Grüß Gott Hr. Gründer, warum haben Sie sich bei der Abstimmung betr. dem Zustrombegrenzungsgesetz mit Ihrer Stimme enthalten? Haben Sie dazu keine Meinung?

Sehr geehrter Herr P.
ich habe eine klare Meinung zu dem Thema und habe mir meine Entscheidung sehr gründlich überlegt. Mein Abstimmungsverhalten war keine Frage der Gleichgültigkeit, sondern eine bewusste Abwägung zwischen politischen Prinzipien und der Verantwortung für eine demokratische Mitte.
Mit meiner Zustimmung zum Entschließungsantrag am Mittwoch habe ich ein Signal gesetzt, dass sich in der Migrationspolitik etwas ändern muss - dazu stehe ich. Es war eine notwendige und konsequente Entscheidung, da die europäische Lösung in diesem Bereich leider versagt.
Allerdings ist ein Gesetzesentwurf, über den wir am Freitag abgestimmt haben, eine andere Dimension. Hier wird nicht nur ein Signal gesendet, sondern geltendes Recht verändert. Inhaltlich habe ich mit dem Gesetz selbst kein Problem. Doch ich vertrete die Auffassung, dass solche Entscheidungen in der Mitte des Parlaments getroffen werden müssen - nicht durch eine Mehrheit, die nur mithilfe der AfD zustande kommt.
Die AfD ist für mich nicht die Mitte. Sie schickt Abgeordnete in den Verteidigungsausschuss, die so rechtsextrem sind, dass sie ein Uniformtrage- und Kasernenbetretungsverbot haben. Sie nennt sich patriotisch, während sie im Sinne fremder Mächte agiert. Solche Kräfte dürfen nicht zur entscheidenden Stütze parlamentarischer Mehrheiten werden.
Umso unverständlicher ist für mich die Blockadehaltung von SPD und Grünen, die sich weigerten, für ein Gesetz zu stimmen, das in weiten Teilen ihrem eigenen Wahlprogramm entspricht. Sie hätten eine Mehrheit aus der demokratischen Mitte heraus ermöglichen können - stattdessen haben sie bewusst riskiert, dass eine Entscheidung nur mit den Stimmen der AfD zustande kommt.
Die FDP hat sich bis zuletzt um eine Lösung bemüht. Wir haben Union, SPD und Grüne erneut zu Gesprächen eingeladen, um einen demokratischen Konsens zu finden. Leider wurde dieses Angebot abgelehnt. Das hat mich entsetzt - denn so schwächen sie die Handlungsfähigkeit der politischen Mitte und tragen mit ihrer Verweigerungshaltung dazu bei, dass extreme Kräfte weiter erstarken.
Als am Freitag klar war, dass SPD und Grüne unser Gesprächsangebot ausschlagen, musste ich eine schwierige Abwägung treffen: Kann ich ein Gesetz nur mit den Stimmen der AfD durchbringen - oder ist das für mich nicht vertretbar? Ich bin in meiner Entscheidung zu dem Schluss gekommen, dass ich nach einer Enthaltung noch in den Spiegel schauen kann.
Nach der nächsten Bundestagswahl muss sich etwas ändern. Ich will genauso wenig, dass extreme Kräfte Verantwortung übernehmen, wie ich will, dass Parteien an der Regierung beteiligt sind, die in Wahrheit gar kein Interesse an Reformen haben. Sonst stehen wir 2029 womöglich mit radikalen Parteien in der Regierung da.
Die FDP wird sich weiterhin für Veränderungen einsetzen - aber wir brauchen eine handlungsfähige demokratische Mitte. Freitag war ein letzter Warnschuss. Wer echte Lösungen will, muss bereit sein, parteitaktische Spielchen zu beenden und zusammenzuarbeiten. Dafür werde ich mich weiter einsetzen.
Beste Grüße
Nils Gründer