Frage an Miriam Gruß von Matthias M. bezüglich Innere Sicherheit
Hallo Frau Gruß!
Wie stehen Sie zu dem möglichen Leopard-Deal mit Saudi-Arabien und sind die Argumente angesichts vergangener Umbrüche in der Region nicht historisch kurzsichtig ( Z.B. Waffengeschäfte des westens mit dem Shah-Regime kurz vor der Revolution usw. ) Ich möchte in dieser Hinsicht auch darauf hinweisen, wie sich ihr Parteifreund Herr Westerwelle nach dem Sturz von Moubarak mit der Demokratiebewegung solidarisierte, während vorher derselbe Präsident als Stütze der Stabilität gepriesen wurde.
Vielen Dank für ihre Antwort im Vorraus!
Matthias Möller
Sehr geehrter Herr Möller,
vielen Dank für Ihre Anfrage zu möglichen Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien.
Alle Rüstungsexporte müssen einzeln genehmigt werden. Zuständig ist dafür allein die Bundesregierung. In der Praxis entscheidet der Bundessicherheitsrat. Der Bundessicherheitsrat ist ein Kabinettsausschuss der Bundesregierung. Er wurde 1955 eingerichtet. Den Vorsitz führt die Bundeskanzlerin. Weitere Mitglieder sind Vizekanzler/Wirtschaftsminister, Verteidigungsminister, Außenminister, Finanzminister, Innenminister, Justizministerin, Entwicklungsminister, Kanzleramtsminister und Generalinspekteur der Bundeswehr.
Der Bundessicherheitsrat tagt geheim, lediglich die Bundeskanzlerin ist ermächtigt, die Geheimhaltung aufzuheben. Eine Parlamentsbeteiligung ist gesetzlich nicht vorgesehen. Dies hat bislang noch keine Regierungskoalition ändern wollen, auch wir streben das nicht an. Die Regierung ist bei ihren Entscheidungen gebunden an die Rüstungsexportrichtlinien der Bundesregierung und an den gemeinsamen Standpunkt der Europäischen Union von 2008. Einmal jährlich veröffentlicht die Bundesregierung einen Rüstungsexportbericht, in dem die Rüstungsexporte des vergangenen Jahres aufgelistet sind.
Die Genehmigung von Rüstungsexporten ist jeweils eine Einzelfallentscheidung und deshalb zu Recht bei der Regierung angesiedelt. Das war schon immer so. Daher wird auch der Deutsche Bundestag nicht in solche Verfahren eingebunden. Keine Fraktion, auch nicht die FDP, ist über eventuelle Entscheidungen informiert worden. Es geht dabei darum, deutsche sicherheits- und außenpolitische Interessen zu berücksichtigen, nachrichtendienstliche Erkenntnisse auszuwerten, eine Gesamtbeurteilung vorzunehmen und letztendlich auf dieser Grundlage zu entscheiden.
Das kann nicht in aller Öffentlichkeit geschehen, dazu bedarf es eines geheimen Gremiums, berühren die dortigen Themen doch die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik. Daher wäre eine Aufhebung der Geheimhaltung für laufende Genehmigungsverfahren kontraproduktiv.
Keine Bundesregierung, egal ob Schwarz-Gelb, Rot-Grün, Rot-Gelb oder Schwarz-Rot, hat diese Grundsätze bisher verändert. Die FDP-Fraktion vertritt allerdings die Ansicht, dass wenn eine Einzelentscheidung – aus welchen Gründen auch immer – an die Öffentlichkeit gelangt ist, die Bundesregierung gut beraten wäre, sich an der entstehenden Debatte argumentativ zu beteiligen.
Saudi-Arabien bezieht seit vielen Jahren Rüstungsgüter aus Deutschland. Die Begründungen hierfür waren in all den Jahren immer „besondere außen- oder sicherheitspolitische Interessen der Bundesrepublik Deutschland unter Berücksichtigung der Bündnisinteressen“. Das entspricht den politischen Grundsätzen aus dem Jahre 2000. Die spezifischen bündnispolitischen Interessen gelten nicht nur für das Gebiet der NATO, sondern erstrecken sich auch auf den Nahen und Mittleren Osten, weil wir hier sehr konkrete, auch bündnispolitische Interessen verfolgen. Ferner ist das Land – das war immer ein Grund für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien – ein wichtiger Partner im Kampf gegen den Terrorismus.
Auch Vorgängerregierungen haben Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien genehmigt.
Nach den Rüstungsexportrichtlinien muss die Menschenrechtssituation eine wichtige Rolle bei der Entscheidung spielen. Sie hat jedoch noch nie die einzige Rolle gespielt. Es geht immer um eine Gesamtabwägung, wie die Lage in einem Land oder einer Region durch Rüstungsexporte beeinflusst wird. Dabei sind auch immer deutsche sicherheits- und außenpolitische Interessen zu berücksichtigen.
Mit freundlichen Grüßen
Miriam Gruß