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Niklas Nüssle
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Patrick W. •

Würden Sie sich bei ihrer Landesregierung für die Prüfung eines AfD-Verbots einsetzen?

Sehr geehrter Herr Nüssle,
auf https://innn.it/afdverbot/ läuft aktuell eine Petition, welche die Prüfung eines AfD-Verbots fordert. Die Petition hat bereits über 100'000 Unterschriften gesammelt.

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr W.,

danke für Ihre Anfrage bezüglich der Prüfung eines AfD-Verbotsverfahrens auf Landesebene. Verbunden damit war auch die Frage, ob ich mich dafür im Landtag einsetzen würde, diese Frage ist jedoch hochkomplex und nicht einfach zu beantworten. Ich teile die Sorge zur stetigen Radikalisierung der AfD, die hinter ihrer Frage steckt. Gerade die aktuellen Umfragewerte, die Aussagen im Wahlkampf in Hessen und Bayern, die dortigen Wahlergebnisse und die Parteitage der Partei zeigen deutlich, dass die Radikalisierung zwischenzeitlich ein neues Niveau erreicht hat.

Für mich ist klar, dass diese Partei sich außerhalb des demokratischen Spektrums bewegt und eine massive Belastung und Gefahr für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung darstellt. Daher ist es auch für mich und meine Fraktion ein zentrales Anliegen, die AfD im politischen Wettbewerb zu stellen und zu bekämpfen, um zu verhindern, dass sie jemals in irgendeine Form von Regierungsverantwortung kommt. Es freut mich, dass wir bei dieser Aufgabe nicht alleine sind, auch wenn mir die Behauptung erlaubt sei, dass die anderen demokratischen Parteien vor dem Hintergrund der Wahlergebnisse in Bayern und Hessen hier nochmals enger zusammenstehen sollten und gerade etwaige Anschuldigungen untereinander unterbleiben sollten.

Wir sind uns der Gefahren, die von der AfD ausgehen, bewusst. Dennoch halte ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt die Einleitung eines Parteiverbotsverfahren nicht uneingeschränkt für angebracht.

Es ist richtig und wichtig, dass unsere Verfassungsordnung ein derartiges Verfahren vorsieht. Mit der Möglichkeit eines Parteiverbots kann sich unsere demokratische Grundordnung gegen entsprechende Angriffe wehren. Gleichzeitig hat die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts im Rahmen der gescheiterten NPD-Verbotsverfahren nochmals aufgezeigt, dass dieses scharfe Schwert nur unter strengsten Voraussetzungen und somit als ultima ratio eingesetzt werden darf. Schließlich handelt es sich bei einem Parteienverbot um einen Eingriff in den Kernbereich unserer demokratischen Verfassungsordnung, welche Parteien als zentrale Akteure vorsieht.

Daher kann ein solches Verfahren nur dann in Betracht gezogen werden, wenn die strengen Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts tatsächlich erfüllt werden und damit alle Voraussetzungen für ein erfolgreiches Verfahren vorliegen. Hier bedarf es einer umfassenden und mit größter Sorgfalt betriebenen Prüfung. Aus meiner Sicht ist hier die Vorarbeit und Bewertung durch die Verfassungsschutzämter des Bundes und der Länder zentral. Derzeit wird die AfD auf Ebene des Bundes sowie auf Ebene ihres baden-württembergischen Landesverbandes durch die zuständigen Verfassungsschutzämter lediglich als Verdachtsfall eingestuft. Die Verfassungsschutzämter sind noch im laufenden Prüfungsverfahren. Erst auf der Grundlage einer Bewertung durch die Verfassungsschutzämter kann eine politische Entscheidung durch die antragsberechtigten Verfassungsorgane (Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung) getroffen werden, ein gegen die AfD gerichtetes Parteienverbotsverfahren beim Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Bis zu einem Urteil würden mehrere Monate bis Jahre vergehen. Außerdem ist unter Jurist*innen umstritten, ob ein Verbotsantrag vor dem Bundesverfassungsgericht überhaupt Aussicht auf Erfolg hätte. Ich vermute, dass so ein Verfahren die AfD zumindest bis zur Entscheidungsfindung nur in Ihrer Opferrolle verstärken würde.

 

Schlussendlich setzen wir deshalb auf die Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz und darauf, die AfD im politischen Wettbewerb zu stellen. Es bleibt aber glasklar: Die AfD ist keine Alternative für Deutschland, sie ist auch keine „normale Partei“. Die Äußerungen von Parteivertreter:innen entbehren jeder Pietät, sind unverschämt und gefährlich. Die Parteiprogrammatik ignoriert die Herausforderungen der Zukunft, es werden keine Lösungen angeboten und menschenverachtende Äußerungen sind in der AfD an der Tagesordnung.

 

Mit freundlichen Grüßen

Niklas Nüssle MdL

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