Nadine Schön
Nadine Schön
CDU
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Frage von Paul M. •

Frage an Nadine Schön von Paul M. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrte Frau Schön,

Das angekündigte Prostituiertenschutzgesetz wird von vielen Experten (z.B. Prostituiertenverbände, Deutscher Juristinnenbund, Diakonie) als kontraproduktiv ("Antiprostitutionsgesetz") angesehen. Beispielsweise verletze die geplante Registrierungspflicht freiheitliche Prinzipien wie Anonymität und Berufsfreiheit.
Persönlich frage ich mich, wieso diese Gruppen so wenig Gehör in der Gesetzgebung zu finden scheinen. Sachverstand/Sachlichkeit scheint nicht zwingend Teil/Motivation für die geplante Neuregelung zu sein. Vielmehr scheint man der Ideologie der Prostitutionsgegner nachzugeben. Deren Argumente erscheinen mir nicht/wenig sachkundig. Beispiel: angeblich 400.000 Zwangsprostituierte in Deutschland.

Wer soll eigentlich unter den Begriff Zwangsprostitution zukünftig fallen? Etwa alle Personen, die durch Prostitution ihr Geld verdienen? Sind dann auch alle Arbeitnehmer Zwangsarbeiter?

Wenn das Gesetz so kommt wie es momentan geplant zu sein scheint, wird ein großer Teil des Gewerbes in die Illegalität gedrängt werden. Etwa die vielen Prostituierten, die sich (verständlicherweise) nicht registrieren lassen wollen. Oder die vielen Kleinbordelle, welche die Auflagen nicht erfüllen können (z.B. getrennte Badezimmer für Freier und Prostituierte). Und das nennt man dann "Prostituiertenschutzgesetz"?
Sind wir also auf dem Weg zum schwedischen Modell (faktisch also Prostitutionsverbot)? Noch mehr staatliche Bevormundung? Bürgern (damit meine ich beide Geschlechter) die eigenen Moralvorstellungen vorschreiben zu wollen? Können Sie sich vorstellen, dass Regelungen wie diese zum weiteren Anstieg der allgemeinen Politikverdrossenheit der Bürger gegenüber den etablierten Parteien beitragen werden?

Mich würde interessieren, wie Sie persönlich zu dem Thema "Neuregelung Prostitutionsgesetz" stehen. Was befürworten Sie, was nicht? Die allgemeine Meinung Ihrer Partei zu dem Thema ist mir bekannt.

Mit freundlichen Grüßen
Paul Maier

Nadine Schön
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Maier,

vielen Dank für Ihre E-Mail zum Prostituiertenschutzgesetz. Bevor ich auf Ihre Fragen antworte, lassen Sie mich vorwegschicken, dass es bei jedem Gesetzentwurf Stellungnahmen verschiedener Verbände gibt, die sich mit den Inhalten kritisch auseinandersetzen. Wir wägen die Argumente ab, kommen aber natürlich nicht immer zu den gleichen Ergebnissen wie einzelne Verbände. Neben den von Ihnen zitierten Anmerkungen gibt es auch Äußerungen, die die jetzt vereinbarten Maßnahmen für geeignet halten, den Schutz von in der Prostitution tätigen Menschen entscheidend zu verbessern.

Ich stehe zu allen vereinbarten Regelungen, denn ich habe sie zusammen mit einigen Kolleginnen und Kollegen aus meiner Fraktion und der unseres Koalitionspartners ausgehandelt. Wir waren gemeinsam der Ansicht, dass wir dringend eine Neuregelung der Prostitution benötigen, um den in den letzten Jahren deutlich gewordenen Missständen entgegenzutreten. Wie Sie sicherlich auch gelesen haben, haben die Regelungen des rot-grünen Prostituiertenschutzgesetzes dazu geführt, dass Deutschland zum Bordell Europas geworden ist. Das zeigt sich zum Beispiel auch darin, dass bei uns im Saarland große Bordelle entstanden sind, die auch von Freiern aus Frankreich aufgesucht werden, da Prostitution in unserem Nachbarland strikter geregelt ist.

Mit unserem Gesetz wollen wir, dass diejenigen, die der Prostitution aus freien Stücken selbstbestimmt nachgehen, dies weiterhin tun können - daher streben wir auch kein Prostitutionsverbot an. Gleichzeitig wollen wir, dass diejenigen, die unfreiwillig und fremdbestimmt im Prostitutionsgewerbe arbeiten (das ist unsere Definition von Zwangsprostitution), bestmöglich geschützt werden. Die Ausübung der Prostitution bleibt erlaubnisfrei. Aber die Prostituierten müssen ihre Tätigkeit künftig persönlich bei einer Behörde anmelden und diese Anmeldung nach zwei Jahren persönlich verlängern. Für unter 21-jährige Prostituierte ist die Gültigkeit der Anmeldebescheinigung auf ein Jahr beschränkt. Voraussetzung für die Anmeldung ist eine Gesundheitsberatung, die jährlich – bei unter 21-jährigen Prostituierten halbjährlich – wiederholt werden muss. Mit diesen Maßnahmen wollen wir Menschen nicht bevormunden, sondern gerade den fremdbestimmten Prostituierten die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme außerhalb des Milieus eröffnen. Außerdem stärken wir so den Zugang der Prostituierten zu Beratung, Aufklärung und Unterstützung im Einzelfall. Die Anmeldebescheinigung, ohne die Prostituierte künftig ihre Arbeit nicht ausüben dürfen, muss nicht den Klarnamen der oder des Prostituierten tragen – sie können ihre Anonymität gegenüber den Freiern wahren, indem sie einen „Künstlernamen“ eintragen lassen können. Ich teile daher die Befürchtung nicht, dass mit diesen Regelungen Prostituierte in die Illegalität gedrängt werden. Der Betrieb eines Prostitutionsgewerbes ist künftig an die Einhaltung der gesetzlich festgelegten Mindeststandards geknüpft. So wollen wir Prostituierte vor nicht hinnehmbaren Arbeitsbedingungen schützen. Ihre Kritik an diesem Teil des Gesetzentwurfs ist mir völlig unverständlich, denn gerade zu diesem Punkt haben wir große Zustimmung erfahren. Die Vorschrift lautet, dass „die Prostitutionsstätte über eine angemessene Ausstattung mit Sanitäreinrichtungen für Prostituierte, Beschäftigte und Kundinnen und Kunden“ verfügen muss. Ausnahmen können im Einzelfall für Wohnungen zugelassen werden. Dadurch wird eine ausreichende Flexibilität geschaffen, um auch für kleine Prostitutionsstätten, die mit den Schutzzwecken des Gesetzes nicht in Widerspruch stehen, eine praxisgerechte Handhabung zu ermöglichen.

Ich bin davon überzeugt, dass die von uns geplanten Änderungen der Tatsache gerecht werden, dass Prostitution kein Beruf ist wie jeder andere und dass die Neuregelungen die in der Prostitution Tätigen vor Ausbeutung und Zwang schützen werden.

Mit freundlichen Grüßen

Nadine Schön MdB

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