen-antworten/mieten-und-preisentwicklung/ Sprechen Sie sich demnach auch für eine Bodenwertsteuer statt des Kostenwertmodells aus?
- Welche Vorteile sehen Sie darin, als Alternative zum Kostenwertmodell die Grundsteuer durch eine reine Bodenwertsteuer zu ersetzen?
MfG aus dem Ballungsraum Hamburg,
F. H.
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Mail. Da davon auszugehen ist, dass das Bundesverfassungsgericht in diesem Jahr die Grundsteuer in der jetzigen Form auf Grund der völlig veralteten Einheitswerte für Grundbesitz kippen wird, ist eine Reform ebenso dringlich wie notwendig.
Erstes Ziel dieser Reform muss daher sein, die bestehenden Ungerechtigkeiten in der Besteuerung zu beseitigen. Zugleich sollte auch ein Wertbezug der Grundsteuer erhalten bleiben, da eine reine Bodensteuer letztlich dazu führen würde, dass der Besitzer einer sehr hochwertigen Immobilie genau so viel Grundsteuer zahlen muss, wie der Eigentümer einer erheblich weniger wertigen Immobilie. Weiter braucht diese Reform Mechanismen, die mögliche flächendeckende Steuererhöhungen ausgleichen und damit Auswirkungen auf Mieter möglichst gering halten. Deshalb bin ich auch für die Beibehaltung des kommunalen Hebesatzrechts, ist dies doch eine der Stellschrauben, mit denen die Kommunen die Höhe der Steuer vor Ort regeln können. Und schließlich sollte die Grundsteuer als nach der Gewerbe- und Einkommenssteuer drittgrößte und für die Leistungen der kommunalen Daseinsvorsorge elementar wichtigen Einnahmequelle auf jeden Fall erhalten bleiben.
Für den Wertbezug der Grundsteuer spricht zudem, dass dadurch brachliegende Grundstücke in teuren Innenstadtlagen auf Grund der seit 1964 bzw. 1935 massiv gestiegenen Preise höher besteuert würden. Die Einbeziehung des Gebäudewerts schafft damit einen Anreiz für die Bebauung, da die erzielbaren Mieteinnahmen immer noch wesentlich höher sind als die zusätzliche Grundsteuerbelastung. In dem Zusammenhang konnten wir im Koalitionsvertrag durchsetzen, dass Grundstücksspekulationen durch die Besteuerung von unbebauten Grundstücken in Ballungsräumen durch die Einführung einer Grundsteuer C zusätzlich unattraktiver werden.
Der Ende 2016 vorgelegte Reformvorschlag des Bundesrates erscheint zudem als vernünftige Grundlage für weitere Überlegungen, da er nicht die Höhe bzw. das Aufkommen der Grundsteuer berührt (das Hebesatzrecht bleibt mit diesem Vorschlag bei den Kommunen), sondern die Neuverteilung der derzeitigen Steuerhöhe zwischen den einzelnen Grundstücken. Sollte die Umlagefähigkeit der Grundsteuer auf die Miete Bestand haben, wird darauf zu achten sein, dass - und dieses Ziel hat auch der Bundesrat in seiner Entschließung deutlich gemacht - eine Grundsteuerreform nicht zu höheren Belastungen für Mieter führt. Da die Neubewertung bei vielen Grundstücken (z.B. in den östlichen Bundesländern) jedoch zu tendenziell höheren Bewertungen führen würde, müssten in diesem Fall durch Änderung der landesspezifischen, gesetzlich festzulegenden Steuermesszahlen sowie der kommunalen Hebesätze Wertanstiege ausgeglichen werden.
Letztlich werden für eine Reform der Grundsteuer aber die kommenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts abzuwarten sein, unter deren Beachtung dann die weiteren Schritte erfolgen.
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid