Nils Schmid MdB SPD
Nils Schmid
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Frage von Andreas S. •

Frage an Nils Schmid von Andreas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schmid,

Sie erklärten im Gespräch mit den Stuttgarter Nachrichten: "Wir müssen sehr klar sagen: Die AfD ist eine rechtsradikale Partei."
Führende Politiker Ihrer Partei fordern gar eine Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz.
Dazu meine Fragen:
- Welche objektivierbaren Kriterien wenden Sie an, um zu klären, ob eine Partei rechtsradikal ist oder nicht?
- Ist Ihnen bekannt, dass es neben der Patriotischen Plattform in der AfD durchaus auch einen starken liberalen Flügel gibt, dem beispielsweise auch der Spitzenkandidat der AfD, Herr Meuthen, angehört und dass es darüber hinaus einen starken christlich-wertkonservativ orientierten Flügel in der AfD gibt? Der Kreisvorstand der AfD in Ludwigsburg besteht überwiegend aus in ihrer Kirchengemeinde engagierten Christen. Wie kommen Sie dennoch dazu, die AfD insgesamt als eine "rechtsradikale Partei" zu bezeichnen? Könnte es nicht vielleicht sein, dass Sie hier durch Erwecken eines falschen Eindruckes sich unliebsame Konkurrenz vom Halse halten möchten? Immerhin verliert die SPD in aktuellen Umfragen an Zustimmung, während die AfD hinzugewinnt...
- Ist Ihnen bekannt, dass führende Verfassungsschützer bereits die Forderung von SPD-Politikern nach Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz bereits als unbegründet abgelehnt haben?
- Sie haben die AfD in verantwortlichen Zusammenhang mit dem Handgranatenwurf auf ein Flüchtlingsheim gebracht. Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass dieser Handgranatenwurf keinerlei politischen Hintergund hatte. Wäre es nicht ein Zeichen von Souveränität und von Stil, wenn Sie sich dafür bei der AfD entschuldigen würden?

Mit freundlichen Grüßen,

A. S..

Nils Schmid MdB SPD
Antwort von
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Sehr geehrter Herr S.,

danke für Ihre Frage, die ich im Auftrag von Herrn Schmid beantworte.

Allgemein anerkannte Kriterien für Rechtsradikalismus sind: Fremdenfeindlichkeit, Überbetonung der nationalen oder ethnischen ("rassischen") Zugehörigkeit (die auch als Rechtfertigung für die Ungleichbehandlung von Menschen herangezogen wird) und antidemokratische Haltungen.

Bestimmt sind nicht alle Mitglieder der AfD rechtsradikal. Aber Mitglieder mit Ämtern, Mandaten und Funktionen, wie zum Beispiel Stadträte, Landtagskandidaten oder Vertreter der AfD in Talkshows, äußern sich so. Entscheidend ist , dass die Parteiführung - und der von Ihnen erwähnte Herr Meuthen gehört als Bundesvorsitzender wohl zweifellos dazu - rechtsradikale Äußerungen tolerieren, verharmlosen und zum normalen Meinungsspektrum der AfD zählen. Damit trägt er die Verantwortung dafür mit.

Die Entscheidung, wen der Verfassungsschutz beobachtet, trifft die Behörde selbst. Nicht vom Verfassungsschutz beobachtet zu werden, ist allerdings noch lange kein Freibrief.

Es bleibt eine Tatsache, dass die Zahl der Gewalttaten gegenüber Flüchtlingen und Flüchtlingsunterkünften dramatisch gestiegen ist. Alle, die gegen Flüchtlinge Stimmung machen, tragen mit Verantwortung dafür, dass ein gesellschaftliches Klima entsteht, in dem Gewalttaten begünstigt werden. Dem tritt Herr Schmid entschieden entgegen, auch indem er die Verantwortlichen klar benennt.

Mit freundlichen Grüßen

Michael Wechsler

(wiss. Mitarbeiter)

Nils Schmid MdB SPD
Antwort von
SPD

Lieber Herr S.,

vielen Dank für ihre E-Mail.

