Frage an Nikolaus Tschenk von Tina K. bezüglich Verkehr
Sehr geehrter Herr Tschenk,
haben Sie herzlichen Dank für Ihre ausführliche Antwort. Was ich nicht verstehe: Wenn ein Bauprojekt durch einen Landtag / Landesregierung genehmigt wurde - und zwar aufgrund der vorgelegten Baupläne - wie kann dann der Bauträger beliebig oft diese Pläne ändern, insbesondere dann, wenn dies zu Lasten von Mensch, Umwelt/Wirtschaft und Natur geht (wie Abtransport von Aushub oder auch hinsichtlich Grundwasserentnahme)?
Die Schlichtungsergebnisse sind m. E. ein Minimalkonsens gewesen, um die schlimmsten Missplanungen der Bahn zu reduzieren - dass es davon noch genügend gibt (wie Brandschutz /Entrauchung, Fluchtwege etc.) kann man immer wieder nachlesen. Gibt es irgend einen Punkt (ausser dem der Finanzen), an dem das Land weitere Baumaßnahmen versagen könnten, das Bauprojekt ggfs. sogar eingestellt werden muss? Oder muss jetzt, da Fakten geschaffen worden, auch alles in Kauf genommen werden, was die Bahn ändert? Sagt die Landesregierung irgend wann einmal "HALT"? Die Baukosten sind bereits erheblich über die seinerzeit vereinbarte Maximalhöhe gestiegen ....
Vielen Dank und mit freundlichen Grüßen
Tina König
Sehr geehrte Frau König,
gerne antworte ich Ihnen auf Ihre erneuten Fragen bei "abgeordnetenwatch".
Zunächst ist festzuhalten, dass die Verträge zur Beteiligung am Bau von Stuttgart 21 von der Vorgängerregierung aus CDU und FDP unterschrieben wurden. Diese Verträge enthalten die Maßnahmen zu Bau des Projekts einschließlich des Tunnels auf die Filder und somit auch den Transport von Aushub. Dass damit zusätzliche Verkehrsbelastungen verbunden sein würden, war den Vertragspartnern damals sicherlich bekannt. Vielleicht schreiben Sie sie einfach einmal an und fragen sie, ob sie das berücksichtigt haben - große Förderer des Projekts waren die Ministerpräsidenten Teufel, Öttinger und Mappus.
Dass die Bahn beliebig irgendwelche Pläne ändert, ist mir nicht bekannt. Was die Grundwasserentnahme betrifft, so wurde der Bahn diesbezüglich noch keine Genehmigung erteilt. Zuständig für die Genehmigung ist das eba - Eisenbahnbundesamt - welches der Kontrolle der Bundesregierung untersteht (derzeit CDU unter der Kanzlerschaft von Frau Merkel).
Was die Schlichtung mit der Frage des Transports auf den Fildern zu tun hat, weiß ich im Moment nicht. Den Brandschutz wiederum halte ich als Mitglied des Verkehrsausschusses für völlig unzureichend. Dies wird auch von meinen grünen Kollegen und der Feuerwehr so gesehen. Das Konzept der Bahn ist auch noch nicht genehmigt. Zuständig ist auch hier das eba und übergeordnet, wie gesagt, die Bundesregierung.
Das Land ist weder Genehmigungsbehörde noch Bauherr, sondern einer der Vertragspartner. Als solcher könnte das Land lediglich beschließen, mit seinem Finanzanteil aus den Verträgen auszusteigen. Dafür haben wir allerdings keine Mehrheit, da der Koalitionspartner SPD das Projekt befürwortet. Die Landesregierung könnte also lediglich HALT für ihren Finanzanteil sagen, wenn sie dafür eine Mehrheit im Landtag und im Landeskabinett hätte, was, wie gesagt, nicht der Fall ist.
Allerdings haben beide Koalitionspartner Grüne und SPD beschlossen, sich an Mehrkosten oberhalb des Kostendeckels von 4.5 Mrd. Euro nicht zu beteiligen. Dass Mehrkosten von 5,6 oder gar 6,8 Mrd. von der Bahn akzeptiert werden, beruht auf einem Beschluss des Bahnaufsichtsrats vom März 2013 mit "freundlicher" Unterstützung der Bundesregierung und Frau Merkel, welchen die Bahn zu 100 % gehört.
Ich hoffe, dass Sie auch von dort umfassende Auskünfte erhalten - Bundestagsabgeordnete für Stuttgart sind Frau Karin Maag und Herr Dr. Stefan Kaufmann (beide CDU) - und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Nikolaus Tschenk (MdL, Stuttgart II)