Frage an Nils Schmid von Jürgen M. bezüglich Senioren
Sehr geehrter Herr Dr. Nils Schmid,
Ihre Partei will das Rentenniveau bei 48 Prozent stabilisieren. Wie stellen Sie sich einen solchen Eingriff in mathematische Prozesse vor? Mir hat man schon in der vierten Klasse Volksschule beigebracht, dass das Wichtigste beim Prozentrechnen die »Basis« ist. Für mich als Rentner ist also Basis die Durchschnittseinkommen aus der Einkommensstatistik. Mit deren Entwickung wird alljährlich der aktuelle Rentenwert und die Erhöhung der laufenden Renten errechnet. Durch die Zulassung von Geringverdienerarbeitsverhältnissen sinkt diese »Basis« stetig. Auch jeder Beitrag zur sogenannten »Riester«-Rente schmälert das steuerpflichtige Einkommen und damit die Statistik.
Mit freundlichen Grüßen
J. M.
Lieber J. M.,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Zuerst: Das Versprechen, das Absinken des Rentenniveaus zu stoppen, ist weit mehr als eine mathematische, vor allem eine politische Frage, die durch entsprechende Gesetze umgesetzt werden muss. Sie zielen aber zu Recht auf die Berechnungsgrundlage für die Renten, bei der die Entwicklung der Einkommen eine große Rolle spielt. Deshalb wissen wir auch, dass die beste Garantie für auskömmliche Renten sichere und gut bezahlte Erwerbsbiographien sind.
Der Mindestlohn, den wir in Berlin durchgekämpft haben, ist daher nicht nur eine Frage der Gerechtigkeit und der Wertschätzung von Arbeitsleistung gewesen, sondern auch ein wichtiges sozialpolitisches Mittel, um für bessere Einkommen und damit auch bessere Renten in Deutschland zu sorgen. In diesen Kontext gehört ebenso der leider durch die Blockade der CDU am Ende nur teilweise erfolgreiche Versuch, die Leih- und Zeitarbeit einzuschränken. Aber unter anderem dank des Mindestlohns steigen seit 2013 die Reallöhne in Deutschland wieder an. Ihre Beobachtung, dass das Durchschnittseinkommen und damit die Basis für die Rentenberechnung sinkt, trifft also heute gar nicht mehr zu. Auch der aktuelle Rentenwert als Ergebnis aus der Rentenanpassungsformel, um die es Ihnen ja geht, ist während der letzten Legislaturperiode pro Jahr immer zwischen 2,5 Prozent und fast 6 Prozent pro Jahr gestiegen.
Um nun aber politisch die Renten stabil zu halten und gleichzeitig keinen neuen Druck auf die Höhe der Beiträge auszuüben, werden wir über den jetzt schon beachtlichen Zuschuss aus dem Bundeshaushalt in die Rentenkasse hinaus den Steueranteil in der Rentenfinanzierung erhöhen. Das SPD-Konzept versucht damit, die berechtigten Erwartungen der Älteren auf eine angemessene Renten und den Kampf gegen Altersarmut mit den Interessen jüngerer Generationen, die zunächst ihre Beiträge in die Kassen im Blick haben, in Einklang zu bringen. Es geht uns in der Rentenpolitik vor allem um einen fairen Ausgleich. Ich möchte Sie im Hinblick auf die Finanzierung auch auf das SPD Steuerkonzept verweisen, das u.a. eine Erhöhung der Reichensteuer für Einkommen über 250.000 Euro und eine stärkere Besteuerung von Kapitalerträgen vorsieht.
Um die Gretchenfrage der Rentenpolitik über die Frage nach der Berechnungsgrundlage in aller Deutlichkeit zusammenzufassen: Bleibt Angela Merkel Kanzlerin, wird sich am geplanten Absinken des Rentenniveaus auf 43% bis 2030 nichts ändern. Nur wenn die SPD den Kanzler stellen kann, lässt sich das verhindern.
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid