Frage an Miriam Gruß von Deepak R. bezüglich Familie
Sehr geehrte MdB Frau Gruß,
auf Ihre Bundestagsrede zum Thema Kinderrechte nehme ich Bezug:
TOP 8, 19.1.12:
„Ich bin für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Allerdings gibt es in unserer Koalition derzeit keine Mehrheit für diese Forderung. (…) Ich will, dass die Subjektstellung des Kindes deutlicher betont wird.“ (Plenarprotokoll 17/152, S. 106 (D))
Diese ehrliche Aussage begrüße ich sehr!
Zugleich kenne ich die Hemmnisse für die Fortentwicklung der Kinderrechte.
Zur Umsetzung von kinderrechtorientierten Lösungen sollen die natürlichen Grundrechte von Kindern im Grundgesetz verankert werden.
Vor allem werden die Subjektstellung von Kinderrechten und die Wirkung auf die Lebensbedingungen in mehrpoligen Grundrechtsverhältnissen relevant. In diesen bedeutet das „Mehr“ an Freiheit für den einen Grundrechtsträger zugleich ein „Weniger“ für den anderen.
Diese Subjektstellung gewährleistet auch die Gleichstellung der Eltern gegenüber dem Kind.
Daher schlage ich folgende Änderungen vor:
… A N T R A G
Grundgesetzänderungsantrag: Artikel 6 Abs. 5
Die Formulierung „Den unehelichen Kindern“ ist durch die Formulierung „Den nicht ehelichen und außerehelichen Kindern“ zu ersetzen.
Grundgesetzerweiterungsantrag: Artikel 6 Abs. 6
JEDES EHELICHE, NICHT EHELICHE UND AUßEREHELICHE KIND HAT EIN NATÜRLICHES RECHT AUF SEINE FAMILIENGEMEINSCHAFT MIT DEN BEIDEN LEIBLICHEN ELTERNTEILEN. SEIN ANSPRUCH AUF DIE FAMILIENGEMEINSCHAFTEN UND DAS FAMILIENLEBEN SIND ZU FÖRDERN UND ZU SCHÜTZEN.
… E N D E
Deutschland beschließt damit eine weltvorbildliche Elternrechte-Konzeption und schützt - bis 2030 - etwa 14 Millionen Familiengemeinschaften von Kindern.
Ich möchte gerne Ihr Abstimmungsverhalten erfragen:
Werden Sie für den un/wahrscheinlichen Fall, dass der obige Antrag im Bundestag zur Abstimmung kommt, (unabhängig von Ihrer Fraktion) dafür abstimmen?
Können Sie helfen mein Anliegen umzusetzen?
Mit freundlichen Grüßen
Deepak RAJANI
Sehr geehrter Herr Rajani,
vielen Dank für Ihr Interesse an den Kinderrechten und meiner Arbeit auf diesem Gebiet.
Ich habe mich bereits in der letzten, der 16. Wahlperiode des Bundestages intensiv dafür eingesetzt, eine Grundgesetzänderung zu erwirken.
Insbesondere in meiner Funktion als Mitglied und zeitweise auch Vorsitzende der Kinderkommission wurde dieses Vorhaben intensiv verfolgt. Innerhalb der Kinderkommission gab es einen einstimmigen Beschluss dazu, folgende Formulierung ins Grundgesetz aufzunehmen:
Art. 6 Abs. 2 GG wird wie folgt geändert:
„Jedes Kind hat ein Recht auf Entwicklung und Entfaltung zu einer eigenverantwortlichen Persönlichkeit und gleichberechtigter Teilhabe an der Gesellschaft. Die staatliche Gemeinschaft schützt und fördert die Rechte der Kinder, und schützt sie vor körperlicher und seelischer Vernachlässigung, Misshandlung, Missbrauch und Gewalt und trägt für alstergerechte Lebensverhältnisse Sorge. Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft. Alle Kinder betreffenden Maßnahmen sind vorrangig am Wohl des Kindes auszurichten.“
Unser Ziel war, diese Änderung als fraktionsübergreifenden Antrag einzubringen. Ich habe damals intensiv in meiner Fraktion um Zustimmung geworben. Es kam allerdings nicht zu einem Formalbeschluss, da ein Stimmungsbild ergab, dass uns die – zugegeben knappe –Mehrheit der Abgeordneten nicht gefolgt wäre.
Nichtsdestotrotz halte ich auch in dieser Legislaturperiode an der Forderung fest, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern. Leider gibt es aber derzeit in der Koalition keine Mehrheit für dieses Anliegen.
Wir haben in dieser Legislaturperiode aber bereits Beachtliches für die Kinderrechte insgesamt geleistet. Denn auch unterhalb der Grundgesetzebene können und müssen wir die Belange der Kinder stärken und schützen.
Wie Sie sicher wissen, haben wir erreicht, dass Kinderlärm nicht länger mit Industrielärm gleichgesetzt werden kann. Jetzt gilt: Kinderlärm ist Zukunftsmusik. Diese längst überfällige Änderung des Bundes-Immissions¬schutzgesetzes erleichtert den Bau und Erhalt von Kinderbetreuungsstätten in Wohngebieten erheblich. Außerdem haben wir den Vorbehalt gegenüber der UN-Kinderrechtskonvention zurückgenommen. Damit haben wir deutlich gemacht, dass das Kindeswohl keinem anderen politischen Interesse gegenüber zurückstehen darf. Zudem haben wir das Individualbeschwerdeverfahren in Genf auf den Weg gebracht. Noch in diesem Jahr wird Deutschland das Zusatzprotokoll ratifizieren, sodass dann auch deutsche Kinder vor dem UN-Ausschuss für die Rechte des Kindes in Genf eine Rechtsverletzung individuell rügen können. Ich denke, diese Bilanz kann sich sehen lassen.
Ihr Ansinnen, die Rechte von unverheirateten Elternteilen und deren Kindern zu stärken, begrüße ich ausdrücklich. Wie Sie sicherlich wissen, ist im Rahmen der Kindschaftsrechtsreform im Jahr 1998 der Umgang des Kindes mit den Eltern neu geregelt worden.
Paragraph 1684, Abs. 1 und 2 des BGB lauten seitdem:
„(1) Das Kind hat das Recht auf Umgang mit jedem Elternteil; jeder Elternteil ist zum Umgang mit dem Kind verpflichtet und berechtigt.
(2) Die Eltern haben alles zu unterlassen, was das Verhältnis des Kindes zum jeweils anderen Elternteil beeinträchtigt oder die Erziehung erschwert. Entsprechendes gilt, wenn sich das Kind in der Obhut einer anderen Person befindet.“
Nichtsdestotrotz ist uns allen bewusst, dass die Umsetzung dieses Passus bislang nicht ausreichend gewährleistet ist. Wenn unverheiratete Väter Verantwortung für ihr Kind übernehmen wollen, ist das bislang nicht immer einfach. An einer Erleichterung, was das Sorgerecht anbelangt, arbeiten wir deshalb als schwarz-gelbe Koalition gegenwärtig intensiv. Denn es liegt uns Liberalen, und auch mir persönlich, sehr am Herzen, bald eine verbesserte Regelung für unverheiratete Väter in Bezug auf das Sorgerecht zu erzielen. Ich hoffe, damit Ihre Fragen beantwortet zu haben.
Mit besten Grüßen
Miriam Gruß