Frage an Nadine Schön von Thomas S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Schön,
Was halten sie von der Sozialkürzung bei den WFBM, von Ihrer Amtskollegin Anetten Karrenbauer ?
Im Saarland sind ca. 12 Werkstätte und deren Integrationbetriebe betroffen. Einerseits Wachsen diese Betriebe immer Stärker, weil mehr Menschen mit Handicaps anerkannt und festgestellt wurde. Dadurch werden automatisch größer, und auch Kosten Intensiver. Es soll nicht an Lohn der WFBM Mitarbeiter gepaart werden, lt. Ihrer Kollegin. Woher will sie das Geld nun Sparen ?
Kurz Zusmmengefasst:
Die Werkstätte haben die Pflichte behinderten Menschen einzustellen und Pflegen wenn nötig.
Die Werkstätte und Ministerium werden nicht an Lohn von WFBM-Mitarbeiter berühren.
Die Werkstätte sollen sparen, beim weiteren kosten Intensiveren Wachstum.
Geht dies überhaupt ?
Ich würde mich auf eine Antwort von Ihnen Frau Schön sehr freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Schuberth
Sehr geehrter Herr Schuberth,
die vorgesehen Sparmaßnahmen beziehen sich auf die Ausgaben des Landes für den Bereich der Werkstätten, nicht jedoch auf die Förderung von Integrationsbetrieben. Bei den Integrationsprojekten sind keine Einsparungen geplant!
Behinderte Menschen, die voll erwerbsgemindert sind und nicht auf den allgemeinen Arbeitsmarkt eingegliedert werden können, haben einen gesetzlich garantierten Rechtsanspruch auf einen Werkstattplatz. Kein Werkstattbeschäftigter muss sich deshalb um seinen Arbeitsplatz in den Werkstätten sorgen. Auch künftig wird jeder behinderte Mensch, der einen Werkstattplatz benötigt, im Saarland einen solchen Platz erhalten.
Die Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben ist seit über 10 Jahren ein Schwerpunkt saarländischer Behindertenpolitik. Wir haben im Saarland ein vorbildlich ausgestattetes Netz von 10 anerkannten Werkstatt-Trägern mit Betriebsstätten an insgesamt 28 Standorten. Die Landesregierung hat seit 1999 für behinderte Menschen über 750 neue Plätze in Werkstätten geschaffen. Nach dem Landesplan sind zzt. 3.400 Werkstattplätze im Saarland verfügbar. Ein weiterer Ausbau des Platzangebotes ist geplant und wird in Abstimmung mit der LAG der Werkstätten für behinderte Menschen im Saarland und den einzelnen Werkstätten in den nächsten Jahren umgesetzt. Sowohl bei der Zahl der Werkstattplätze wie auch bei der Zahl der Werkstattbeschäftigten liegt das Saarland über dem Bundesdurchschnitt.
Die Ausgaben des Landes für die Förderung und Beschäftigung behinderter Menschen in Werkstätten sollen im Jahr 2011 auf rund 51,1 Mio. EUR (Entwurf des Haushaltsplans) begrenzt werden. Im Jahr 2009 betrugen die Ist-Ausgaben 49,9 Mio. EUR. Im Vergleich dazu: Die Eingliederungshilfe-Aufwendungen für Werkstätten beliefen sich 2003 noch auf rd. 39 Mio. EUR. Die Ausgaben sind seither um durchschnittlich 4,3% p.a. angestiegen. Die Fallzahlen haben sich dagegen im gleichen Zeitraum nur um durchschnittlich 3,2% p.a. erhöht.
Das Saarland stockt darüber hinaus die vorgeschriebenen Werkstattleistungen seit 10 Jahren nochmals um rd. 400.000 EUR pro Jahr auf, um den Übergang von Werkstattbeschäftigten auf den allgemeinen Arbeitsmarkt durch zusätzliche Fachkräfte zu fördern. Mit dieser Maßnahme ist es gelungen, dass im Saarland durchschnittlich mehr als doppelt so viele Beschäftigte aus den Werkstätten in ein Arbeitsverhältnis in einem normalen Betrieb überwechseln können als im Bundesdurchschnitt. Das Saarland liegt bei der Vermittlungsquote an 2. Stelle aller Länder.
