Frage an Michael Wendt von Kai J. bezüglich Soziale Sicherung
Hallo Herr Wendt,
Was wollen Sie und die Grünen unternehmen, um ein weiteres Abrutschen des Bezirks ins Bodenlose zu verhindern. Neukölln versinkt im Müll. Offenbar herrscht die Einstellung, dass in den touristischen Gegenden immer schön alles sauber sein muss und Neukölln ist dann egal. Überall stehen abgemeldete Autos herum und es ist eine zunehmende Verwarlosung zu beobachten. Ich wohne schon seit 17 JAhren in Neukölln und finde den Bezirk eigentlich sehr spannend und lebendig. Es lohnst sich auf jeden Fall für Neukölln zu kämpfen. Was würden Sie zur Verbesserung beitragen wollen, auch was die Bekämpfung der Armut betrifft.
Freundliche Grüße
Kai Jensen
Hallo Herr Jensen!
Zuerst: Leider sind Ihre Beschreibungen richtig! Die Situation im Neuköllner Norden ist Folge einer jahrelangen Entwicklung und es bedarf wohl langer und intensiver Bemühungen um wieder zu einer positiven Situation im ganzen Neuköllner Norden zu kommen.
Da Sie Ihre Frage in der Kategorie "Soziales" gestellt haben - was ich für sehr richtig halte -, ist Ihnen sicher auch klar, dass es nicht ausreichen wird, lediglich die Stadtreinigung oder das Ordnungsamt häufiger durch die Straßen zu schicken. Allerdings ist die Politik schon dafür verantwortlich, wenn die Menschen im Neuköller Norden, im Wedding oder in Moabit inzwischen häufig denken, um ihre Belange kümmere sich niemand mehr. Ich glaube so manche Dreckecke drückt das Gefühl aus: Wenn sich die Gesellschaft nicht mehr um diesen Kiez kümmert, brauch es der Einzelne auch nicht mehr tun.
Es gibt eine ganze Liste von Dingen, die angepackt werden müssen:
Die Politik muß den Menschen im Kiez eine Perspektive bieten. Wenn schon der 1-Euro-Job, dann aber auch eine sinnvolle Qualifikation für eine berufliche Perspektive. Wenn schon Schulen mit so schwierigen Bedingungen, dann aber auch die besten Lehrerinnen und Lehrer. Es kann auch nicht hingenommen werden, wenn die Menschen im Neuköllner Norden zu denen gehören, die in Berlin mit die geringste Lebenserwartung haben, aber immer mehr Fachärzte abwandern, weil sie hier natürlich kaum privatversicherte Patienten haben. Auch die vielen Menschen, die als Flüchtlinge zu uns gekommen sind, brauchen eine Perspektive: einen gesicherten Aufenthaltsstatus und zumindest eine Arbeitserlaubnis. Ich will hier nicht alle die Einzelheiten aufzählen, die Sie etwa auch in unserem Wahlprogramm (unter ( http://www.gruene-berlin.de) ) unter der Überschrift "SozialeStadt" nachlesen können, aber eines ist klar: Es wird auch Geld kosten. Es war mir daher auch wichtig, im Wahlprogramm unser Partei zu verankern, dass für Bezirke "mit problematischer Sozialstruktur ein überproportionaler Anteil von Haushaltsmitteln bereitgestellt werden" soll. Wir müssen das immer noch oder neu vorhandene Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger auch unterstützen und nutzen. Manch guter Ansatz ist da auch schon etwa in den "Quartiersmanagement-Gebieten" gemacht worden. Diese Ansätze müssen weiter unterstützt werden. Es ist ganz sicher nur ein kleines Beispiel, aber wir haben uns z.B. vorgenommen, 100 Plätze, Straßen und Grünanlagen mit bescheidenen Etats zu verschönern und dann in einer Zusammenarbeit von Bezirken, Gewerbetreibenen und Bewohnern für eine bessere Pflege zu sorgen. Wenn wir die Gelegenheit bekommen sollten, das auch Wirklichkeit werden zu lassen, können Sie mir gern auch einen Vorschlag hierfür machen. Den Bürgerinnen und Bürgern müssen da auch mehr Rechte eingeräumt werden. Wir haben daher die Einführung des "Einwohnerantrages" und des "bezirklichen Bürgerentscheides" unterstützt. Daneben gehört auch das verstärkte "Zuhören" zu unseren Aufgaben. Wir setzen uns dafür ein, nicht nur im Konfliktfall, sondern regelmäßig in den Bezirken und Stadtteilen Bürgerforen durchzuführen, wo Politik und Verwaltung mit den Einwohnerinnen und Einwohnern besprechen, was im Stadtteil mit vertretbaren Aufwand verbessert und wie es organisiert und finanziert werden kann.
Ich freue mich, wenn Sie Neukölln für spannend und lebendig halten. Ich sehe es ebenso und wenn ich sage, "Neukölln kann´s schaffen", meine ich einfach, es lohnt, sich für die Menschen hier zu engagieren.
Mit freundlichen Grüßen
Michael Wendt