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Miriam Gruß
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Frage von Birgit S. •

Frage an Miriam Gruß von Birgit S. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrte Frau Gruß,

ich schließe mich den Befürchtungen der Ökonomengruppe um Hans-Werner Sinn (ifo-Institut) an (Wortlaut der Schreibens: http://www.blu-news.org/2012/07/05/protestaufruf/ ), dass sich Deutschland durch die getroffenen Beschlüsse zur Bankenunion beim vergangenen EU-Gipfel in größte Gefahr begibt und die getroffenen Beschlüsse nicht dem Wohl Deutschlands dient. Durch die kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Euro-Systems, welche bis jetzt fast dreimal so groß wie die Staatschulden Deutschlands sind, ist es unmöglich, die Steuerzahler, Rentner und Sparer für die Absicherung dieser Schlulden in Haftung zu nehmen.

Frau Gruß, ich möchte Sie als Abgeordnete meines Wahlkreises hiermit auffordern, sich nochmals eingehend mit den Risiken des ESM und des Fiskalpaktes, insbesondere der Beschlüsse zur Bankenunion zu beschäftigen und dann zum Wohle unser Kinder zu entscheiden.

Mit freundlichen Grüssen
Birgit Stöger

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Antwort von
FDP

Sehr geehrte Frau Stöger,

nach langen mühevollen Verhandlungen konnten sich die Regierungskoalition und die Opposition auf einen Fiskalvertrag einigen, der eine völlig neue Stabilitätskultur in Europa schaffen wird. Die FDP konnte dabei in vielen zentralen Punkten wichtige Akzente setzen.

Erstens wurde die Einführung eines Schuldentilgungsfonds verhindert, der in letzter Konsequenz zu Lasten der deutschen Steuerzahler gegangen wäre. Zweitens wurde eine weitreichende Beteiligung des Finanzsektors erreicht, ohne dass dabei die Spareinlagen privater Sparer oder deren Altersvorsorge gefährdet werden. Drittens wird es in Zukunft keine schuldenfinanzierten Wachstumsprogramme mehr geben, sondern ein nachhaltiges und gesundes Wirtschaftswachstum. Und zu guter Letzt haben wir uns auch dafür stark gemacht, dass die Behebung der Krisenursachen in Angriff genommen wird. Hierzu zählt aus Sicht der FDP u.a. die Bekämpfung der drastischen Jugendarbeitslosigkeit, wie sie sich beispielsweise in Spanien oder auch Frankreich findet.

Darüber hinaus muss ein verlässlicher Rettungsschirm geschaffen werden, der den betroffenen Krisenländern die Zeit einräumt, die diese für ihre notwendigen Strukturreformen benötigen.

Der mit dem zweiten Griechenland-Rettungspaket geschaffene Liquiditätsrahmen ist dabei nur ein Viertel des Lösungsansatzes. Die anderen drei Viertel bestehen daraus, dass
1. Griechenland notwendige Reformen zur grundlegenden Sanierung seines Staatshaushaltes ergreift, dass
2. die griechische Wirtschaft wieder wettbewerbsfähig wird, und dass
3. mit der von der FDP schon lange geforderten und jetzt endlich eingeleiteten Privatsektorbeteiligung, mit der eine Art abgefederte Insolvenz Griechenlands eingeleitet worden ist.

Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler hatte ja bereits im Oktober 2011 auf Regeln für eine geordnete Insolvenz hochverschuldeter Staaten gedrängt, einer sogenannten „Resolvenz“. Bei diesem Resolvenzverfahren sollte die Rückgewinnung der Zahlungsfähigkeit durch eine moderierte Staatsinsolvenz erreicht werden. Jetzt ist der Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler wieder hoch aktuell. Nicht vergessen werden darf bei der Diskussion, dass eine Insolvenz auch immer Sanierung bedeutet.

Auf dem Treffen der Finanzminister der Eurogruppe am Montag, dem 20.02.2012, wurde eine Privatsektorbeteiligung beschlossen: Die Forderungen der privaten Gläubiger an Griechenland belaufen sich auf rund 200 Mrd. Euro. Nach Abzug eines teilweisen Forderungsverzichts („selective default“) der privaten Gläubiger iHv. 53,5 % (107 Mrd. Euro) verbleiben Forderungen iHv. rund 93 Mrd. Euro. Durch die Sweetener der EFSF iHv. 30 Mrd. Euro sinkt zwar der Forderungsausfall der privaten Gläubiger auf 63 Mrd. Euro. Da ein Umtausch in neue 30-jährige griechische Staatsanleihen zu einem wesentlich niedrigeren Zinssatz, nämlich durchschnittlich 3,65 % stattfindet, beträgt der tatsächlich zu verbuchende Abschreibungsbedarf der Gläubiger rund 74 %!

Vor dem Hintergrund, dem zweiten Griechenland-Rettungspaket die Zustimmung zu verweigern, muss man sich die Frage stellen, was die Alternative zu den Stabilisierungsmaßnahmen und Vorhaben der christlich-liberalen Koalition in ihrer Konsequenz bedeuten würde.

Der Bundestag hat vor zwei Jahren den Weg beschritten, die Eurozone mit einem Stabilisierungsmechanismus zu konsolidieren. Dieses Verfahren hat inzwischen auch erste Erfolge vorzuweisen: Der Druck auf Portugal, Irland, Italien und Spanien hat abgenommen. Aus diesem Grund wäre es jetzt inkonsequent und falsch, mitten im Lauf die Richtung zu wechseln. Das Hilfspaket ist ein Risiko, aber ein bezifferbares. Die Ablehnung jedoch wäre ein Abenteuer, und zwar ein unberechenbares. Zu glauben, mit einem Ausscheiden Griechenlands wäre Deutschland alle Sorgen los, ist naiv. Die griechische Krise hat sich langsam aufgebaut, sie kann nicht in kurzer Zeit gelöst werden.

Ich hoffe Sie haben Verständnis für die Beweggründe meiner Fraktion und auch für meine Zustimmung zum Fiskalvertrag samt ESM.

Mit freundlichen Grüßen

Miriam Gruß, MdB