Vergleicht man die Gesamt-Ausgaben der Kostenträger pro Leistungsberechtigten im Arbeitsbereich einer WfbM, nimmt das Saarland mit 16.336 EUR den 1. Platz unter allen Bundesländern ein (Bundesdurchschnitt: 13.034 EUR - Daten für 2008). Auch bei den Ausgaben für die sog. Vergütungen, mit denen die vereinbarten Leistungen der Werkstätten bezahlt werden, liegt das Saarland mit 12.789 EUR in der Spitzengruppe und weit über dem Mittelwert von durchschnittlich 10.288 EUR. Die Vergütungssätze im Saarland liegen rd. 16,2 % über dem Bundesdurchschnitt.
Mit anderen Worten: Die Werkstatt-Träger im Saarland erhalten rd. 16,2% mehr Geld als die Werkstätten im übrigen Bundesgebiet, um dieselben Leistungen zu erbringen! Denn die Leistungen und ihre fachlichen Anforderungen sind durch Bundesrecht einheitlich geregelt (durch die Werkstättenverordnung - WVO).
Die vorgesehenen Sparmaßnahmen verfolgen somit nachweislich nicht das Ziel, Leistungen für behinderte Menschen einzuschränken oder zu kürzen, sondern lediglich den überdurchschnittlichen Anstieg der Kosten in den Werkstätten etwas abzubremsen.
Ein Beleg dafür ist im Übrigen die Tatsache, dass das Land mit den Werkstätten gerade erst neue Qualitätsanforderungen im Rahmen des sog. Leistungstyps E4 für die Werkstätten vereinbart hat. Darin werden die gesetzlich vorgeschriebenen Personalschlüssel in den Werkstätten (1 : 12) erheblich überschritten. Für Werkstattbeschäftigte mit schweren Behinderungen wurde z. B. verbindlich ein Personalschlüssel von 1 : 4 festgeschrieben, was eine deutliche Verbesserung der Betreuungsqualität ab dem Jahre 2011 zur Folge haben wird.
Die Arbeitsentgelte der Werkstattbeschäftigten werden - und dürfen aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen - nicht durch die Kostenträger finanziert werden. Die Höhe der Arbeitsentgelte wird ausschließlich durch das sog. Arbeitsergebnis der einzelnen Werkstatt bestimmt, d. h. sie ist abhängig davon, wie wirtschaftlich erfolgreich eine Werkstatt mit ihren Produkten und Dienstleistungen am Markt agiert. Hier sind im Übrigen die saarländischen Werkstätten ebenfalls Spitzenreiter: Die Werkstattbeschäftigten im Saarland erhalten durchschnittlich die höchsten Arbeitsentgelte im Vergleich aller Bundesländer.
Die Werkstätten sind aber gleichzeitig auch Wirtschaftsunternehmen und können durch eigene Kosten senkende Maßnahmen - wie bei anderen Firmen üblich - dazu beitragen, evtl. Mindereinnahmen aus der Eingliederungshilfe auszugleichen. Hierzu gibt es viele Einsparmöglichkeiten, z. B. bei den Aufwendungen für die Geschäftsführung, Energie- oder sonstigen Sachkosten. Erwähnenswert in diesem Zusammenhang ist es, dass einzelne Träger von Werkstätten im Saarland Überschüsse in Höhe von rd. 5 Mio. EUR im Jahr erzielen und Rücklagen von fast 50 Mio. EUR gebildet haben!
Eigene Einsparmaßnahmen von Werkstätten würden sich nicht negativ auf die behinderten Menschen auswirken, da alle vereinbarten Leistungsstandards, wie z.B. die Personalschlüssel, seitens des Landes weiterhin vollständig refinanziert werden und die Arbeitsentgelte der Werkstattbeschäftigten nicht von den Vergütungen abhängig sind.
Zusammenfassend kann man sagen, dass kein anderes Bundesland bessere Leistungsstandards in den Werkstätten hat als das Saarland.
Des Weiteren gibt kein anderes Bundesland mehr Geld für die Werkstätten aus als das Saarland. Noch nie waren die Ausgaben so hoch. Trotz der äußerst schwierigen Haushaltssituation des Saarlandes werden im nächsten Jahr die Standards noch verbessert und das Platzangebot weiter ausgebaut.
Mit freundlichen Grüßen
Nadine Schön MdB