Frage an Nils Schmid von Erik W. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Dr. Schmid,
ich möchte mich zunächst bei Ihnen für die bisherig harte Haltung gegen das von Herrn Dr. Schäuble ausgehandelte geplante Steuerabkommen mit der Schweiz bedanken. Ich-neben anderen bin ganz grundsätzlich der Meinung, dass ein schlechtes Abkommen schlechter für Deutschland ist als gar kein Abkommen.
Ich habe Herr Dr. Rülke vor kurzem einige Fragen gestellt, die er größtenteils wegen meiner (angeblichen) Kriegsrhetorik nicht beantworten konnte. http://tinyurl.com/c36b7t6 Auch eine kritische Überprüfung meinerseits hat nur ergeben, dass es sich ungünstigstenfalls um 80er-Jahre-Jugendslang gehandelt hat. Ich werde die relevanten Fragen an Sie trotzdem in gewählterer Ausdrucksweise stellen.
Was spricht eigentlich dagegen, die Schweiz dazu zu bringen, ausländische Steuerhinterzieher nicht mehr zu unterstützen, sondern -ganz grundsätzlich gesehen- den betroffenen Staaten angemessene Rechtshilfe zu leisten, also dasjenige Ziel zu verfolgen, welches zur Zeit Italien in Bezug auf die Schweiz verfolgt http://tinyurl.com/84vnfwp
Würden Sie mir widersprechen, wenn ich feststelle, dass wir uns viele Rettungsmilliarden für Griechenland und Entwicklungshilfegelder für die Dritte Welt sparen würden, wenn wir die Schweiz dazu bringen würden, auf eine angemessene Besteuerung der Erträge von Ausländern zu achten, anstatt Steuerhinterziehung am Ausland zu fördern?
Aus aktuellem Anlass ergibt sich eine zusätzliche Fragestellung:
Würden Sie mir widersprechen, wenn ich feststelle, das der Haftbefehl gegen die drei Finanzbeamten aus NRW http://tinyurl.com/72gg5n5 eindeutig zeigt, dass Gesetze der Schweiz im Steuerstrafbereich und im Bankenbereich vor allem dazu entwickelt wurden, um Kriminalität von Ausländern zum Schaden des Ausland zu fördern, es sich bei der Schweiz im Steuer- und Bankenbereich (um die Nomenklatur von George Bush zu bemühen) um einen "Steuer-Schurkenstaat" handelt?
Mit freundlichen Grüßen
Erik Wille
Sehr geehrter Herr Wille,
danke für Ihre Frage zum Steuerabkommen mit der Schweiz. Ich verstehe zwar Ihren Ärger über das Verhalten der Schweiz im Umgang mit Steuerflüchtigen, halte aber nichts von pauschalen Unterstellungen und Überspitzungen. Uns ist sehr an guten nachbarschaftlichen Beziehungen gelegen, weshalb ich die Belastung der Gesprächsatmosphäre durch die Haftbefehle gegen deutsche Steuerfahnder sehr bedaure - wir waren eigentlich in guten Gesprächen.
Über die Beziehungen anderer Staaten zur Schweiz kann ich nichts sagen. Für das Steuerabkommen zwischen Deutschland und der Schweiz sind mir aber drei Punkte wichtig:
Erstens habe ich schwere Bedenken gegen die nachträgliche Versteuerung der Altvermögen, also der Legalisierung unversteuerter Vermögen. Die pauschalen Steuersätze sind eindeutig zu niedrig. Die bisher vorgesehenen Sätze von 19 bis 34 Prozent sind zu niedrig, das gilt insbesondere auch für den Mindeststeuersatz. Wenn die Schweiz schon keine Informationen über die Steuerflüchtigen liefert, dürfen die ehrlichen Steuerzahler nicht schlechter gestellt werden. Die SPD-Länder dringen zweitens darauf, dass die Schweiz Informationen über die Vermögen liefert, die als Reaktion auf das vorgesehene Abkommen in Drittstaaten transferiert werden. Es muss unattraktiv sein, Vermögen in Drittländer zu schleusen. Drittens wollen wir auch erreichen, dass die Schweiz dem deutschen Fiskus bei Stiftungen den Zugriff auf den die wirtschaftlich Berechtigten ermöglicht.
Die Steuergerechtigkeit ist für uns ein hohes Gut. Deshalb ist es wichtig, dass der Preis für die Legalisierung unversteuerten Vermögens aus der Vergangenheit angemessen ist. Das ist beim jetzigen Stand nicht der Fall. Hinzu kommt, dass das Abkommen immer noch Schlupflöcher für Steuerumgehungen bietet. Solange solche Fragen nicht geklärt sind, wird es keine Zustimmung geben.
Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid