Nils Schmid MdB SPD
Nils Schmid
SPD
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Frage von Elisabeth M. •

Frage an Nils Schmid von Elisabeth M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Schmid,

als Begründung für die von Ihnen gewollte Volksabstimmung zu S21 nach Art. 60(3) und 60(5) der Landesverfassung hört man aus SPD-Kreisen oft, eine Volksabstimmung sei vor den Wahlen schließlich versprochen worden, und sie nicht durchzuführen sei eine Art Betrug an den Wählern.
Ich habe mich vor der Wahl über die Position der SPD bezüglich einer Volksabstimmung zu S21 informiert. Ich habe nirgendwo einen Hinweis auf den Artikel 60(5) der Landesverfassung und das Ein-Drittel-Zustimmungsquorum gefunden. In Ihrem Regierungsprogramm steht: „Wir werden den Bürgerinnen und Bürgern Baden-Württembergs nach der Landtagswahl 2011 neues Vertrauen in unsere Demokratie geben und sie über die Fortführung oder den Ausstieg aus Stuttgart 21 entscheiden lassen.“
http://www.warumspd.de/cms/we_dokumente/pdf/Regierungsprogramm-nur-Text.pdf (S/48)
Über die Fortführung ODER den Ausstieg – das klingt nach einer echten, ergebnisoffenen Volksabstimmung wie in Bayern oder in der Schweiz, wo es kein Zustimmungsquorum gibt und tatsächlich eine Mehrheitsentscheidung stattfindet.
Eine Abstimmung mit dem Ein-Drittel-Zustimmungsquorum dagegen ist eine Farce und eine Verhöhnung Ihres Versprechens, „neues Vertrauen in die Demokratie“ zu geben.

Deshalb zwei Fragen:
1) Wo hat die SPD vor den Wahlen für jeden erkennbar erklärt, dass sie als Regierungspartei eine Volksabstimmung mit Ein-Drittel-Zustimmungsquorum durchführen will?
2) Wie wollen Sie diese Volksabstimmung mit Ein-Drittel-Zustimmungsquorum mit den Wahlversprechen der SPD auf „mehr direkte Demokratie“ in Einklang bringen?

Nils Schmid MdB SPD
Antwort von
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Sehr geehrte Frau Müller,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.

1. Volksabstimmung gemäß Art. 60 der Landesverfassung:
Als ich im letzten Sommer eine Volksabstimmung vorgeschlagen habe, habe ich von Beginn an den Weg über die Landesverfassung (mit dem ausdrücklichen Verweis auf Art. 60) aufgezeigt. Wir haben diesen Weg von Verfassungsexperten prüfen lassen und sowohl in Pressekonferenzen (über die ausführlich berichtet wurde, auch in Fernsehen und Radio), als auch auf einer eigenen Internetseite vorgestellt:
http://www.volksabstimmung2011.de/s21/

Ebenso haben wir im September 2010 einen entsprechenden Antrag im Landtag gestellt, der jedoch an der Regierungsmehrheit von CDU und FDP gescheitert ist.
http://www.landtag-bw.de/wp14/drucksachen/6000/14_6896_d.pdf

Die Grünen haben sich enthalten, jedoch nicht wegen des Volksentscheides, sondern wegen der Wortwahl, die eine Zustimmung zu Stuttgart 21 signalisiert hat. Sie haben daher einen Änderungsantrag gestellt, der gleichfalls eine Volksabstimmung nach Art. 60 fordert:
http://www.landtag-bw.de/wp14/drucksachen/7000/14_7099_d.pdf

Mit der neuen Mehrheit im Landtag ist der Weg nun frei dieses Vorhaben in die Tat umzusetzen; über die Frage der Formulierung werden wir uns mit den Grünen einig werden.

2. Mehr direkte Demokratie:
Zum einen haben wir uns schon in den vergangenen Jahren bemüht (d.h. konkret: im Landtag beantragt), direkt-demokratische Elemente in der Landesverfassung zu stärken:
http://www.landtag-bw.de/wp14/drucksachen/6000/14_6866_d.pdf

Auch haben wir uns dafür eingesetzt, die Quoren für Volksabstimmungen deutlich abzusenken bzw. zu streichen. Dieses Ziel verfolgen wir nun in der Regierung mit den Grünen gemeinsam weiter. Wie Sie sicher wissen, bedarf es aber zudem der Stimmen der CDU, denn hierfür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit erforderlich. CDU und FDP sind aufgerufen, zumindest das im Dezember 2010 von ihnen selbst vorgeschlagene Quorum von 25% bzw. 20% mit uns umzusetzen.

Zum anderen bedeutet eine Volksabstimmung auch zu den bestehenden Voraussetzungen ein Mehr an Demokratie, denn die Alternative dazu hieße ja: Die geschlossenen Verträge werden erfüllt (d.h. Stuttgart 21 wird gebaut), ohne dass es eine weitere verbindliche Beteiligung der Bevölkerung gibt. Andere Vorschläge, wie z.B. eine rechtlich völlig unverbindliche Bürgerbefragung, wären juristisch von vorne herein zum Scheitern verurteilt. Diese Art der Pseudobeteiligung, die letztlich (und zurecht) nur Frustration erzeugen würde, lehnen wir ab. Deshalb haben sich beide Regierungspartner im Koalitionsvertrag zu einem Verfahren nach der Landesverfassung bekannt - etwas anderes wäre ja auch abenteuerlich.

Mit freundlichen Grüßen
Nils Schmid

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