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Frage von Sabine G. •

Frage an Nicole Schley von Sabine G. bezüglich Bildung und Erziehung

Sehr geehrte Frau Schley,

die Elternvertreter der beiden Erdinger Gymnasien haben folgende Fragen an Sie:

Fragen an die Landtagskandidaten - Thema: Schulpolitik

1.In der bayerischen Schulpolitik gibt es seit einigen Jahren immer nur punktuelle Veränderungen, um die eklatantesten Mängel zu beheben.
Haben Sie bzw. hat Ihre Partei ein schlüssiges Gesamtkonzept zur Bildungspolitik?

2.Die soziale Herkunft entscheidet meist über eine erfolgreiche Schullaufbahn. Was sollte getan werden, um das zu ändern?

3.Das bayerische Schulsystem beruht größtenteils auf Auslese. Welche Maßnahmen möchten Sie ergreifen, um den Schwerpunkt auf Förderung statt Auslese zu legen?

4.Wie stehen Sie zur bayernweiten Einführung und Finanzierung der Schulsozialarbeit an allen Schulen?

5.Halten Sie die jetzige Lehrerausbildung für reformbedürftig und wenn ja, in welcher Richtung?

6.Planen Sie, die Klassenstärken an den Gymnasien zu verringern und wenn ja, in welchem Zeitraum?

7.Welche Maßnahmen möchten Sie ergreifen, um den gravierenden Fachlehrermangel z. B. in den Naturwissenschaften und in Latein an den Gymnasien zu beheben? Wir denken dabei an pädagogisch ausgebildete Fachlehrer!

8.Wie möchten Sie eine ausreichende Versorgung mit Ausbildungsstellen bzw. Studienplätzen für den doppelten Abiturjahrgang in zwei Jahren sicherstellen? Eine Verweisung auf Kapazitäten in den neuen Bundesländern ist sicher keine Lösung!

Herzlichen Dank für Ihre Antworten.

Mit freundlichen Grüßen

Ulla Dieckmann, Gymnasium Erding II
Sabine Griebel, Anne-Frank-Gymnasium

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Antwort von
SPD

Liebe Frau Dieckmann, liebe Frau Griebel,

vielen Dank für Ihre Fragen und Ihr Interesse an meiner Meinung und meinen Plänen.

Frage 1:
Wir als SPD sind der Meinung, dass Bildung der Schlüssel zu beruflichem Erfolg und gesellschaftlicher Teilhabe ist. Wir kämpfen deshalb, mit unserem Bildungsexperten Hans-Ulrich Pfaffmann, MdL, an der Spitze, für ein gerechtes Bildungssystem, bei dem keiner verloren gehen darf. Es ist meine Überzeugung, dass wir ein Gesamtschulkonzept brauchen, keine Baustellen hier und da, ein Konzept, das alle schulischen Einrichtungen umfasst und als Gesamtheit geplant und organisiert wird.
Unser Konzept setzt auf folgende Eckpfeiler:

1) Die Bildungseinrichtungen müssen immer mehr auch Erziehungsfunktionen übernehmen. Deshalb plädieren wir für eine sehr frühe Förderung der Kinder, bereits in der Krippe ab dem 1. Lebensjahr. Wir sind der Meinung, dass genau deshalb auch Kindertagesstätten kostenlos sein müssen, denn diese sind bereits Bildungseinrichtungen, hier wird der Grundstein für den weiteren Bildungsweg gelegt.

2) Keine Schulklasse darf mehr als 25 Kinder haben und es müssen mehr Lehrer eingestellt werden, damit eine individuelle Förderung der Kinder möglich wird. Wir reden allerdings von 5000 neuen Lehrern, alles andere wäre nur ein Tropfen auf dem heißen Stein. Was Lehrerstellen angeht, muss man künftig viel weiter in die Zukunft planen, was aufgrund der vorliegenden Geburtenzahlen problemlos zu bewerkstelligen ist. Rechtzeitig muss der Lehrernachwuchs gefördert werden, damit auch immer genug Lehrer auf dem Markt sind und Engpässe, wie wir sie derzeit erleben, vermieden werden können.

