Frage an Nikolaus Tschenk von Dominik P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Tschenk,
Sie schreiben in Ihrer Antwort an Herrn Trabandt folgendes: "Wanderer und Spaziergänger haben ein Recht auf das freie Betreten und Interesse an einer ungestörten Erholung. Ihre Sicherheit sollte nicht durch andere Erholungssuchende im Wald gefährdet werde […]"
Könnte man mit dieser Begründung nicht auch das Jagen im Wald verbieten? Oder ist ein Jäger nicht als Erholungssuchend einzustufen und sein Fehlschuss daher harmloser als ein evtl. Rempler eines Radfahrers?
mit freundlichen Grüßen
Dominik Papa
Sehr geehrter Herr Papa,
die von ihnen vorgenommene Gleichsetzung ist so nicht gegeben.
Zum einen gilt ein Jäger nicht als Erholungssuchend, sondern die Jagd erfolgt aus ökologischen (Populationsdynamik, Natürliches Gleichgewicht, Ersatz des ausgerotteten Raubwilds, Seuchenbekämpfung) oder wirtschaftlichen Gründen (beispielsweise Bestandsregulierung, um Wildschäden in der Forst- und Landwirtschaft zu verhindern). Die Ausübung des Jagdrechts ist nur in Jagdbezirken erlaubt und auch dort, mit Ausnahme der Jagd zur Schädlingsbekämpfung, nur außerhalb von „befriedeten Bezirken“. An Orten, an denen die Jagd nach den Umständen des einzelnen Falles die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit stören oder das Leben von Menschen gefährden würde, darf nicht gejagt werden. Die Jagd ausüben dürfen nur Personen, welche zuvor einen Jagdschein erworben haben. Im Bundesjagdgesetz und den Landesjagdgesetzen sowie weiteren Gesetzen (Waffengesetz) und Verordnungen sind darüber hinaus vielfältige die Jagdausübung betreffende Regeln enthalten. Sie sehen, die Jagd unterliegt sehr wohl und zu Recht einer Vielzahl von Einschränkungen, definitiv ist sie deutlich gesetzlich beschränkter als das Radfahren im Wald.
Darüber hinaus ein wesentlicher Bestandteil der Jagd die Hege. Weiterhin werden Maßnahmen ergriffen, die allgemein den Zielen des Naturschutzes dienen, wie Maßnahmen zum Schutz wertvoller Biotope, Biotopverbesserungen (etwa durch Anlage von Hecken) und Renaturierungen. Mittlerweile gehört hierzu in großem Maße auch, die von Mountainbikern befahrenen und damit schwer beschädigten bzw. sogar illegal angelegten Wege wieder zurückzubauen bzw. wieder in einen benutzbaren Zustand zu versetzen. Dies ist gesetzlich vorgeschrieben, die Eigentümer sind verkehrssicherungspflichtig. Das kostet die Allgemeinheit bei kommunalen und im Besitz des Landes befindlichen Wäldern jedes Jahr hohe Summen.
Zum anderen geht es bei der 2-Meter-Regelung doch überhaupt nicht darum, das Radfahren im Wald zu verbieten, sondern schlicht um den Schutz von schwächeren Verkehrsteilnehmern auf für den gemischten Rad- und Fußgängerverkehr ungeeigneten Wegen sowie den Schutz der Natur und der Wege. Einschränkungen, was die Ausübung der Jagd in unseren Wäldern angeht, gibt es (s.o.) doch selbstverständlich auch, ebenfalls zum Schutz von Mensch und Umwelt. Die „evtl. Rempler eines Radfahrers“ haben leider bisher schon mehrfach zu auch schweren Verletzungen von Fußgängern im Wald geführt. Aufgrund der höheren Geschwindigkeit stellen Radfahrer nun einmal eine Gefahrenquelle für Fußgänger dar, besonders auf schmalen Wegen, zumal wenn sie sich, wegen der geringen Geräuschentwicklung oft vom Fußgänger unbemerkt, von hinten nähern.
Es gibt eine Vielzahl von Waldwegen, die mit dem Rad völlig problemlos befahren werden können. Zudem entstehen neue Strecken. Überall dort, wo Bedarf für Singletrails gesehen wird, können die Beteiligten vor Ort im Dialog durchaus auf die lokalen Gegebenheiten angepasste Lösungen finden. Bisher wurden auf diese Weise in 17 Stadt- bzw. Landkreisen rund 80 Kilometer speziell ausgewiesene Singletrails für Mountainbiker eröffnet, die schmäler als zwei Meter sind. Auch bei der Einrichtung solcher Wege speziell für Radfahrer gibt es immer wieder Proteste, dann von anderer Seite. Trotzdem verteidigen wir deren Einrichtung, da eben auch Radfahrer Recht auf Wald haben. Mehr Verständnis für die Belange aller WaldnutzerInnen wäre hier wünschenswert.
Mit freundlichen Grüßen,
Nikolaus Tschenk