Frage an Nicole Schley von Bettina B. bezüglich Familie
Sehr geehrter Frau Schley,
wie sieht ihr Programm gegen Kinderarmut in den ländlichen Regionen Bayerns aus?
Ich spreche jetzt nicht von vieldiskutierten Migrantenfamilien, die sicherlich große Unterstützung - nicht nur finanziell - benötigen.
Mir geht es um Kinder, deren Zukunft von Hartz IV abhängig sein könnte, wenn UVG ausläuft und der unterhaltspflichtige Elternteil keine Unterhaltszahlungen leistet.
Wie sieht ihr regionales Programm zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf aus?
Danke für Ihre Antwort.
Liebe Frau Bayerl,
vielen Dank für Ihre Fragen, die ich gerne beantworten möchte.
In der Tat deckt die öffentliche Unterstützung (trotz Kinder- und Elterngeld) nur einen Bruchteil der Kosten, die durch Kinder entstehen. Dennoch bin ich der Meinung, dass sich Kinderarmut nicht nur am Einkommen der Eltern festmachen lässt, sondern auch durch eine Ausgrenzung der Kinder aufgrund mangelnder Bildung und Erziehung stattfindet. Deshalb ist es eine Notwendigkeit, gute Rahmenbedingungen für die ganze Familie zu schaffen. Was meine ich damit? Armut trifft am häufigsten Kinder Alleinerziehender und Kinder aus Zuwandererfamilien, bei denen die Sprachprobleme noch hinzukommen. Deren Chancen, der Armut wieder zu entkommen, liegen deutlich niedriger als bei anderen Bevölkerungsgruppen, etwa der klassischen Familien mit zwei Kindern. Wenn man heutzutage Angebote an Familien machen möchte, bezieht sich dies auf die verschiedensten Lebensentwürfe und Formen des Zusammenlebens.
Um hier eine Gleichheit und Gerechtigkeit umsetzen zu können, müssen Staat und Politik deshalb zum Beispiel dafür sorgen, dass alle Kinder, egal mit welchem Hintergrund, ab dem 1. Lebensjahr gefördert werden. Ich bin überzeugt, dass die frühe Förderung Chancengleichheit, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und letzten Endes damit auch die Verhinderung von Kinderarmut bringt.
Das Betreuungsangebot für Kinder unter drei Jahren ist alles andere als ausreichend. In Bayern stehen für 320.000 Kinder nur rund 12.600 Krippenplätze zur Verfügung, die meisten davon in der Stadt München. Auch im Kindergärten gibt es die ungerechte Situation, dass die Gebühren von kostenlos bis zu mehreren hundert Euro reichen. Ich möchte und die Bayern SPD möchte aber, dass es in Bayern gerecht zugeht und deshalb setzen wir uns generell für eine kostenlose Kindergartenzeit ein, damit alle Kinder gleichermaßen gefördert werden können. Das muss natürlich nach und nach eingeführt werden; unsere Vorstellung ist, mit einem kostenfreien letzten Kindergartenjahr zu beginnen.
Das von der SPD in der Großen Koalition durchgesetzte Programm zur Kleinkinderbetreuung bringt Bayern bis zum Jahr 2013 rund 340 Millionen Euro. Ab 2013 gilt dann ein Rechtsanspruch auf frühe Förderung ab dem 1. Lebensjahr. Das heißt konkret: Krippenplätze für 35% der Kinder von 0 bis 3 Jahren und ein Rechtsanspruch ab dem 1. Lebensjahr. Außerdem soll die Betreuungsqualität durch besser gebildetes Personal, kleinere Gruppen und bessere Ausstattung erhöht werden. Sie sehen also, es tut sich hier sehr viel.
Zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Eltern müssen sich entscheiden können zwischen Familie und Beruf. Diese Wahlfreiheit fördern wir als SPD, indem wir verlässlich frühe Förderung anbieten. Neben der Kleinkinderbetreuung sind auch mehr Ganztagsschulplätze notwendig, damit Familien und Beruf vereinbar sind. Nur so haben die Kinder gute Bildungsaussichten. Denn Bildung hängt leider nach wie vor vom Geldbeutel der Eltern ab. Die Chance, das Abitur zu machen, ist bei einem Akademikerkind sieben Mal zu hoch wie bi einem Arbeiterkind. Oft, weil Eltern fürchten, ihr Kind nicht ausreichend unterstützen zu können, finanziell wie intellektuell. Das von der SPD auf Bundesebene durchgesetzte Ganztagsschulprogramm hat 600 Millionen Euro nach Bayern gebracht. Ein schöner Anfang. Darüber hinaus müssen Büchergeld und Studiengebühren, beides von der CSU eingeführt, wieder abgeschafft werden.
Auf der lokalen Ebene gehört für uns zu diesem Programm aber vor allem, die "Lokalen Bündnisse für Familie" überall zu verbreiten. 55 dieser Bündnisse gibt es in Bayern schon. Es muss zudem ein größeres Angebot an bezahlbarem und familienfreundlichem Wohnraum geben und eine gute Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel. An all diesen "Baustellen" müssen wir arbeiten und so Schritt für Schritt die Kinderarmut bekämpfen, was leider, das ist mir völlig klar, noch ein langer Weg ist, der mir, vielleicht gerade wegen meiner ungewollten Kinderlosigkeit, aber sehr am Herzen liegt. Ich engagiere mich privat für "Engel für einen Tag", wo wir Kindern aus Heimen in ganz Bayern einen schönen Tag schenken. Gerade Kindern und Familien, den Menschen, zu helfen, ist eines der ursprünglichsten sozialdemokratischen Themen und wird es auch bleiben.
Herzliche Grüße
Nicole Schley