3) Überall dort, wo Eltern es wünschen, müssen Ganztagsschulen zur Verfügung stehen. Jedes Kind soll einen Anspruch auf einen Ganztagesplatz haben und eine gesunde warme Mahlzeit kostenfrei erhalten.

4) Um eine wohnortnahe Schule zu erhalten und lange Fahrtzeiten für die Kinder zu vermeiden, plädieren wir für eine regionale Schulentwicklung, für regional angepasste Lösungen, die unter Einbeziehung der Schulen, Lehrer, Eltern, Schüler und der Kommune als Angebot gestaltet werden soll. Dazu gehören z.B. Kombiklassen, die - bei einer Größe von nicht mehr als 20 Kindern und zwei Lehrkräften pro Klasse - durchaus pädagogische Vorteile bieten, das kann aber auch eine Schule mit den 3 Zweigen Hauptschule, Realschule und Gymnasium sein.

5) Um eine wirkliche Durchlässigkeit im Schulsystem gewährleisten zu können, setzen wir uns für aufeinander abgestimmte Lehrpläne ein.

Frage 2:
Bildung darf auf keinen Fall vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Tatsache ist, dass die Chance, das Abitur zu machen, bei einem Kind von Akademiker-Eltern sieben Mal häufiger ist als bei einem Arbeiterkind. Vielen Eltern fehlt das Geld für Nachhilfe oder sie haben Sorge, dass sie ihren Kindern bei den Hausaufgaben und beim Lernen nicht helfen können. Wir möchten aber, dass jeder nach seinen Fähigkeiten individuell gefördert wird. Ein Lösungsansatz dafür ist zum Beispiel die Ganztagsschule, bei der die Schüler die Gelegenheit haben, unter Betreuung eines Pädagogen Hausaufgaben zu machen und zu lernen. Das nimmt dem Familienleben auch etliches an Spannungen.
Zudem fordern wir, dass zusätzlich zum Lehrer ein Sozialpädagoge im Klassenzimmer präsent ist, damit auch soziales Miteinander wieder eine stärkere Rolle spielt und Konflikte gelöst werden.
Ein bereits vorliegender konkreter Vorschlag der SPD-Landtagsfraktion ist die Einführung des kostenfreien letzten Kindergartenjahres, in dem die Kinder bereits auf die Schule vorbereitet werden.
Es muss eine echte Lernmittelfreiheit gegeben sein: Alle Schulmaterialien (Bücher, Medien, Arbeitshefte, Atlanten etc.) müssen kostenfrei angeboten werden.
Auch die Studiengebühren fallen hierunter: 500 Euro pro Semester halten viele vom Studieren ab. Deshalb müssen Studiengebühren wieder abgeschafft werden.

Frage 3:
Vor allem stört mich, dass die Auslese bereits nach der 4. Klasse beginnt und die Grundschüler schon in der 3. Klasse Bauchschmerzen haben, ob sie den Übertritt auf das ersehnte Gymnasium schaffen oder nicht. 25% aller Grundschulkinder bekommen bereits Nachhilfe. Wir plädieren deshalb für eine längere gemeinsame Schulzeit. Wie ich den Schwerpunkt auf die Förderung setzen will, habe ich zu Frage 2 bereits erörtert.

Frage 4:
Wie bereits gesagt müssen Schulen heutzutage oft auch die grundlegende Erziehung übernehmen. Deshalb brauchen wir an alle Schulen, nicht nur an Hauptschulen, eine breit angelegte Schulsozialarbeit. Die Finanzierung dafür muss der Freistaat Bayern im Haushalt bereit stellen. Der Bund hat bereits reagiert und in seinem Kabinettsentwurf für den Haushalt 2009, der soeben ins parlamentarische Verfahren gebracht wurde, inbesondere in "Köpfe" investiert. Der Einzelplan mit dem dritthöchsten Etat ist der für Bildung und Forschung, mit rund 10 Milliarden Euro. Es findet außerdem eine Verlagerung von nicht mehr zeitgemäßen Subventionen hin zur Förderung von Zukunftsinvestitionen in Kinderbetreuung, Bildung, Forschung und Entwicklung statt (Bereich Investitionen: rund 26 Milliarden Euro).

