Frage an Nils Schmid von Klaus-Ulrich B. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Dr. Schmid,
nach dem Koalitionsvertrag verpflichtet sich das Land zu der auf Bundesebene geltenden Schuldenbremse. Zudem verspricht die Landesregierung, die vereinbarte Kostenobergrenze beim Projekt Stuttgart 21 strikt einzuhalten („…keinen Euro mehr…“). Und Sie gehen nach wie vor davon aus, dass der Kostendeckel eigehalten wird.
Schon einen Tag nach der Volksabstimmung schiebt Bahnchef Grube jedoch nach, es müsse nun gebaut werden – auch wenn die Kosten steigen. Die Verträge, so Grube, sähen auch bei den Mehrkosten eine Beteiligung des Landes vor. Jeder der das verschweige, habe die Verträge nicht gelesen oder deren Inhalt bewusst verschwiegen.
An eine Kostenobergrenze glaubt vermutlich kein Realist.Schon im November 2010 lässt sich Verkehrsminister Ramsauer von dpa zitieren: „Gerade bei Schienenprojekten haben wir es mit rasanten Kostensteigerungen zu tun.“
Ist Ihre Erwartung also nicht ausgesprochen optimistisch, wenn nicht gar weltfremd? Sie haben offenbar - anders als Grube - keinen „Plan B“ bei Sprengung des Kostendeckels. Wie also wollen Sie die Kostenobergrenze der Landes einhalten? Wollen Sie sich etwa einer gerichtlichen Klage der Bahn aussetzen, die dann – wenn Grube den Vertrag richtig versteht - zu Ungunsten des Landes (nicht der Landesregierung!) ausgeht?
Klare Fragen also: In welchem Bereich werden Sie beim – von Bahnchef Grube kaum verschleierten – Kosten-Mehrbedarf für S21 die Haushaltsmittel kürzen oder neue Steuereinnahmen generieren?
Und laut mittelfristiger Finanzplanung sollen 2013 bis 2015 jährlich rund 2,5 Milliarden Euro im Landeshaushalt fehlen. Wo sehen Sie da angesichts der von der Vorgängerregierung hinterlassenen Schulden (EnBW, LBBW usw.) überhaupt Gestaltungsspielraum, wenn die – sehr wahrscheinlichen – Mehrkosten von S21 auf das Land zukommen? Haben Sie vor, dies der Öffentlichkeit zeitnah transparent zu machen?
Unabhängig von einer Zustimmung zu S 21 haben Bürger des Landes das Recht auf eine klare Antwort.
Sehr geehrter Herr Blumenstock,
danke für Ihre Frage, die ich im Namen von Herrn Schmid beantworte. Wir verstehen, dass die Kostenfrage von Stuttgart 21 weiterhin nicht nur Sie, sondern viele Menschen beschäftigt. Als Finanzminister versteht sich Herr Schmid dabei nicht als Interpret von Aussagen in der Presse.
Vielmehr muss sich sein Ministerium an das halten, was die Bahn im Lenkungsausschuss an belastbaren Zahlen vorlegt. Hier hat die Deutsche Bahn AG erneut dargelegt, dass wir uns voll im Kostenrahmen bewegen. Wir gehen daher davon aus, dass Herr Grube weiterhin alles daran setzt, dass dies auch so bleibt - im Interesse aller Projektpartner einschließlich der Deutschen Bahn AG selbst. Ein klares Indiz dafür ist, dass die Bahn aktuell ihr Baulogistikkonzept komplett überarbeitet hat, um Kosten einzusparen. Sie hat zudem weitere Sparmaßnahmen angekündigt.
Fakt ist: Die Landesregierung hat der Bahn auf Grundlage der Koalitionsvereinbarung mitgeteilt, dass das Land bei Übersteigen der Kostenobergrenze keine weiteren Kosten übernimmt und die Bahn in diesem Fall insofern auf eigenes Risiko handelt (vgl. Landtagsdrucksache 15/272).
Richtig ist, dass wir aufgrund der Schuldenbremse und des strukturellen Haushaltsdefizits in Höhe von ca. 2,5 Mrd. Euro vor einer immensen Herausforderung stehen. Um diese ernsthaft anzupacken ist die gesamte Landesregierung mit allen Ressorts gefordert. Wir haben deshalb eine "Kommission für Haushalt und Verwaltungsstruktur und vertieftes Haushaltscontrolling" beschlossen, die das Ziel von Minister Schmid unterstützt, den Landeshaushalt nachhaltig zu konsolidieren.
Selbstverständlich werden wir die Bürgerinnen und Bürger so früh wie möglich über die Ergebnisse informieren. Weitere Infos dazu finden Sie hier:
http://www.baden-wuerttemberg.de/de/Meldungen/274077.html?referer=86267
Mit freundlichen Grüßen
i.A. Michael Wechsler
(wiss. Mitarbeiter)