Natürlich ist mir bekannt, dass es innerhalb der AfD verschiedene Strömungen gibt. Dennoch ist festzuhalten, dass in dieser Partei rechtspopulistisches Gedankengut vorherrscht und häufig explizit geduldet wird.

Lassen Sie mich ein paar Beispiele machen:

· AfD-Funktionäre vergleichen den Koran mit Hitlers „Mein Kampf“ und Fritz Kuhn einen „miesen faschistoid-populistischen Scharfmacher“ (Heinrich Fiechtner – Landtagskandidat WK Göppingen), nennen Obama einen „Quotenneger“ (AfD-Schiedsgerichtmitglied Dubravko Mandic) und befürworten indirekt den Gebrauch von Schusswaffen zu Grenzsicherung (Günter Lenhardt Landtagskandidat Kirchheim/Teck). Einen Parteiausschluss zog keine dieser Äußerungen nach sich. Dabei zeugen diese Äußerungen klar von rechtem Gedankengut. Wie sich solche Gedanken mit christlichen Werten vereinbaren können, bleibt zu hinterfragen.

· Flüchtlinge wird der Fluchtgrund abgesprochen. Doch in deren Ländern herrscht Krieg, Syrien ist momentan nahezu durchgehend unbewohnbar!

O-Ton AfD-Regierungsprogramm:

"Sie lockt damit hunderte Millionen Armutsflüchtlinge nach Deutschland. Wird dieser Zustrom nicht gestoppt, so ist das Ende der deutschen und europäischen Kultur besiegelt."

Dazu die Annahme, die deutsche Kultur wäre am Ende. Klarer Rechtspopulismus.

· Es wird von Asylmissbrauch gesprochen. Der Antrag auf Asyl ist kein Missbrauch. Wenn sie einen Antrag auf eine neue Garage in ihrem Ort stellen, der wird abgelehnt, haben sie dann das Baurecht missbraucht?

O-Ton AfD-Regierungsprogramm:

Das Asylgrundrecht, in bester Absicht vor langer Zeit für Wenige geschaffen, ist durch die Verantwortungslosigkeit der Bundesregierung wie auch der grün-roten Landesregierung zur Gefahr für die Existenz unseres Landes geworden. Es muss daher nach dem Vorbild fast aller anderen Staaten der Welt zu einem Gesetz transformiert werden, welches dem Staat die Kontrolle über Art und Ausmaß der Zuwanderung ermöglicht.

Dazu die Annahme unser Land sei in seiner Existenz bedroht. So ein Schwachsinn! Wir haben die niedrigste Arbeitslosigkeit seit Jahren, haben einen riesigen Haushaltsüberschuss, ein funktionierendes Rechtssystem, niedrigste Korruption und unser Land soll in seiner Existenz bedroht sein? Angstmache und klarer Rechtspopulismus.

· Die zu uns kommenden werden vorab pauschal also nicht integrierbar bezeichnet

O-Ton AfD-Regierungsprogramm:

Die AfD spricht Klartext: Fast alle Ankommenden, die auf Dauer zu bleiben gedenken, sind keine „Flüchtlinge“.

und

Die AfD fordert mit Nachdruck die Einhaltung der geltenden Gesetze und, daraus folgend, die unverzügliche Beendigung des Massenzustroms größtenteils nicht integrierbarer, kulturfremder Menschen in unser Land.

Alle im Voraus über einen Kamm geschoren und als nicht integrierbar bezeichnet, entgegen jeglicher Ideen, Menschen könnten sich problemlos in unsere Gesellschaft integrieren. In Baden-Württemberg hat ein Drittel der Bevölkerung einen Migrationshintergrund. Haben wir Parallelgesellschaften? Das ist jeder Dritte, Herr Miller. Vorab alle neu Hinzugekommen als nicht integrierbar bezeichen? Klarer Rechtspopulismus.

Lieber Herr S., angesichts dieser Äußerungen wäre es fahrlässig, die Augen vor dem Rechtspopulismus dieser Partei zu verschließen. Anständige Menschen nehmen Abstand von dererlei Gedankengut.

Mit freundlichen Grüßen

Nils Schmid

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