Frage an Nils Schmid von Ymme S. bezüglich Wirtschaft
Sehr geehrter Herr Schmid,
Merkel und Gabriel wollen TTIP. Gleichzeitig wollen sie "Fluchtursachen bekämpfen". Das ist ja wohl ein logischer und ganz praktischen Widerspruch. TTIP verhindert einen fairen Handel mit Afrika: Abschottung gegen afrikanischen Märkte. Gleichzeitig wird durch land-grabbing durch die Golf-Staaten, Libyen, Amerika, China, Europa, Südkorea die Chance vereitelt, daß Afrika seine Ernährung jemals sichern kann. Beispiel: Biospritpflanzen (zudem genetisch verändert und damit die Biodiversität gefährdend), Blumen für Europa, Getreide für Saudi-Arabien. Die AfD spricht sich gegen TTIP aus - zurecht, meine ich.
Sehr geehrte Frau S.,
herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich im Auftrag von Herrn Schmid beantworten darf.
Zunächst zu Ihren Bedenken hinsichtlich der Auswirkungen von Freihandelsabkommen auf afrikanische Staaten. Im Kern geht es um die komplexe Frage, wie sich sog. Präferenzabkommen auf Drittländer auswirken. Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, da die Effekte – neben vielen anderen Faktoren – je nach Produkten und dem Umfang des Handels mit der EU oder den USA unterschiedlich ausfallen können. TTIP kann sowohl handelsschaffende Effekte zu Gunsten, als auch handelsumlenkende Effekte zu Lasten von Drittstaaten haben. Es gilt also, mögliche negative Effekte zu minimieren.
In ihrem Wahlprogramm zur kommenden Landtagswahl lehnt die AfD TTIP in der Tat ab. Doch aus welchen Gründen? Dort heißt es auf Seite 41ff:
„Für eher begrenzte Handelsvorteile, die auch auf andere, die Souveränität nicht gefährdende Weise zu erlangen wären, nimmt die Bundesregierung im Verein mit der EU die Entmachtung demokratischer Institutionen und die Übertragung von Staatsfunktionen auf demokratisch nicht legitimierte private Einrichtungen in Kauf. Sie akzeptiert die Schaffung einer Paralleljustiz in Gestalt internationaler Schiedsgerichte und die massive Einschränkung der kommunalen Autonomie durch wettbewerbslenkende Maßnahmen wie z.B. Privatisierungsvorschriften. So sollen z.B. einmal privatisierte staatliche Aufgaben faktisch nicht mehr in die staatliche Hoheit zurückgeführt werden können. Darüber hinaus ist vorgesehen, dass Gesetzesentwürfe schon im Vorfeld in einem sogenannten „Rat zur Kooperativen Regulation“ auf Ihre TTIP-Konformität überprüft werden sollen. Hiermit würde dem Lobbyismus ein institutionalisierter Rechtsanspruch zugebilligt. Zur Durchsetzung sollen die Abkommen ab Ratifizierung in der EU sofort in allen EU-Staaten „vorläufig“ in Kraft treten.
Die AfD lehnt dies kategorisch ab*und fordert stattdessen bilaterale Abkommen mit den USA über den Abbau bürokratischer Handelshemmnisse, *die gegenseitige Anerkennung von Zertifikaten sowie die allmähliche Angleichung der technischen Normung über die internationale Normenorganisation ISO.“**
Gemäß ihrem Wahlprogramm ist die AfD also nicht in Sorge um das ökonomische Wohl von Drittstaaten, sondern steht einem bilateralen Abkommen mit den USA prinzipiell offen gegenüber.
Vielmehr geht es um die „üblichen“ Bedenken hinsichtlich privater Schiedsgerichte und Privatisierungszwänge. Bedenken, die wir als SPD bereits von Anfang an aufgegriffen haben. Denn für uns gilt: Freihandel ist kein Selbstzweck! Die SPD setzt sich dafür ein, dass weder private Schiedsgerichte, noch Absenkungen unserer hohen Standards in den Bereichen Umwelt-, Verbraucher-, Arbeits- und Datenschutz Bestandteil von TTIP werden. Auch mit Blick auf die Daseinsvorsorge in den Kommunen wird die SPD keine direkten oder indirekten Zwänge zur Privatisierung akzeptieren.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Wechsler
(wiss. Mitarbeiter)