Frage 5:
Die Lehrerausbildung ist in den vergangenen Jahren schon wesentlich besser, weil praxisorientierter geworden. Die Studierenden müssen mehr Praktika absolvieren als früher und die Referendarzeit ist ein geeigneter Übergang in den Beruf. Aus meiner Sicht kommt jedoch das Studium der Pädagogik noch immer zu kurz, es sind zu wenig Scheine erforderlich bis zum Studienabschluss. Aber genau dieser Bereich kommt künftig immer mehr zum Tragen.

Frage 6:
Die Klassengrößen müssen dringend verringert werden, auf 20 bis höchstens 24 Schüler. In Klassen mit sehr oft 33 und mehr Schülern kann keine individuelle Förderung stattfinden. Kleinere Klassen, mehr Lehrer, dies ist der Zusammenhang, in dem wir vor allem die Bildungsmilliarde fordern. Gute Bildung kostet nunmal Geld und da wir weder Öl noch Gas fördern können, müssen wir in unsere Bildung investieren, um dem Label "Made in Germany" auch künftig noch gerecht werden zu können. Gut ausgebildete Akademiker und Meister sind unser Kapital. Das wird allzuoft leider vergessen.

Frage 7:
Ich glaube, es wird Zeit, den Beruf des Lehrers attraktiver zu gestalten, besser zu bezahlen und richtiggehend für ihn zu werben. Gerade im Bereich Naturwissenschaften zahlen Industrie und Forschung natürlich bessere Gehälter. Der Lehrerberuf ist für viele abschreckend geworden, da Lehrer - so kommt es in der Öffentlichkeit an - oft keine Autorität mehr besitzen, zusätzlich mit Verwaltungsaufgaben zu kämpfen haben und mit lustlosen Schülern in überfüllten Klassen konfrontiert sind. Mit allen vorgeschlagenen Verbesserungsmaßnahmen (kleinere Klassen, Schulsozialarbeit, mehr Lehrer etc.) kann diesem Image sicher bald abgeholfen werden. Es darf auch nicht sein, dass Eltern und Großeltern Schulunterricht übernehmen. Dies suggeriert, dass unterrichten quasi jeder kann, was wiederum dem Image des Lehrers nicht förderlich ist, der ein sehr langes und umfassendes Studium und eine Referendarzeit absolvieren muss, um unterrichten zu dürfen.

Frage 8:
Für den doppelten Abiturjahrgang wurden bisher, was Ausbildungsstellen oder ein anschließendes Studium angeht, tatsächlich noch keine Vorbereitungen getroffen. Ausbildungsplätze: Hier wäre genau der richtige Zeitpunkt, um unsere Forderung nach mehr Ausbildungsplätzen im Öffentlichen Dienst umzusetzen und die Kommunen bei der Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze zu unterstützen. Eine Zusammenarbeit mit der Polizei wäre ebenfalls gut, die "Nachwuchssorgen" hat, weil auch hier die CSU-Staatsregierung den richtigen Zeitpunkt für die Ausbildung und Anwerbung neuen Personals verpasst hat.
Studienplätze: Aus der Erfahrung meiner ersten Semestern an der Uni Mainz kann ich berichten, dass viele meiner Juravorlesungen in einem großen bestuhlten Zelt gegeben wurden, das wegen des damals sehr starken Andrangs auf das Studienfach nötig geworden war. Das ging auch und hat der Qualität der Vorlesung nicht geschadet. Will sagen, Not macht erfinderisch. Was die Seminare angeht, so werden natürlich mehr geeignete Räume und auch mehr Lehrkräfte notwendig sein. Mit einem Nachwuchsförderprogramm könnte das wissenschaftliche Personal aufgestockt werden. Die Hochschulen müssen zudem dringend in Bausanierung und Neubauten investieren. Die Bibliotheken müssen aufgestockt und mit mehr Personal gewappnet werden. Die Aufgabe ist lösbar, das Geld darf uns dabei nicht scheuen.

Kürzer waren Ihre Fragen wirklich nicht zu beantworten, man könnte zu diesen Themen eher noch viel mehr sagen.

Herzliche Grüße

Nicole Schley