Nicole Gohlke
Nicole Gohlke
DIE LINKE
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Frage von Andreas M. •

Frage an Nicole Gohlke von Andreas M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Gohlke,

was halten Sie von einer Grundgesetzänderung von Art. 14(2) von "soll" zu "muss"?

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Derzeitige Fassung:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

Gewünscht:

Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch muss zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.
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Ein Wort, das aber von Symbolkraft. Mir geht es nicht um eine Vergesellschaftung von Vermögen, sondern darum, dass jeder Verantwortung für den anderen übernimmt - in einer angemessenen Weise.

Das "soll" wird gerne mit Füßen getreten - ein "muss" wäre unmissverständlich und entspräche auch eher den Intensionen der Väter unseres GGes.

Viele Grüße

XMey

Nicole Gohlke
Antwort von
DIE LINKE

Lieber Herr Meyer,

vielen Dank für Ihre Frage. Wir teilen Ihren Wunsch nach einer solidarischen Gesellschaft, in der die Menschen gegenseitig füreinander Verantwortung übernehmen. Eine wichtige Frage, die sich hier stellt, ist, wie wir eine solche Gesellschaft erreichen können und was mögliche nächste Schritte auf dem Weg dorthin sind. Ihre Idee, hierfür den Artikel 14 Abs. 2 des Grundgesetzes zu ändern, ist interessant, könnte jedoch aus verschiedenen Gründen schnell an ihre Grenzen stoßen.
Nach aktuellen Auffassungen bilden Art. 14 Abs. 1 S. 2 (Inhalts- und Schrankenbestimmung) und Art. 14 Abs. 2 GG (Sozialpflichtigkeit) einen einheitlichen Gesetzesvorbehalt. Die von Ihnen vorgeschlagene Änderung in Abs. 2 von "soll" in "muss" würde keinen großen Unterschied machen. Auch jetzt schon entscheidet der Gesetzgeber, was Eigentum ist und muss bei den Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums einerseits das Interesse des Eigentümers an einer möglichst ungehinderten privatnützigen Verwendung seines Eigentums, andererseits die Sozialpflichtigkeit des Eigentums beachten und in ein ausgewogenes Verhältnis bringen.
Ob eine gesellschaftliche Debatte über die von Ihnen vorgeschlagene Verfassungsänderung und deren Symbolkraft den erwünschten Druck auf Millionäre und Großverdiener entfalten würde ist aus meiner Sicht unklar. Wahrscheinlich ist, dass diejenigen, die heute jedes Jahr Milliarden an Euro durch Steuerhinterziehung der Allgemeinheit vorenthalten, auch durch eine solche Verfassungsänderung nicht zu Wohltätern werden würden. Da der Gesetzgeber den Rahmen schaffen muss, das Allgemeinwohl sicherzustellen, gilt es Druck auf den Gesetzgeber aufzubauen.

DIE LINKE fordert seit ihrer Gründung konkrete Maßnahmen, um die ungleiche Vermögensverteilung in unserer Gesellschaft zu verändern. Laut dem aktuellen Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung besitzen die reichsten 10% über 50% des Privatvermögens, während die ärmere Bevölkerungshälfte nur 1% des Vermögens besitzt. Diese wachsende Vermögenskonzentration in den Händen weniger, wurde durch die Regierungspolitik von CDU, FDP – aber auch von SPD und Grünen in den letzten Jahren befördert. 2010 brachte DIE LINKE den Antrag „Vermögensteuer als Millionärsteuer wiederbeleben“ ein, in dem wir forderten, Vermögen über 1 Millionen Euro mit einem Steuersatz von 5% zu besteuern. Eine einmalige Vermögensabgabe von 30% auf Nettovermögen ab 1 Millionen Euro könnte zusätzlich Geld in die öffentlichen Kassen spülen.
DIE LINKE macht sich im Parlament für diese Vorschläge stark und bringt entsprechende Gesetzesvorlagen ein. Doch dies alleine reicht nicht aus. Nur durch außerparlamentarische Initiativen kann ausreichend Druck auf die Bundesregierung ausgeübt werden. Im letzten Jahr hat sich darum das UmFAIRteilen-Bündnis gegründet. Am 29. September gab es einen bundesweiten Aktionstag mit über 40.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern in mehr als 40 Städten. Auch im nächsten Jahr soll es wieder Demonstrationen und Aktionstage geben. Ich plädiere dafür, diese UmFAIRteiln - Kampagne ernst zu nehmen, sie groß zu machen und selbst mitzuwirken. Aus meiner Sicht besteht darin der Schlüssel für die erwünschte gesellschaftliche Debatte sowie für reale Veränderungen.

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Nicole Gohlke
Mitglied des Deutschen Bundestages
Hochschulpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

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