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Nils Schmid
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Frage von Uwe M. •

Frage an Nils Schmid von Uwe M. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Schmid,

Stuttgart21 wird oft als ein großer positver Impuls für die Wirtschaft Baden Württembergs angesehen. Es sollen dabei auch etliche Arbeitsplätze geschaffen oder erhalten werden. Man stellt sich das so vor: EU-, Bundes-, Landes- und Kommunale Mittel werden eingesetzt und dadurch wird wirtschaftliche Tätigkeit angeregt, die dann in vielerlei Interaktionen in der vernetzten Wirtschaft und auch Kultur führt. Auch wenn bei Großaufträgen manchmal viel Fremdleistung von Kräften ausserhalb des Landes bereitgestellt wird, wird ein Teil der Erwartung wohl zutreffen. Hierzu meine Fragen:

Direkte Auswirkung:

Ist Stuttgar21 bisher nicht so angelegt, dass in erster Linie mehr Verkehr entstehen wird. Durch folgende Ursachen: voraussichtlich 18 Jahre Großbaustelle in Stuttgart mit 2000 zusätzlichen Schwerlastern pro Tag, Mehr PKW-Verkehr durch massive Einschränkung der öffentlichen Verkehrsmittel während der Bauzeit, Bus statt Bahnverkehr?

Aufblähen:

Wird durch die neuen schnelleren Bahntrassen (der Regionalverkehr wird kaum verbessert) nicht einfach nur zusätzlicher Verkehr in die Region gepumpt? Nennenswerte Einschränkungen des PKW-Verkehrs sind nicht zu erwarten. Alle Auto-Firmen-Chefs unterstützen ja Stuttgart21 - das würde dazu passen?

Zeitgemäß:

Ist ein so gigantisches Bauprojekt, mit erheblichen Umsetzungsrisiken, das nachgewiesenermaßen, keinen signifikanten ökologischen Nutzen abwirft heute noch vermittelbar?

Nachhaltigkeit:

Ist die Methode, solche Bauprojekte seitens des Staates zu initiieren um Arbeitsplätze zu schaffen noch die richtige Methode - vor dem Hintergrund eines vorallem umweltverbrauchenden Effektes.

Konkurrenz:

Wären die Milliarden nicht besser in Bildung und Familienhilfe investiert, sodass wir in der nächsten Generation endlich mal zu einem ökologisch verträglichen Wachstum kommen und vielleicht sogar zu einer Wirtschaftspolitik, die sich nicht nur der Industrie anbiedert?

Nils Schmid MdB SPD
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mannke,

danke für Ihre E-Mail, die ich gerne beantworte.

Stuttgart 21 ist in erster Linie kein Konjunkturprogramm, sondern ein Schienenverkehrsprojekt. Deshalb ist auch nicht der Staat Impulsgeber, sondern die Bahn, die ihr Streckennetz ausbauen will. Die SPD unterstützt das, weil ein gutes Fernbahnnetz eine Konkurrenz zum Flugzeug darstellt und deshalb auch eine umweltpolitische Verbesserung. Dennoch gibt es schon jetzt auch wirtschaftliche Impulse: Schon jetzt sind Firmen aus der Region bei Aufträgen zum Zuge gekommen und es wurden auch schon Leute eingestellt.

Natürlich wird es während der Bauzeit zu Belastungen kommen - wie auf allen Baustellen. Der Baustellenverkehr wird soweit wie möglich auf der Schiene abgewickelt, der Lkw-Verkehr weitgehend auf extra Logistikstrecken auf Bahngelände. Beeinträchtigungen des ÖPNV sind leider unvermeidlich, werden aber auf ein Minimum reduziert. Bei der Alternative "Kopfbahnhof 21", die eine Sanierung bei laufendem Betrieb notwendig gemacht hätte, wäre die Bauzeit deutlich länger und damit die Beeinträchtigungen wohl deutlich gravierender.

Ob der Regionalverkehr verbessert wird, hängt entscheidend davon ab, was das Land an Verkehr bestellt. Tatasache ist aber, dass beim Status Quo die Kapazitätsgrenze erreicht ist. Deshalb geht es jetzt darum, die Voraussetzungen zu schaffen, dass mehr ÖPNV überhaupt abgewickelt werden kann - das ist bei Stuttgart 21 der Fall. Ihre Behauptung, es gebe keine nennenswerte Einschränkung des Pkw-Verkehrs, widerlegen wissenschaftliche Studien: "Untersuchungen der Universität Stuttgart haben ergeben, dass das Bahnprojekt rund 18 Millionen Personenfahrten pro Jahr von der Straße auf die Schiene verlagern wird. Dies entspricht rund 350 Millionen PKW-Kilometer (...). Das bedeutet eine Ersparnis von rund 70.000 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr." (Quelle: www.bahnprojekt-stuttgart-ulm.de )

Auch Ihre These, das Projekt werfe "nachgewiesenermaßen keinen signifikanten ökologischen Nutzen" ab, ist eine bloße Behauptung; den Nachweis bleiben Sie leider schuldig. Ohne dies näher auszuführen, halte ich dem hier drei Punkte entgegen: 1. Verlagerung von Verkehr auf die Schiene durch attraktiveres Angebot; 2. Lärmvermeidung duch Tunnelstrecken statt zusätzlicher, teils sogar aufgeständerter (Brücken-)strecken im Neckartal durch dicht besiedelte Quartiere; 3. Verbesserung des Stadtklimas durch Parkerweiterung in Stuttgart.

Recht gebe ich Ihnen, dass Bildungs- und Familienpolitik auf den ersten Platz der politischen Prioritätenliste gehört. Dafür habe ich als finanzpolitischer Sprecher mit meiner Fraktion (in summa kostenneutrale!) Haushaltsvorschläge eingebracht, die leider von CDU und FDP abgelehnt wurden. Aber deshalb kann man nicht aufhören, auch in eine gute Infrastruktur zu investieren. In Ihrer Gemeinde Oberboihingen hat man jahrelang - von mir unterstützt - um eine Beseitigung des schienengleichen Bahnübergangs gekämpft. Niemand wäre auf die Idee gekommen zu fordern, dass mit dem Geld die Kinderbetreuung ausgebaut werden sollte. Warum? Weil das Geld für dieses Projekt dann in einer anderen Gemeinde in ein anderes Verkehrsprojekt geflossen wäre. So ähnlich ist es auch bei Stuttgart 21. Der Großteil der Mittel hierfür würde stattdessen nach NRW oder Niedersachsen fließen. Sie werden verstehen, dass ich mich als baden-württembergischer Abgeordneter dafür einsetze, dass die für unser Land so wichtige Bahnstrecke Stuttgart - Ulm zuerst gebaut wird. Nur zur Erinnerung: Die letzte Neubaustrecke im Land war Stuttgart - Mannheim - ein großartiger Erfolg für die Bahn und ihre Passagiere.

Mit freundlichen Grüßen in die Nachbargemeinde
Nils Schmid

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